Integration durch Bildung: Kompass UniBE wird fortgeführt

Das Programm zur Hochschulvorbereitung für geflüchtete Studierende an der Uni Bern, Kompass UniBE, wird nach der erfolgreichen Pilotphase vorerst bis Juli 2031 weitergeführt. Projektleiterin Ann-Seline Fankhauser spricht über die Erfahrungen mit dem zweisemestrigen Programm.

Interview: Maura Widmer 19. November 2025

Ann-Seline Fankhauser, die Universitätsleitung gab 2022 grünes Licht für Kompass UniBE. Nach der Pilotphase wird das Programm vorerst bis 2031 weitergeführt. Was war beim Aufbau des Programms und seiner Durchführung entscheidend? 

Ann-Seline Fankhauser:  Es hat sich gezeigt, dass eine gute interne Zusammenarbeit Voraussetzung ist für die erfolgreiche Umsetzung. Wenn alle Beteiligten eingebunden sind und ihre Perspektiven im gemeinsamen Aushandlungsprozess Gehör finden, entsteht eine tragfähige Basis für nachhaltigen Erfolg. Entscheidend waren die Offenheit, die Flexibilität und das Engagement unserer internen Partner wie der Abteilung Zulassung, Immatrikulation und Beratung ZIB, der Abteilung Verwaltungssysteme Lehre VSL, dem Sprachenzentrum, dem Rechtsdienst sowie von UniBE International und unseren Ansprechpartnern in den Fakultäten.

Was bietet Kompass UniBE geflüchteten Studierenden? 

Auch wenn der Bildungsaspekt im Zentrum steht, eröffnet das Vorbereitungsjahr weit mehr als die fachliche und sprachliche Vorbereitung auf ein Hochschulstudium. Mindestens so wichtig sind die sozialen Aspekte: Die Teilnehmenden können sich untereinander austauschen, Studierende und Hochschulangehörige kennenlernen und wertvolle Netzwerke knüpfen.

In meinen Augen ist es darüber hinaus sehr wichtig, dass sich die Teilnehmenden in dem Vorbereitungsjahr als selbstwirksam erleben und eine Perspektive entwickeln können, die an ihre Vorbildung, ihre Kompetenzen und ihre Träume anknüpft. Insgesamt schafft das Vorbereitungsjahr eine echte Chance, für gesellschaftliche Integration und nachhaltige wirtschaftliche Teilhabe.

Ann-Seline Fankhauser ist Projektleiterin von Kompass UniBE. © Dres Hubacher
Ann-Seline Fankhauser ist Projektleiterin von Kompass UniBE. © Dres Hubacher

Die Kompass UniBE-Teilnehmenden müssen erst die deutsche Sprache lernen, um in Bern studieren zu können. 

Die Entwicklung der Deutschkenntnisse während des Vorbereitungsjahres ist enorm, sie führt innerhalb eines Jahres von Niveau B1 auf C1, sodass das sprachliche Zulassungskriterium für ein Bachelorstudium erfüllt ist. Dabei profitieren die Teilnehmenden von den Kompetenzen und dem grossen Engagement der Dozierenden des Sprachenzentrums der Uni Bern.  

Was bleibt Ihnen aus der Pilotphase von Kompass UniBE besonders in Erinnerung? 

Die Abschlussveranstaltungen sind ganz besondere Momente: Sie spiegeln die grosse Entwicklung jeder und jedes Einzelnen, den Stolz auf die erbrachten Leistungen und den Zusammenhalt der Kompass UniBE-Gemeinschaft. Besonders beeindruckt hat mich auch die Geschichte einer jungen Frau, die in ihrem Herkunftsland ein Studium im Gesundheitsbereich begonnen hatte. Bei Kompass UniBE entdeckte sie ihre Freude an Sprachen und nahm anschliessend ein Germanistik-Studium auf. 

 

«Die sozialen Aspekte von Kompass UniBE sind mindestens so wichtig wie die fachliche und sprachliche Vorbereitung.»

