Das Buch «Balancing the Commons in Switzerland – Institutional Transformations and Sustainable Innovations» basiert auf einem vom Schweizerischen Nationalfonds SNF finanzierten Forschungsprojekt, das den Wandel der sogenannten Institutionen des Ressourcenmanagements von Wald- und Weidegebieten in Kollektiveigentum zum Thema hat. Diese Gebiete werden im Englischen Commons genannt. In fünf Kantonen – Uri, Graubünden, Obwalden, Wallis und Tessin – wurde untersucht, wie sich seit Mitte des 18. Jahrhundert die Nutzung und der Unterhalt von Wald- und Weideressourcen in kollektivem Eigentum von Bürgergemeinden und Korporationen gewandelt haben. Am interdisziplinären Projekt waren Forschende der Universitäten Bern und Lausanne aus Geographie, Geschichte, Politikwissenschaften, Ökonomie und Sozialanthropologie beteiligt.
Balance zwischen ökonomischem Druck und staatlicher Agrarpolitik
Die Ergebnisse zeigen, dass sich einerseits seit der beginnenden Industrialisierung der Wert von Wald- und Agrarprodukten verminderte, während andererseits eine zunehmend staatlich diktierte Subventionspolitik umgesetzt wurde. Aufgezeigt wird auch, wie die Kollektiveigentümerinnen und Kollektiveigentümer eine Balance zwischen diesem ökonomischen Druck und der staatlichen Agrarpolitik finden konnten.
Das Thema ist von hoher internationaler Relevanz, weshalb das Buch in englischer Sprache verfasst wurde. Die internationale Bedeutsamkeit des Kollektivressourcenmanagments in der Schweiz ergibt sich daraus, dass sie als «Paradebeispiel für Nachhaltigkeit» hinsichtlich der umweltverträglichen Nutzung von natürlichen Ressourcen gelten. Dies insbesondere seit der Verleihung des Nobelpreises an die amerikanische Politologin Elinor Ostrom für ihr 1990 veröffentlichtes Werk zur Bedeutung der Commons und ihrer Institutionen.
30 Jahre nach Ostroms Arbeit zeigt «Balancing the Commons in Switzerland» auf, wie in diversen Regionen der Schweiz weiterhin eine nachhaltige Wirtschaft von Bürgergemeinden und Korporationen betrieben wird. Deren Ausgestaltung fällt jedoch sehr unterschiedlich aus, was mit dem von Ostrom wenig untersuchten Aspekt der Macht der kollektiven Körperschaften gegenüber Staat, Kanton und Gemeinden zu tun hat.
Interdisziplinäre Betrachtung des Wandels
Das Buch macht deutlich, dass historische, geographisch-anthropologische und politwissenschaftliche Dimensionen analysiert werden müssen, um die unterschiedlichen Veränderungen des ökonomischen Wandels in den Regionen zu verstehen. Der Wille, die Kollektivressourcen weiterhin zu unterhalten, obwohl der ökonomische Nutzen seit der Industrialisierung massiv reduziert wurde, wird auch von der territorialen Identität der Kollektiveigentümerinnen und Kollektiveigentümer bestimmt – sowie von ihren machtspezifischen Positionen gegenüber den politischen Gemeinden, den Kantonen und dem Bund. Diese Identität hängt unter anderem mit der nicht immer wohlwollenden Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und dem politischen Kontext auf diesen drei politischen Ebenen zusammen. Diese beeinflussen auch die Art und Weise, wie robust oder anfällig diese Körperschaften gegenüber dem externen Wandel sind.