Humor und Gesundheit
Lachen verbindet und entspannt
Fördert Lachen tatsächlich die Heilung? Der Neurologe Claudio Bassetti gibt Antwort und erklärt, wie er Humor in der Kommunikation und sogar bei der Diagnose von Krankheiten einsetzt.
Herr Bassetti, wie oft lachen Sie als Arzt?
Ich lache relativ oft. Wobei ich zwischen verschiedenen Arten von Lachen unterscheiden möchte. Es gibt einerseits den Humor, der verbunden ist mit herzhaftem, spontanem Lachen. Der steht im Kontakt mit Patientinnen und Patienten nicht im Vordergrund, denn es geht ja oft um Krankheiten und Schicksale, bei denen einem nicht zum Lachen zumute ist. Aber es gibt eine zweite Form von Lachen, die für mich als Arzt sehr wichtig ist.
Welche ist das?
Es ist das Lächeln – einer der wichtigsten Wege zur Kommunikation, den wir Menschen haben. Ich nutze das Lächeln als Zeichen der Freundlichkeit und Empathie meinen Patientinnen und Patienten gegenüber. Als Arzt muss ich in wenigen Minuten die Situation und Geschichte eines Menschen erfassen. Dazu bin ich darauf angewiesen, dass sich Menschen mir gegenüber öffnen – auch mit ihren Ängsten. Lächeln kann diese Türe oft öffnen, indem es eine Atmosphäre von Entspannung und Vertrauen schafft.
Wogegen Humor eher selten angebracht ist?
Es gibt natürlich auch in der Medizin lustige und heitere Momente. Etwa wenn ich mich mit einem Patienten über den Erfolg einer Therapie freuen darf. Aber Humor in der Medizin muss immer mit Respekt vor der Situation und der Person verbunden sein. Man muss ihn vorsichtig und bewusst einsetzen. Das ist sehr wohl möglich, zum Beispiel auch in der Form des Spitalclowns in einem Kinderspital (siehe dazu Infobox zur Stiftung Theodora). Eine spezielle Situation für mich als Arzt ist zudem, wenn ich Humor nutzen kann, um eine Krankheit zu diagnostizieren.
Magazin uniFOKUS
«Komisch, oder?»
Dieser Artikel erschien erstmals in uniFOKUS, dem Printmagazin der Universität Bern. uniFOKUS beleuchtet viermal pro Jahr einen thematischen Schwerpunkt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Aktuelles Fokusthema: Humor.
Wann machen Sie das?
Lachen entsteht ja im Gehirn. Entsprechend gibt es auch neurologische Störungen, die dazu führen, dass der Humor oder das Lachen beeinträchtigt ist. Dass jemand etwa übertrieben oder in Situationen lacht, in denen eher Traurigkeit angezeigt wäre. Zum Beispiel können Patientinnen nach einem Schlaganfall oder einem Schädelhirntrauma an einer solchen Störung leiden. Auch bei Patienten mit Narkolepsie, also Schlafkrankheit, kann Lachen gravierende Auswirkungen haben. Es kann zu einem plötzlichen Verlust der Muskelkontrolle und damit zu Stürzen führen. Bei anderen Patienten kann es bei starkem Lachen zu einem sogenannten Lachschlag kommen – zu einem Kreislaufstopp im Gehirn mit Verlust des Bewusstseins. Teil der Diagnostik kann deshalb sein, eine lustige Situation zu schaffen, um die Reaktion der Patientinnen und Patienten zu testen.
Ganz grundsätzlich: Was passiert eigentlich in unserem Körper, wenn wir herzhaft lachen?
Beim Lachen atmen wir tiefer, deshalb gelangt mehr Sauerstoff in den Körper und der Kreislauf wird angeregt. Gleichzeitig werden im Gehirn vermehrt Endorphine, also Glückshormone, ausgeschüttet und Stresshormone abgebaut. Wir fühlen uns daher entspannter und sind zum Beispiel auch weniger schmerzempfindlich – wegen des Endorphins und auch, weil Lachen von Schmerzen ablenken kann. Herz und Gefässe sowie unsere Stimmung profitieren also am meisten vom Lachen.