Ann-Seline Fankhauser

Ein solches Programm wirkt auch nach innen: Welche Impulse löst Kompass UniBE an der Uni Bern aus? 

Zwar ist das Programm noch recht jung, aber ich denke, dass es langfristig zu einer diverseren Studierendenschaft und somit zu einer Perspektivenvielfalt beiträgt. Beispielsweise haben wir in Zusammenarbeit mit der Studierendenschaft SUB die «Kompass Community» geschaffen. Als Vernetzungs- und Austauschformat hat es das Potenzial, die interkulturellen Kompetenzen aller Studierenden zu fördern. Insgesamt leistet Kompass UniBE einen Beitrag zur Förderung von Chancengleichheit, Inklusion und Diversität an der Universität Bern.   

Welche Faktoren waren dafür entscheidend, dass das Programm nun fortgeführt wird? 

Mit rund 80 Anmeldungen pro Jahr für 20 Plätze ist die Nachfrage gross. Das Angebot entspricht also klar einem Bedürfnis. Die beiden Pilotjahre waren zudem sehr erfolgreich: die Abschlussquoten lagen bei 75 Prozent im ersten und 83 Prozent im zweiten Pilotjahr, und 27 der insgesamt 38 Absolventinnen und Absolventen sind anschliessend ins Studium eingestiegen.  

Der breite Zuspruch von Mitarbeitenden und Studierenden verdeutlicht, dass Chancengleichheit und gesellschaftliches Engagement an der Uni Bern einen hohen Stellenwert haben. Gleichzeitig ist es gelungen, durch die Einführung von Kursgeldern und eine effiziente Nutzung von Personalressourcen eine tragfähige Finanzierung sicherzustellen. 

Ausstellung

«Integration durch Bildung: Zugang zur Hochschule» Geflüchtete Studierende und Forschende erzählen ...

An der Nacht der Forschung 2025 wurden drei ehemalige Teilnehmende von Kompass UniBE und eine Teilnehmende des Scholars at Risk (SAR) Programms porträtiert. Entdecken Sie die bewegenden Geschichten von Yuliia Semydko-Momot, Esra Küçük, Eqbal Nabizada und Thu Zar Nwe.  Mehr Informationen

Mit Blick auf die kommenden Jahre: Welche Weiterentwicklungen planen Sie, um Kompass UniBE langfristig zu verankern und sein Potenzial weiter auszubauen? 

Wir möchten verstärkt mit der Berner Fachhochschule (BFH) und der Pädagogischen Hochschule Bern (PHBern) zusammenarbeiten und Synergien schaffen, insbesondere im Bereich Sensibilisierung und Community Building. Zudem planen wir, das Monitoring der ehemaligen Teilnehmenden auszubauen, um die Wirkung des Vorbereitungsjahres auf den Studienerfolg und die Berufslaufbahn umfassender zu messen. Langfristig verfolgen wir das Ziel, dass Kompass UniBE ein fester und selbstverständlicher Bestandteil des Angebots der Universität Bern wird. 

Zur Person

Ann-Seline Fankhauser

hat einen M.A. in Sozial- und Rechtswissenschaften und ist Projektleiterin von Kompass UniBE.

Über Kompass UniBE

Hochschulvorbereitung für geflüchtete Studierende

Kompass UniBE ist ein zweisemestriges Hochschulvorbereitungsprogramm für geflüchtete Personen, die ein Studium an der Universität Bern anstreben. Die Teilnehmenden können während einem Jahr studienrelevante Fähigkeiten und akademische Grundkompetenzen erwerben und sich gleichzeitig sprachlich, fachlich und organisatorisch auf die mögliche Aufnahme eines Studiums vorbereiten. Somit können sie länderspezifische Zulassungskriterien, die aufgrund der Fluchtsituation nicht (oder nur sehr schwer) zu erfüllen sind, durch das Bestehen des Vorbereitungsjahres kompensieren und sich für ein Studium qualifizieren. Das Projekt ist im Vizerektorat Qualität und Nachhaltige Entwicklung in der Abteilung für Chancengleichheit angesiedelt.

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