Erklären Sie uns bitte in wenigen Worten, worum es bei BeDSI geht?
Christiane Tretter: Ein historischer Blick auf die Vision der Universität Bern «Wissen schafft Wert» zeigt drei Epochen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns: die Ära der «Universalgelehrten», die Ära hoch spezialisierter Forschung und die jetzt angebrochene Ära massiv kollaborativer Forschung. Die Bern Data Science Initiative BeDSI soll unsere Universität auf diese neue Ära vorbereiten. Unsere Mission ist es, ein flexibles Netzwerk aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in die traditionellen Strukturen der Universität zu weben, das die Arbeit daten- und simulationsgetriebener Forschungsgruppen unterstützt und über die Grenzen von Disziplinen und Fakultäten hinweg fördert. Der unheimliche Erfolg des ersten Bern Data Science Day im April 2021, ko-organisiert vom Science IT Support, ScITS, und dem ARTORG Center for Biomedical Engineering Research, mit fast 160 teilnehmenden Nachwuchsforschenden trotz ‚online only‘, war eine grosse Motivation, BeDSI jetzt zu lancieren.
Weshalb ist die datengetriebene Forschung wichtig und sollte gefördert werden?
Tobias Hodel: Derzeit erleben wir eine immense Zunahme bei der Generierung von Daten, nicht nur in den exakten Wissenschaften und der Medizin, sondern auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Wir fangen erst richtig an zu realisieren, was wir mit den neuen Möglichkeiten des maschinellen Lernens alles erforschen können. Gleichzeitig müssen wir die Art und Weise, wie wir Daten erzeugen und interpretieren, kritisch hinterfragen. Was sind unsere expliziten oder auch impliziten Annahmen, und wie sind wir daher erkenntnistheoretisch verankert?
Raphael Sznitman: Meiner Meinung nach steht am Anfang unsere relativ neue Fähigkeit, Daten über alle Gesellschaftsschichten hinweg zu sammeln. Speziell in der Medizin ist die Möglichkeit, Individuen zu betrachten und auf Daten basierende so genannte patientenspezifische oder präzisionsmedizinische Ansätze zu entwickeln, extrem vielversprechend. Klinische Daten sind nichts weniger als der analytische Arm der Präzisionsmedizin. Das macht sie extrem spannend und genau das wollen wir am Center for Artificial Intelligence in Medicine CAIM, das mit BeDSI Hand in Hand geht, nutzen.
Am ersten Bern Data Science Day waren wir beeindruckt vom grossen Interesse unserer Nachwuchsforschenden, ihre Arbeit für andere zu öffnen. Am ARTORG freuen wir uns darauf, diesen Trend fortzusetzen, und wir haben gerade im Bereich der medizinischen Data Science viel zu bieten.
Inwiefern profitieren datenorientierte Forschungsgruppen von der Vernetzung innerhalb der Universität?
Raphael Sznitman: Ich glaube, dass wir viel voneinander lernen können, wenn wir uns über unsere Forschungsergebnisse, Ansätze, Methoden und künftigen Forschungsbereiche austauschen. Wie bei den gross angelegten Bemühungen der 1960er Jahre, Menschen auf den Mond zu bringen, bringt die Datenwissenschaft viele verschiedene Fachleute zusammen, etwa aus der Hardwareentwicklung, der theoretischen und angewandten Forschung oder auch der Ethik. Diese unterschiedlichen Perspektiven im Auge zu behalten, ist nicht nur für die persönliche Entwicklung äusserst bereichernd, sondern bietet auch einen Kontext für unser tägliches Arbeiten. Zentral ist dabei natürlich, dass alle dieselbe «Sprache» sprechen und miteinander kommunizieren können. Hierfür gibt es keinen besseren Ausgangspunkt als ein gemeinsames Netzwerk.