Lachen fördert also die Gesundheit. Kann es uns sogar präventiv vor Krankheiten schützen oder einen Heilungsprozess beschleunigen?
Strenge wissenschaftliche Evidenz, vor allem in Bezug auf einzelne Krankheiten, gibt es kaum – sonst würde das Lachen in der Medizin häufiger gezielt eingesetzt. Aber die oben erwähnten Wirkungen tun unserer Gesundheit sicher gut – körperlich wie psychisch. Lachen und Humor machen uns entspannter und helfen damit beispielsweise auch, körperliche Verspannungen zu lösen. Und Lächeln und Lachen schaffen Empathie, Nähe und erleichtern damit die soziale Interaktion – was unser psychisches Wohlbefinden stärkt.
Zur Person
Claudio Bassetti
ist seit 2012 Professor für Neurologie an der Universität Bern. Bis 2024 war er Direktor und Chefarzt der Neurologischen Klinik am Inselspital. Aktuell ist er Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Bern und Direktor Lehre und Forschung der Insel Gruppe. Er forscht hauptsächlich zum Zusammenhang von Schlaf und Gehirn.
Was bringt Sie persönlich zum Lachen?
«Wenn meine Kinder mir Tiktok-Videos zeigen. Ausserdem parodiere ich privat manchmal öffentlich bekannte Personen. Und im Zirkus sind die Comedians für mich der Höhepunkt.»
Warum lachen wir eigentlich? Ist das angeboren?
Ja, auch Tiere wie Affen, Hunde oder Pferde können lachen oder lachende Laute von sich geben. Beim Menschen lächeln schon Neugeborene – zuerst im Schlaf. Das hat uns die Evolution in die Wiege gelegt. Lächeln und Lachen sind für Babys überlebenswichtig, denn sie fördern die Bindung zu den Eltern. Als Erwachsene lachen wir erwiesenermassen viel seltener als Kinder. Das ist einerseits schade, andererseits aber auch nachvollziehbar.
Inwiefern?
Neugeborene und Kinder haben eine eingeschränktere Palette, um sich auszudrücken – dazu gehören Lachen und Weinen. Als Erwachsene können wir viel differenzierter interagieren. Deshalb werden einfachere Formen der Kommunikation wie Lachen weniger wichtig. Ausserdem lernen wir mit zunehmendem Alter, dass Humor auch verletzen kann – es gibt ja auch das schadenfreudige oder sadistische Lachen. Deshalb setzen wir Humor und Lachen allgemein bewusster und auch vorsichtiger ein im Vergleich zu Kindern.
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Bei Erwachsenen ist die Spannbreite gross zwischen sehr humorvollen und eher humorlosen Menschen. Warum ist das so?
Wie viel ich lache, hat mit meiner Persönlichkeit, Prägung, meinen Erfahrungen und auch viel mit der Kultur zu tun, in der ich lebe. Ich habe früher als Professor in Moskau gearbeitet. Da fiel mir auf, dass in der damaligen Sowjetunion viel weniger gelacht wurde als in anderen Ländern. Wenn beispielsweise bei einem Sportwettkampf die Italiener gewannen, waren sie ausser sich vor Freude. Die Sowjets haben in derselben Situation kaum gelacht oder Emotionen gezeigt. Es ist eine Frage der Sozialisierung – hier etwa, indem die Selbstbeherrschung wichtig ist. Wie viel Humor und Lachen in der Medizin zum Einsatz kommen, ist deshalb ebenfalls sehr von der Person des Arztes oder der Ärztin abhängig.
Aber gesundheitlich betrachtet würde es uns allen guttun, mehr zu lachen?
Das ist so. Es muss ja nicht gerade Lachyoga sein, wobei man die positiven Wirkungen tatsächlich auch herbeiführen kann, indem man erst mal grundlos lacht. Wichtig finde ich vor allem das Lächeln im Alltag. Es tut uns gut und verbindet uns mit unseren Mitmenschen. Gerade in Zeiten mit viel Unsicherheit und Konflikten sollten wir dem mehr Raum geben.