Im Gespräch bedankt sich Garry Nolan als Erstes: er habe sich sehr gefreut und es sei eine Ehre, den Hans-Sigrist-Preis 2021 zu erhalten. Nolan wird ausgezeichnet für seine Forschung im Preisgebiet «The Single Cell Revolution and Precision Medicine». Mit seinem Labor hat er erstmals das Instrument CyTOF, mit dem unterschiedliche Zellbestandteile genau untersucht werden können, auf die Immunologie angewendet.
Damit wurde ein Durchbruch erzielt, der es ermöglicht hat, eine Art Fingerabdruck einer einzelnen Zelle mit einer Kombination dutzender Parameter zu erstellen. Das von Nolan entwickelte Verfahren liefert eine Fülle an zusätzlichen Informationen und hat sich somit in der Untersuchung von Zellen weltweit durchgesetzt.
Doch damit ist es nicht getan, denn mit seiner Idee hat Garry Nolan eine ganz neue Forschungsrichtung eröffnet. Die Informationen aus einzelnen Zellen werden nun beispielsweise auch in ihrem räumlichen Umfeld innerhalb eines Systems verortet, um die Wechselwirkungen unter verschiedenen Zelltypen im Gewebe zu untersuchen.
Nolan arbeitet momentan daran, das Gefüge von einzelnen Zellen und deren Eigenschaften im Krebsgewebe besser zu verstehen. Das können zum Beispiel Krebszellen sein oder Zellen, die Teil des Immunsystems sind. Dabei ist es wichtig, diese Zellen als Teil ihres Systems zu analysieren und beispielsweise die Mechanismen aufzuzeigen, mit denen sich der Krebs vor dem Immunsystem verbirgt oder die Zellen abwehrt, die ihn attackieren. Auf der anderen Seite werden die einzelnen Schritte dokumentiert, wie das Immunsystem den Krebs erkennt und bekämpft. Das sind wertvolle Informationen für künftige Therapieansätze.
Individuelle Therapien entwickeln
Der Vorsitzende des Hans-Sigrist-Preiskomitees 2021 Prof. Sven Rottenberg hat das Preisgebiet vorgeschlagen und möchte damit weitere Forschung in diesem faszinierenden Bereich anregen. Sven Rottenberg ist Leiter des Instituts für Tierpathologie sowie Mitglied des 2019 etablierten Bern Center for Precision Medicine (BCPM). Seine Forschungsgruppe unterstützt auch den neu gegründeten Krebstherapieresistenz-Schwerpunkt am Department for BioMedical Research (DBMR). Seit vielen Jahren untersucht er Mechanismen der Resistenz gegen Krebstherapien und setzt grosse Hoffnungen in die Entwicklungen der Einzelzellenanalyse: «Je mehr Informationen wir zum räumlichen Kontext dieser Zellen erhalten, desto besser können wir Patientinnen und Patienten helfen und eine individuelle Therapie ermöglichen. Die Präzisionsmedizin steckt noch immer in den Kinderschuhen, aber neue Ansätze wie der von Garry Nolan treiben sie enorm voran.»