Matheus Notter, was machen Sie bei Enzoxa?
Wir entwickeln ein selektives Antibiotikum gegen Helicobacter pylori. Das ist ein Bakterium, das Magenkrebs, Magenentzündungen und allgemein Magenbeschwerden verursacht. Es infiziert über 50 Prozent der Weltbevölkerung und ist damit ein wichtiger Krankheitserreger auch in Hinsicht auf die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen. Wir versuchen nun eine bessere Behandlung dafür zu finden.
Wie kam es zu diesem Projekt?
Das Projekt ist aus einer interfakultären Zusammenarbeit entstanden. In meiner Doktorarbeit habe ich die Auswirkungen von pflanzlichen Stoffwechselprodukten auf Darmerreger untersucht. Dabei fanden wir heraus, dass einige solcher Pflanzenmetaboliten selektiv das Wachstum von Helicobacter pylori hemmen. Das bedeutet, dass Helicobacter pylori das einzige Bakterium ist, das auf dieses spezifische Molekül, dieses Antibiotikum, anspricht. Deswegen haben wir uns gefragt, ob wir damit nicht eine neue Behandlungsmethode entwickeln und diese kommerzialisieren könnten.
Sie sind Mikrobiologe am Institut für Infektionskrankheiten, arbeiten aber bei diesem Projekt mit dem Institut für Pflanzenwissenschaften zusammen. Wie kam es zu dieser eher ungewöhnlichen Zusammenarbeit?
Das Projekt entstand im Rahmen der interfakultären Forschungskooperation «One Health» der Universität Bern. Ziel des Projekts war es, die von der Darmflora abhängigen Zusammenhänge zwischen Umweltgesundheit, Tiergesundheit und menschlicher Gesundheit zu charakterisieren. Zum Beispiel um zu verstehen, wie pflanzliche Stoffwechselprodukte die Magen- und Darmbakterien von Säugetieren beeinflussen können.
Was ist der Vorteil der Enzoxa-Behandlung gegenüber den bisherigen Behandlungsmethoden?
Unser Medikament ist selektiv. Das heisst, es zielt spezifisch auf Helicobacter pylori ab. Im Gegensatz zu nicht-selektiven Antibiotika greift es also das Gleichgewicht der Darmflora nicht an. Und es hat verschiedene Wirkungsweisen auf das Bakterium. Es handelt sich dabei nicht um ein klassisches Antibiotikum. Wir glauben daher, dass es zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen beim Erreger eingesetzt werden kann.
Waren denn Ihre Forschungsresultate von Anfang an so klar?
Überhaupt nicht! Zu Beginn meines PhDs zeigte keines der getesteten Moleküle irgendwelche Auswirkungen auf die getesteten Mikroben. Und dann, nach zwei Jahren, klappte es plötzlich, als wir Helicobacter pylori in den Test einbauten. Am Anfang denkt man sich, okay, ich bin auf nichts gestossen, und plötzlich stellt sich durch ein kleines Experiment heraus, dass alle Resultate, die man als negativ erachtet hat, plötzlich positiv werden. Das fand ich eine sehr gute Lebenserfahrung. Es zeigt, dass man nicht aufgeben darf, auch wenn nicht alles gleich von Anfang an klappt. Forschung ist immer noch ein Abenteuer.
Wieso haben Sie sich entschieden, aus den Forschungsresultaten ein Patent zu machen, also mit der Idee in Richtung Spin-Off zu gehen und nicht eine Publikation in einer Fachzeitschrift?
Ich hatte immer die Vorstellung, dass wenn sich das Forschungsprojekt meiner Doktorarbeit dafür eignet, ich es unter Umständen auch kommerziell umsetzen möchte. Man ist zu diesem Zeitpunkt genau an der Spitze der Innovation. Ausserdem habe ich das Wirtschaftsgymnasium besucht und hatte daher die Idee, eine eigene Unternehmung zu gründen, immer etwas im Hinterkopf.
Hinzu kommt: Publizierte wissenschaftliche Erkenntnisse gehören allen und es kann daraus kein Patent mehr entwickelt werden. Daher sind diese für Unternehmen weniger attraktiv. Es hat mich immer gestört, dass wir durch diesen Mechanismus viele Behandlungsmöglichkeiten verlieren.
Seit dem Sommer sind Sie ein UniBE Venture Fellow. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich für die Fellowship beworben haben?
Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich auf LinkedIn Werbung für die Fellowships gesehen. Das war genau in diesem Zeitraum, indem wir uns überlegt haben, ein Spin-Off zu gründen. Wir brauchten Geld und sagten uns: Lass es uns mit einer Bewerbung bei dem Venture Fellowship Programm versuchen.
Profitieren Sie vom Förderprogramm der Venture Fellowship?
Sehr viel! Das Venture Fellowship bietet nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Zugang zu wertvollen Coaching-, Networking- und Sichtbarkeitsmöglichkeiten. Elsa Callini und das Team des Innovation Office sowie unsere Fellowship-Coach Theresa Visarius von IPS Biopharma und Immunophotonics unterstützen uns aktiv mit ihrem Fachwissen zu vielen Aspekten der Geschäftsentwicklung in der Biotechnologie. Wir sind sehr dankbar für ihre Unterstützung und können sagen, dass unser Projekt dank ihrer Hilfe bereits gewachsen ist.
Was würden Sie sagen, wie wichtig ist das Team auf dieser Reise als Unternehmer und für das Spin-Off?
Das Team ist das Wichtigste. Ich denke es ist unmöglich, ganz alleine ein neues Medikament auf den Markt zu bringen. Es sind so viele Faktoren, die in Betracht gezogen werden müssen. Neben Expertise in Chemie oder Biologie braucht es auch betriebswirtschaftliches und regulatorisches Wissen. Genauso wichtig ist die Unterstützung aus meinem Umfeld, von meiner Familie und meinen Freunden. Ich bin sehr dankbar dafür.