Eidgenössische Prüfung in Humanmedizin erstmals digital

Über 1’200 angehende Medizinerinnen und Mediziner aus sechs Schweizer Fakultäten legten diesen Herbst ihre Prüfungen in Humanmedizin erstmals vollständig digital ab. Die Durchführung gelang problemlos. Dahinter steckt über ein Jahrzehnt Arbeit am Institut für Medizinische Lehre (IML) der Universität Bern.

Von Elisabeth Pacher 17. November 2022

Die Eidgenössische Prüfung in Humanmedizin ist dank dem Berner IML nun komplett digitalisiert. © IML 2022
Die Eidgenössische Prüfung in Humanmedizin ist dank dem Berner IML nun komplett digitalisiert. © IML 2022

 

Es ist ein wichtiger Schritt in der Prüfungsentwicklung: Seit mehr als 20 Jahren verwaltet das Institut für Medizinische Lehre der Universität Bern im Auftrag des Bundes die Prüfungsinhalte der eidgenössischen Prüfungen in Humanmedizin digital. Seit gut 10 Jahren ist das Institut zusätzlich daran, Software für die Prüfungsdurchführung zu entwickeln. Diese wurde nun erstmals an der Eidgenössischen Prüfung für Humanmedizin verwendet. Dabei absolvierten die über 1’200 Studierenden den schriftlichen Prüfungsteil digital auf Tablets und nicht mehr mit Prüfungsheften und Antwortbögen aus Papier. Der praktische Teil der Prüfung wird bereits seit 2015 digital unterstützt. Die Fertigkeiten der Kandidierenden werden seitdem per Tablet und mittels digitaler Checklisten beurteilt. Die Umstellung von Papier auf die neuen Technologien verlief dabei reibungslos – selbst in drei Sprachen.

Zahlreiche Vorteile 

Die Vorteile der digitalen Prüfung sind die Einführung neuer Fragetypen und die Option, diese mit diversen Medien anzureichern. So wird eine flexiblere Gestaltung der Prüfungsfragen und -inhalte ermöglicht. Die Studierenden profitieren zudem von verbesserten Navigationsmöglichkeiten und müssen ihre Antworten nicht mehr auf Antwortbögen übertragen: Die Produktion und Verteilung von Papier-Prüfungsheften, Kommentarblättern und elektronisch lesbaren Antwortbögen entfällt. Nach der Prüfung liegen die Antworten und Kommentare der Studierenden nun unmittelbar elektronisch vor. Damit ist auch das aufwendige Einlesen der Antwortbögen und das Entziffern der handschriftlichen Kommentare nicht mehr erforderlich.

Die digitale Prüfung stellt ausserdem eine Verbesserung in der Qualitätssicherung dar. Denn die eidgenössische Prüfung soll das Wissen der angehenden Medizinerinnen und Mediziner so praxis- und realitätsnah wie möglich prüfen. Der nun ermöglichte Einsatz von Videos ist ein bedeutsamer Schritt in diese Richtung. Die neue Technologie erlaubt es zudem, die klassischen «Multiple Choice Fragen» durch neuartige, realitätsgetreuere Formate zu erweitern. 

Hohe Anforderungen 

Die digitale Durchführung stellt die Organisatorinnen und Organisatoren aber auch vor neue Herausforderungen. Sie ist «dynamischer», weil während einer Prüfung kritische technische Ereignisse auftreten können, die bei einer Prüfung auf Papier ausgeschlossen sind. So sind an verschiedenen Standorten unterschiedliche lokale Infrastrukturen installiert und unterschiedliche Tablet-Technologien im Einsatz, was viele Fehlerquellen mit sich bringt. «Wir sorgen für eine sichere und verlässliche Infrastruktur und eine organisatorisch optimale Umsetzung, die für die digitale Durchführung einer so grossen Prüfung wie der eidgenössischen Prüfung für Humanmedizin unerlässlich ist», sagt Sissel Guttormsen Schär, Direktorin des IML.  

Prof. Dr. Sissel Guttormsen Schär ist Professorin für medizinische Lehre und Direktorin des Instituts für Medizinische Lehre IML. © Universität Bern
Prof. Dr. Sissel Guttormsen Schär ist Professorin für medizinische Lehre und Direktorin des Instituts für Medizinische Lehre IML. © Universität Bern

 

Schweizweit enge und erfolgreiche Zusammenarbeit 

Die Umstellung auf die digitale Durchführung setzte nicht nur technische Expertise, sondern auch einen erhöhten Aufwand für Koordination und Kommunikation voraus: Damit das neue System genügend erprobt und optimiert werden konnte, wurde in den letzten Jahren sehr eng mit den anderen Medizinischen Fakultäten zusammengearbeitet. «Das Vertrauen aller Schweizer Medizinischen Fakultäten zu gewinnen, ist für die Umsetzung von so grossen und komplexen Projekten zentral», erklärt Guttormsen, die sich über den geglückten Auftakt freut. Das IML, betont sie, schaue aber bereits wieder voraus: «Die Regel ist: nach der Prüfung ist vor der Prüfung. Das ganze Team ist schon daran, Weiterentwicklungen und Optimierungen voranzutreiben.»  

 

Über das Institut für Medizinische Lehre IML

Das IML vereint Erfahrung und Kompetenz in Lehre, Assessment und Entwicklung. Als nationales Kompetenzzentrum unterstützt das IML medizinische Lehre und Assessment auf höchster Ebene. Neben den Dienstleistungen für die Medizinische Fakultät der Universität Bern führt das Institut seit der Gründung 1971 Projekte für den Bund, andere Medizinische Fakultäten und weitere externe Auftraggebende im In- und Ausland durch. Am IML wird durch Weiterentwicklungen und Kooperationen Neues geschaffen, wie z.B. die gesamte Infrastruktur für elektronische Prüfungen: Die Examic Assessment Suite® ist ein Universalprodukt, das für ein breites Spektrum von Hochschulprüfungen eingesetzt werden kann. Dabei legt das IML Wert darauf, sein Wissen und die Qualität der Produkte durch Forschung laufend zu erweitern und zu optimieren. Hier ist die Zusammenarbeit mit den vielen Partnerinnen und Partnern von zentraler Bedeutung. Mit dem interprofessionellen Master of Advance Science Studiengang «Master of Medical Education» wird zudem eine Bogen zwischen Theorie und Praxis geschlagen, um Lehrpersonen im Gesundheitswesen optimal auf die Herausforderungen von Morgen vorzubereiten.

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