Muss Wissenschaft erschüttern?

Eine pointierte Antwort aus wissenschaftsphilosophischer Sicht.

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Unser Wissen wächst. Es ist wie ein Haufen, zu dem die wissenschaftliche Forschung immer mehr hinzufügt. So wenigstens lautet ein einfaches Bild der Wissenschaftsgeschichte.

Aber das Bild ist falsch, wie etwa der Wissenschaftsphilosoph Thomas Kuhn (1922–1996) gezeigt hat. Die Grundlagen einer wissenschaftlichen Disziplin werden immer wieder erschüttert. Selbst die fundamentalen Annahmen, auf die man sich geeinigt hat, erweisen sich als problematisch. Die Erschütterungen durchdringen wie Schockwellen den Haufen des bisherigen Wissens. So wurde vor etwa 100 Jahren die klassische Physik durch die Quantenmechanik erschüttert. Unschärfen und Quantensprünge stellten Prinzipien infrage, auf die wir uns im Alltag verlassen.

Die Erfahrung spricht dafür, dass es auch künftig solche Erschütterungen gibt. Aber das muss nicht überall der Fall sein. Wissenschaft kann, aber muss nicht erschüttern.

Zur Person

© Universität Bern, Bild Adrian Moser

Claus Beisbart

ist Professor am Institut für Philosophie mit Schwerpunkt Wissenschaftsphilosophie und seit 2012 an der Universität Bern. Zuvor wurde er in Physik wie auch in Philosophie promoviert. Seine Forschungsinteressen gelten der Wissenschaftsphilosophie und der künstlichen Intelligenz. Er ist u. a. Mitglied des Embedded Ethics Lab am Center for Artificial Intelligence in Medicine (CAIM).

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