Etwas in der Heimat bewirken

Die einen zieht es nach dem Studium in die Ferne, die anderen entscheiden sich bewusst dafür, in der Heimatregion zu bleiben und zu arbeiten. Fünf Alumni der Universität Bern erzählen von ihren Studienjahren, ihrer bisherigen Karriere und wie sie heute die Region mitprägen.

Florence Weber
Florence Weber (31) hat an der Universität Bern Musikwissenschaft studiert und gründete eine Firma im Bereich Musikwissenschaft und Kulturmanagement.

«Die Berner Kulturszene ‹fägt› – es läuft unheimlich viel»

«Nach dem Schwerpunktfach Musik am Gymnasium wollte ich eine neue Richtung ausprobieren und begann Sozialwissenschaften zu studieren. Die Fächer waren spannend, aber ich vermisste die Musik. Eine Kommilitonin erzählte von der Musikwissenschaft, einem Studiengang, den es auch an der Universität Bern gibt. Nach einem Schnuppertag inklusive Mitmachen bei praktischen Übungen wusste ich: Das ist es! Ich war – so kitschig es klingt – von den Inhalten und den diversen Blickwinkeln auf die Musik über die ganzen Studienjahre fasziniert. Vor allem das Schreiben über Musik begeisterte mich.

Magazin uniFOKUS

«Ein Teil von Bern»

Dieser Artikel erschien erstmals in uniFOKUS, dem Printmagazin der Universität Bern. uniFOKUS beleuchtet viermal pro Jahr einen thematischen Schwerpunkt aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Aktuelles Fokusthema: «Ein Teil von Bern»

Daneben sammelte ich früh Arbeitserfahrung. Ich wollte verschiedene Bereiche der Musikwissenschaft kennenlernen, um herauszufinden, wo ich nach dem Studium landen könnte. Ich arbeitete in einer Redaktion für musikpädagogische Lehrmittel, als Tutorin am Institut und als Dramaturgie- und Regieassistentin am Theater. Zudem verfasste ich Programmhefttexte und hielt Operneinführungen. So konnte ich mir Wissen aneignen und ein Netzwerk in der Kulturszene aufbauen. Im Sommer 2021 wagte ich den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete meine eigene Firma im Bereich Musikwissenschaft und Kulturmanagement. Als Sprungbrett erwies sich ein bereits vor der Firmengründung zugesichertes Mandat. Trotz der Coronapandemie meisterte ich den Start gut und erhielt rasch weitere Mandate. Die Berner Kulturszene ‹fägt› – es läuft unheimlich viel. Ich wünsche mir, dass ich die Szene durch meine Arbeit mitgestalten und weiterentwickeln kann.»

«Aussendienstmitarbeiter» der Landeskirche

Manuel Perucchi
Manuel Perucchi (46) hat an der Universität Bern Theologie studiert und arbeitet heute als Regionalpfarrer bei der reformierten Landeskirche.

«Nach einer kaufmännischen Ausbildung in Zürich holte ich an der Kirchlich-Theologischen Schule in Bern die Matura nach und schrieb mich anschliessend fürs Theologiestudium ein, weil ich den grossen Fragen des Menschseins nachgehen wollte. In Bern herrschte ein offener, liberaler Geist. Die Fakultät ist klein, man kennt sich. So sind Freundschaften entstanden, die bis heute andauern.

Nach dem Vikariat in Zürich war ich acht Jahre lang Gemeindepfarrer in Muri bei Bern. Dann wurde mir das zu eng. Als Regionalpfarrer bin ich ein ‹Aussendienstmitarbeiter› der reformierten Landeskirche und zuständig für 32 Kirchgemeinden vom unteren Emmental bis in den Oberaargau. Ich unterstütze Pfarrpersonen und Behörden, etwa bei Vakanzen, Konflikten oder wenn es um die Weiterentwicklung der Kirchgemeinden geht. Praktische Pfarrarbeit leiste ich nur noch selten.»

Alumni UniBE – Netzwerk der Universität Bern

Alumni UniBE steht für eine lebendige und vernetzte Community. Sie vereint Studierende, Ehemalige und Angehörige der Universität Bern und sichert den Zugang zu beruflichen und persönlichen Beziehungen. Gemeinsam geteilte Erinnerungen und Erfahrungen verbinden die Mitglieder im wertvollen akademischen Netzwerk der Universität Bern.

www.alumni.unibe.ch

Die moderne Zahnmedizin in die «Peripherie» gebracht

Beat Röthlisberger
Beat Röthlisberger (49) hat an der Universität Bern Zahnmedizin studiert und führt heute eine eigene Zahnarztpraxis in Interlaken.

