Verteidigung der Erde mit Berner Hilfe

Die NASA-Weltraumsonde DART soll am Dienstag, 27. September um 01:14 Uhr mit einem Asteroiden kollidieren, um diesen von seiner Umlaufbahn abzulenken. Beteiligt an diesem Unterfangen sind auch Forschende der Universität Bern.

Von Brigit Bucher 26. September 2022

Illustration von DART © NASA/Johns Hopkins APL
Illustration von DART © NASA/Johns Hopkins APL

Asteroiden können für die Erde eine Gefahr darstellen, hat doch ein Einschlag eines solchen Himmelskörper vor 66 Millionen Jahren wahrscheinlich für das Aussterben der Dinosaurier gesorgt. Im Jahr 2013 richtete ein 20 Meter grosser Asteroid bei seinem Einschlag in Russland beträchtlichen Schaden an. Kann ein Asteroid, der dereinst auf Kollisionskurs mit der Erde sein könnte, von seiner Flugbahn abgelenkt werden, um zu verhindern, dass er auf unserem Planeten einschlägt?

Am 24. November 2021 ist die Raumsonde DART der amerikanischen Weltraumorganisation NASA gestartet, die genau das versuchen will: Eine Weltraumsonde mit einem Asteroiden kollidieren lassen, um diesen von seiner Umlaufbahn abzulenken. Nun ist es so weit: Wenn alles planmässig verläuft, wird der Einschlag von DART am Dienstag, 27. September um 01:14 Uhr stattfinden.

Infografik die zeigt, welche Auswirkungen der Einschlag von DART auf die Umlaufbahn von Didymos B haben könnte
Infografik, die zeigt, welche Auswirkungen der Einschlag von DART auf die Umlaufbahn von Didymos B haben könnte © NASA / Johns Hopkins APL

Gefragte Berner Expertise für NASA-Mission

Beteiligt an diesem Unterfangen sind auch Martin Jutzi, Sabina Raducan und Fabio Ferrari vom Physikalischen Institut, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern. «Wir sind Teil der DART-Impact Working Group und der DART-Dynamics Working Group. Mit Hilfe von Simulationen untersuchen wir, was beim Aufschlag der Sonde auf dem Asteroiden passieren wird. Also zum Beispiel wie effizient der Asteroid abgelenkt wird, wie gross ist der Krater sein wird und was mit dem ausgeworfenen Material passieren wird», erklärt der Astrophysiker Martin Jutzi.

Jutzi und seine Kolleginnen und Kollegen sorgten immer wieder für Aufsehen mit Modellen und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Himmelskörpern. «Es ist natürlich ein toller Erfolg, dass wir nun an der DART-Mission beteiligt sind», freut sich Sabina Raducan.

Martin Jutzi, Sabina Raducan und Fabio Ferrari vom Physikalischen Institut, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern.

Übung für den Ernstfall

Bislang hat man um die 27'000 Asteroiden in der Nähe der Erde identifiziert, davon rund 10'000 mit einem Durchmesser von mehr als 140 Metern. «Momentan weiss man von keinem Asteroiden, der die Erde unmittelbar direkt bedroht. Die DART-Mission ist also zunächst eine Übung für den Ernstfall», so Fabio Ferrari.

Martin Jutzi sagt: «Am Häufigsten kommen kleine Asteroiden vor, die kein grosses Schadenspotential besitzen. Die ganz grossen sind so selten, dass die Chance klein ist, dass die jemals auf die Erde stürzen. Das passiert nur alle paar Millionen Jahren.» Die Asteroiden mit einer Grösse von 50 und 150 Meter seien diejenigen, auf die es aufzupassen gelte. «Bei der DART-Mission wird eine Methode getestet, mit der man hofft, Asteroiden aus genau diesem Grössenbereich ablenken zu können.»

Nachfolge-Mission der ESA im Jahr 2024

Ziel der DART-Sonde ist das Didymos-System, das aus zwei Asteroiden besteht, die einander umkreisen. Dort wird die Sonde nun also ankommen. Sie wird den kleineren, etwa 160 Meter grossen Asteroiden Dimorphos mit 24'000 km/h rammen, um ihn von seiner Bahn abzulenken.

DART im Grössenvergleich
DART im Grössenvergleich. © NASA / Johns Hopkins APL

Wie Sabina Raducan und Martin Jutzi in einer kürzlich erschienen Studie zeigen konnten, könnte der Einschlag von DART Dimorphos vollständig deformieren, anstatt einen relativ kleinen Krater zu hinterlassen, wie von bisherigen Schätzungen vorausgesagt.

Was der Crash von DART auf Dimorphos tatsächlich anrichten wird, wird erst in ein paar Jahren klar sein:  2024 wird die Europäische Weltraumorganisation ESA im Rahmen der Weltraumission HERA eine Weltraumsonde zu Dimorphos schicken, die 2026 dort ankommen soll. Damit soll dann untersucht werden, was beim Crash genau passiert ist und wie wirkungsvoll die Kollision gewesen ist. Auch an dieser Mission sind die Berner Forschenden um Martin Jutzi beteiligt.

Kontakt

PD Dr. Martin Jutzi
Physikalisches Institut, Weltraumforschung und Planetologie (WP)
Gesellschaftsstrasse 6
3012 Bern

Telefon direkt: +41 31 684 85 49
Email: martin.jutzi@unibe.ch

Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze

Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant, gebaut und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.

Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei: Die Universität Bern nimmt regelmässig an Weltraummissionen der grossen Weltraumorganisationen wie ESA, NASA, oder JAXA teil. Mit CHEOPS teilt sich die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission. Zudem sind die Berner Forschenden an der Weltspitze mit dabei, wenn es etwa um Modelle und Simulationen zur Entstehung und Entwicklung von Planeten geht.

Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.

Zur Autorin

Brigit Bucher arbeitet als Leiterin Media Relations in der Abteilung Kommunikation & Marketing an der Universität Bern und ist Themenverantwortliche «Space».

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