Bessere Entscheidungen im Sport und im Verkehr

Christian Vater ist einer von acht Forschenden, die an der Universität Bern einen begehrten Starting Grant des Schweizerischen Nationalfonds erhalten. Damit will er die Rolle des peripheren Sehens bei komplexen Entscheidungen untersuchen.

Interview: Arian Bastani 12. Juli 2023

Christian Vater ist zurzeit Senior Researcher am Lehrstuhl für Kognitionswissenschaften der ETH Zürich. Bild: zVg
Worum geht es in Ihrem Projekt?

Das Ziel meines SNF Starting Grant Projektes ist es einerseits, die Qualität von Entscheidungen im Sport zu verbessern und andererseits die Anzahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren.

In vielen Sportarten, aber auch bei Alltagsaufgaben wie dem Autofahren, ist es oft essenziell, mehrere Informationen gleichzeitig wahrzunehmen und Entscheidungen unter Zeitdruck zu treffen.

In meinem Forschungsprojekt werde ich untersuchen, wann wir Informationen verarbeiten, ohne diese direkt anzuschauen. Dies gelingt mit der sogenannten peripheren Wahrnehmung, deren Rolle in komplexen Situationen bisher kaum untersucht wurde.

Um dies zu ändern, werden wir im ersten Teil des Projekts reale Fussballsituationen in Virtual Reality so manipulieren, dass wir anhand des Entscheidungs- und Blickverhaltens die Rolle der peripheren Wahrnehmung überprüfen können.

Im zweiten Teil werden wir periphere Wahrnehmungstrainings für die Sportpraxis entwickeln und abschliessend überprüfen, ob auch Autofahrende mit bestimmten Wahrnehmungsstrategien andere Verkehrsteilnehmende besser und schneller wahrnehmen können.

Welche Zusammenarbeiten beinhaltet Ihr Projekt?

Mit unseren Kooperationspartnerinnen und -partnern im Sport (BSC Young Boys) und in der Unfallprävention (Beratungsstelle für Unfallverhütung, BFU) werden wir die Relevanz der peripheren Wahrnehmung untersuchen.

Für den Sport werden wir Empfehlungen zum Training der peripheren Wahrnehmung ausarbeiten und für die Unfallprävention gefährliche Situationen, Infrastrukturen und Verhaltensweisen von Verkehrsteilnehmenden an kritischen Knotenpunkten identifizieren.

Was motiviert Sie zu dieser Forschung?

Mich motiviert es, verschiedene Wissenschaftsdisziplinen, die sich mit peripherer Wahrnehmung beschäftigen, zusammenzubringen und generalisierbare Mechanismen aufzudecken. Mich reizt zudem die methodische Herausforderung, die periphere Wahrnehmung in Alltagssituationen messbar zu machen. Ausserdem freue ich mich in einem interdisziplinären Projekt mit Partnerinnen und Partnern aus Forschung und Praxis zusammenzuarbeiten.

Von einem Starting Grant träumen viele junge Forschende, oder jene, die es werden wollen. Was raten Sie ihnen?

Hier meine drei Tipps:

1) Nach dem ersten abgelehnten Antrag nicht aufgeben, sondern den Antrag mithilfe von Feedback optimieren und es erneut versuchen.

2) Die Angebote des Grants Office nutzen, um von den Rückmeldungen von erfahrenen Forschenden zu profitieren.

3) Lernen, die eigene Forschung in einfachen Worten zu erklären, da die Gutachterinnen und Gutachter nicht immer vom Fach sind.

Das Sensomotoriklabor am Institut für Sportwissenschaft. Bild: zVg
Weshalb haben Sie sich dazu entschieden, Ihr Projekt an der Universität Bern durchzuführen?

Das Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern verfügt über die bestmögliche Laborinfrastruktur für dieses Projekt. In dem 11 mal 6 mal 4 Meter grossen Labor mit einer 360-Grad-Projektion auf alle Wände und den Boden können Körper- und Blickbewegungen ohne Einschränkungen und unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden. Zudem befinden sich die Praxispartnerinnen und -partner (BSC Young Boys und BFU) in unmittelbarer Nähe.

Über die SNSF Starting Grants

Da die Schweiz beim europäischen Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe aktuell ein nicht-assoziierter Drittstaat ist, hat der Bund den SNF beauftragt, als Übergangsmassnahme eine Ausschreibung für SNSF Starting Grants 2023 zu lancieren, die die ERC Starting Grants ersetzt. Das Förderinstrument steht allen Disziplinen und Themen offen. Forschende aus allen Ländern können daran teilnehmen. Gesuchstellende können ein Budget von maximal CHF 1,8 Millionen Franken für eine Laufzeit von fünf Jahren beantragen.

Über das Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern

Das Institut für Sportwissenschaft (ISPW) ist eine der grössten und bedeutendsten Lehr- und Forschungseinrichtungen für Sportwissenschaft in der Schweiz. Es zeichnet sich in Lehre und Forschung durch seine integrative und anwendungsorientierte Ausrichtung mit sozial- und verhaltenswissenschaftlicher Schwerpunktlegung aus.

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