Verhaltensforschung im Hofgut

Mitten im Bremgartenwald, direkt an der Aare und umgeben von Grün, liegt das Hasligut. Von Weitem wirken die Gebäude aus dem 17. Jahrhundert wie ein Bauernhof – doch hinter dem historischen Gemäuer verbirgt sich eine moderne Tierforschungsstation.

Text: Celine Anliker 21. November 2023

Sicht auf das Bauernhaus der Ethologischen Station Hasligut aus dem 17. Jahrhundert – dem ältesten Gebäude der Uni Bern. Bild: Celine Anliker

Eva Ringler, die an der Ethologischen Station Hasli tätig ist, war begeistert, als sie das Hasligut – oder «Hasli», wie sie es liebevoll nennt – zum ersten Mal sah: «Die historischen Häuser, der direkte Zugang zur Natur und die Ruhe machen den Ort zu etwas Besonderem.»

Verhaltenslehre von Fischen bis zu Säugetieren

Mittlerweile gehören vier Gebäude zum Hasli: Das historische Bauernhaus, das Stöckli, die Scheune und das Nachthaus. Während sich in den ersteren Vortragssäle und Büroraume befinden, sind Scheune und Nachthaus das Zuhause von 44 Geckos, 300 Pfeilgift- und Glasfröschen und mehreren hundert Fischen – alle davon aus Auffangstationen oder eigener Zucht. Eva Ringler und ihr Ethologie-Team untersuchen hier ihr Verhalten.

Tokeh Gekos sind nachtaktiv. Am Tag werden mit rotem Licht die nächtlichen Bedingungen simuliert. Bild: Eva Ringler

«Über das Verhalten vieler dieser Tiere weiss man nur wenig. Lange wurde gar abgestritten, dass Fische, Frösche oder Reptilien überhaupt strategisches Verhalten oder Emotionen zeigen können», sagt Ringler. Noch sei etwa unklar, warum es Unterschiede in Paarungs- und Brutpflegesystemen verschiedener Tierarten gibt und welche Kommunikationsmechanismen damit verbunden sind.

Übersehene Vielfalt 

Pfeilgiftfrosch im Terrarium. Die Forschenden legen Wert darauf, die Terrarien der Tiere möglichst abwechslungsreich und naturgetreu zu halten. Bild: Celine Anliker

Durch ihre Erkenntnisse hoffen Ringler und ihr Team, einen ganzheitlicheren Blick auf die Evolution von sozialem Verhalten zu gewinnen. Amphibien und Reptilien spielen dabei eine entscheidende Rolle: Sie sind wichtige, aber oft übersehene Puzzleteile, um die Entwicklung des Sozialverhaltens aller Wirbeltiere zu verstehen. Ein Beispiel sind die Glasfrösche, bei denen sich die männlichen Tiere um die Brutpflege kümmern und ihre Eier vor Austrocknung und Fressfeinden schützen. Diese und andere einzigartige Verhaltens- und Lebensweisen von Tieren aus aller Welt zeigen die Forschenden mit ihrer Arbeit mitten im Bremgartenwald auf.

Zur Person

Bild: Adrian Moser

Eva Ringler hat an der Universität Wien studiert und ist seit 2020 Leiterin der Forschungsabteilung Verhaltensökologie am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern. Ringler begegnete der Ethologischen Station Hasli zum ersten Mal als Studentin, als sie für ein Seminar in die Schweiz reiste.

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