«Für ein Studium in Bern entschied ich mich aus zwei Gründen: Einerseits war die Universität von Interlaken aus, wo ich aufgewachsen bin, gut erreichbar. Andererseits gilt Bern unter Zahnmedizinern als Top-Universität, auch im internationalen Vergleich. In meinem Jahrgang waren wir nur etwa 25 Studierende, ein sehr familiärer Rahmen. Es war eine strenge Zeit, aber wir haben auch viel gefeiert und sind nach dem Staatsexamen zusammen verreist. Noch heute tausche ich mich mit einigen Kommilitonen regelmässig persönlich und fachlich aus.

Bis zum Gymnasium wollte ich Humanmedizin studieren. Während einer Schnupperwoche im Spital Interlaken erkannte ich jedoch, dass mir das hierarchische System und die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht entsprachen. Beim Schnuppern in den Zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern traf ich auf ein aufgestelltes Team und eine gute Stimmung. Als Zahnmediziner konnte ich zudem früher chirurgisch tätig sein und selbstständig arbeiten. Nach der Dissertation folgte eine dreijährige Facharztausbildung in Parodontologie. 2011 übernahm ich eine Zahnarztpraxis in Interlaken, wo ich heute wieder wohne. Viele Zahnärzte zieht es in die urbanen Zentren, aber ich schätze die Nähe zu den Bergen und zum See. Der Tourismus hat Interlaken stark verändert, nicht nur zum Guten. Aber von hier aus ist man auch in kurzer Zeit mutterseelenalleine in der Natur. Unter anderem dank meiner Fachzahnarztausbildung und meinem Netzwerk habe ich eine moderne, spezialisierte Zahnmedizin in die Peripherie gebracht. Davon profitieren nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch viele junge Fachkräfte, die hier ihre Aus- oder Weiterbildung machen.»

Vom Handball in die Kommunikation

Nicole Kaufmann
Nicole Kaufmann (30) studierte Sportwissenschaft an der Universität Bern. Heute arbeitet sie im Bereich Kommunikation & Marketing und ist Vorstandsmitglied von Sport Thun.

«Das Studium der Sportwissenschaft gab mir die nötige Flexibilität für mein Trainingspensum – damals spielte ich Handball in der höchsten Liga. Nach zwei Kreuzbandrissen musste ich meine Sportkarriere beenden. Handball spiele ich nicht mehr. Ich bin zu ehrgeizig, um diesen Sport auf tieferem Niveau auszuüben.

Nach dem Bachelor an der Uni Bern machte ich in Fribourg einen Master in Kommunikationswissenschaften und Medienforschung. Mit 25 wurde ich Geschäftsführerin des Handballvereins Wacker Thun. Dort konnte ich meine Liebe zum Handball ausleben, der Job war aber sehr zeitintensiv. Seit Mai leite ich den Bereich Marketing & Kommunikation bei der Baufirma Frutiger AG in Thun. Mit der Stadt bin ich sehr verbunden, meine Eltern und viele Freunde leben hier. Als Vorstandsmitglied von Sport Thun setze ich mich zudem für sportpolitische Anliegen ein.»

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Rückkehr zu den beruflichen Wurzeln

Patrick Teutschmann
Patrick Teutschmann (56) studierte Sportwissenschaft an der Universität Bern und ist heute Schulleiter in Frutigen.

«Nach dem Lehrerseminar begann ich 1990 in Bern ein Studium in Sportwissenschaft. Zu dieser Zeit hoffte ich auf eine Karriere im Profisport – als Junior des SC Bern hatte ich für die Schweiz an U18- und U20-Europa- und Weltmeisterschaften gespielt. Für die Profikarriere reichte es aber nicht ganz. Neben Eishockey betreibe ich heute vorab Langdistanz-Triathlon. Im Kadettenkorps Thun engagiere ich mich seit rund 30 Jahren für den Jugendsport.

Die Aufnahmekriterien fürs Studium waren streng. In meinem Jahrgang waren wir nur knapp 20 Studierende und pflegten engen Kontakt. Nach ein paar Jahren als Real- und Berufsschullehrer wechselte ich zum fedpol mit den Aufgaben Gefährdungsbeurteilungen und Luftsicherheit. Kurz vor meinem 50. Geburtstag kehrte ich zu meinen beruflichen Wurzeln zurück: Als Schulleiter in Frutigen bin ich für sieben Schulhäuser zuständig.»

Engaged UniBE: Eine Brücke zwischen Universität und Gesellschaft

Unsere Gesellschaft sieht sich grossen Herausforderungen gegenüber: Dazu gehören Klimawandel und -anpassung, der Verlust der Biodiversität, der demografische Wandel und die Auswirkungen der Digitalisierung. Um diese Herausforderungen zu meistern, ist ein gesellschaftlicher Dialog unerlässlich. Engaged UniBE ist eine Initiative der Universität Bern, die diesen Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft aktiv fördern und die Universität stärker in der Gesellschaft verankern möchte.