Lust auf einen Stadtspaziergang?

Von der Aare bis zur Unitobler: Bern ist voller Orte, an denen man geografischen Fragestellungen in all ihren Facetten begegnen kann. Ein Stadtplan der Geographischen Gesellschaft Bern nimmt uns mit auf Entdeckungsreise.

Die Bilder, die wir uns von Bern machen, sind vielseitig. Ebenso vielfältig sind die Themen der Geografie: Sozialgeografie, Klimatologie, Naturrisiken, Wirtschaftsgeografie, Bodenkunde, Verkehrsgeschichte. Zur ihrem 150-jährigen Jubiläum im Jahr 2023 lancierte die Geographische Gesellschaft Bern an der Universität Bern einen geografischen Stadtführer, der an Orte führt, an welchen geografische Fragestellungen, stadtplanerische Spannungsfelder, historische Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen sichtbar werden. Orte, an welchen geografische Forschung für die Gesellschaft betrieben wird. 

Der Stadtplan ist auf einer Website verfügbar. Neben der Karte findet man dort Podcasts, Texte, Videos und weitere Informationen zu insgesamt 12 Orten der Geografie in Bern. Ein paar Beispiele gefällig?

Unitobler: Wirtschaftlich-gesellschaftlicher Wandel im Stadtraum 

Die Umnutzung der ehemaligen Schokoladenfabrik steht symbolhaft für den Wandel. Bild: Simon Brönnimann
Die Umnutzung der ehemaligen Schokoladenfabrik steht symbolhaft für den Wandel. Bild: Simon Brönnimann

1899 gründete Jean Tobler mit seinen Söhnen die Fabrique de Chocolat Berne, Tobler & Cie. und stellte hier in der Länggasse Schokolade, ab 1908 die «Toblerone» her. 1985 wurde die Fabrik stillgelegt. Das alte Fabrikgebäude in der Länggasse wurde zu einem Campus der Universität umgebaut, der 1993 eröffnet wurde. 

Der Umbau des Fabrikgebäudes steht symbolhaft für den Wandel im Länggassquartier. Das Quartier wuchs in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, einige Jugendstilgebäude zeugen von dieser Zeit. Gleichzeitig war das Quartier stark industriell geprägt. Gegenüber der Schokoladefabrik war eine Seidenfabrik, in der hinteren Länggasse eine Giesserei der Stahlwerke Von Roll. Ab den 1980er-Jahren setzte ein Strukturwandel ein, Produktionsstätten wurden geschlossen oder verlagert. In die freiwerdenden Gebäude zogen Bildungsinstitutionen ein.  

Viererfeld: Einst war ein Universitätscampus geplant 

Es gab Pläne, auf dem Viererfeld einen Universitätscampus zu errichten. Nun entsteht dort ein neues Wohnquartier. Bild: Stadt Bern
Es gab Pläne, auf dem Viererfeld einen Universitätscampus zu errichten. Nun entsteht dort ein neues Wohnquartier. Bild: Stadt Bern

Zwischen der Unitobler und dem Viererfeld besteht eine interessante Verbindung, bei der die Universität Bern eine Hauptrolle spielt: 1964 erwarb der Kanton Bern das Viererfeld von der Burgergemeinde für den Bau eines Universitätscampus. Da der Kanton jedoch 1982 die ehemalige Schokoladenfabrik Tobler kaufen konnte, wurde der Plan eines Universitätscampus auf dem Viererfeld verworfen. 

Aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen und des knappen Wohnungsangebots in der Stadt Bern entstand in den 2000er-Jahren die Idee eines neuen Wohnquartiers auf dem Viererfeld. Die Überbauung soll laut der Stadt Bern «urban, nachhaltig, grün und wegweisend sein», ein Musterbeispiel klimaanpassten Städtebaus. Diese Aspekte des Projekts werden wissenschaftlich von Geografinnen und Geografen begleitet. 

Matte: Wasser als Ressource und Gefahr 

Die Aare war für das Mattequartier Wirtschaftsmotor, sie stellt aber auch eine Gefahr dar. Bild: S. Wälti / aarelauf.ch
Die Aare war für das Mattequartier Wirtschaftsmotor, sie stellt aber auch eine Gefahr dar. Bild: S. Wälti / aarelauf.ch

Wasser ist in vieler Weise bedeutend für Städte. Das wird nirgends in Bern so klar wie in der Matte. Die Schwelle ist eines der ältesten Bauwerke in Bern (1218 erstmals erwähnt). Hier fliesst die Aare über eine Stufe. Ein Teil des Wassers wird in einem Kanal abgezweigt und fliesst durch die Matte. 

Der Matte-Kanal führte das Wasser zur Mühle und diente als Energiequelle für Gewerbe und Industrie. Daneben lieferte die Aare auch Brauchwasser für die Gerberei. An der Badgasse befand sich früher, als viele Haushalte nicht über fliessendes Wasser verfügten, eine öffentliche Badegelegenheit – und ein Ort der Prostitution. 

Gleichzeitig ist Wasser auch ein Risiko, wie mehrere Hochwassermarken zeigen. Das Mobiliar Lab für Naturrisiken am Geographischen Institut der Universität Bern simulierte die Hochwasser und Schäden im vergangenen und zukünftigen Klima. In interaktiven Karten sind die Ergebnisse visualisiert, und das Portal sammelt Bilder vergangener Hochwasser. Heute steht ein integrales Risikomanagement im Zentrum, das eine breite Palette von Massnahmen umfasst, von Prävention über Vorhersage und Warnung zu Objektschutz, Verbesserung der Kommunikationswege, bauliche Massnahmen und mobile Sperren. Letztere werden in der Matte eingesetzt. Der nasse Sommer 2021 in der Schweiz hat gezeigt, dass diese Strategie erfolgreich ist. Trotz hoher Abflussmengen waren die Schäden gering. 

Grosse Schanze: Ein Blick auf die Alpen, Einblick in die Klimaforschung 

Früher Stand auf der Grossen Schanze eine Sternwarte. Bild: Simon Brönnimann
Früher Stand auf der Grossen Schanze eine Sternwarte. Bild: Simon Brönnimann

Die Grosse Schanze ist für die Klimaforschung ein wichtiger Ort. 1812 wurde ein provisorisches astronomisches Observatorium errichtet, 1822 die «alte Sternwarte», wo auch meteorologische Messungen durchgeführt wurden. 

Heute hat die Universität sowohl institutionell als auch physisch den Platz der Sternwarte eingenommen. An ihrer Stelle steht heute das Gebäude für Exakte Wissenschaften, wo weltführende Klimaforschung betrieben wird. Das Oeschger Zentrum für Klimaforschung vereint Forschungsgruppen aus Physik, Geografie, Botanik, Geologie, Statistik, aber auch Geschichte, Philosophie, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaft und Medizin, da das Problem des Klimawandels nur interdisziplinär angegangen werden kann. 

Stadtplan: Berner Orte der Geografie

Gedruckte Exemplare des Faltplans können bei der Tourist Information im Bahnhof Bern, in der Buchhandlung Stauffacher, im Eingangsbereich des Geographischen Instituts der Universität Bern sowie in zahlreichen Berner Hotels und Museen bezogen werden. 

An der heutigen Museumsnacht liegen die Faltpläne zudem im Haus der Akademien, in der Antikensammlung Bern, im Alpinen Museum sowie im Erlacherhof auf. 

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