Die Schau zeichnet aus historischer Perspektive nach, wie sich der exotisierende Blick auf das Andere herausbildete und welche Klassifizierungen damit einhergingen. Nichts ist schliesslich von sich aus «exotisch»: Das Exotische ist das Produkt von Darstellungen und Interpretationen, die Dingen und Menschen einen Platz in einem bestimmten geschichtlichen und politischen Kontext zuweisen.
Der idealisierten Lesart des 18. Jahrhunderts stellen die Kuratorinnen Noémie Étienne, Claire Brizon und Chonja Lee sowie der wissenschaftliche Mitarbeiter und Projektkoordinator Étienne Wismer eine komplexere Sicht auf eine Zeit entgegen, die wissenschaftlich und künstlerisch hoch innovativ war, aber auch eine erste wirtschaftliche Globalisierung mit sich brachte. Kolonialismus, Macht, Geschlecht, Rasse und Wirtschaft sind deshalb Schwerpunktthemen.
Schweizer Kolonialerbe – Spuren und Leerstellen
Schweizerinnen und Schweizer unterhielten bereits im 18. Jahrhundert enge und vielschichtige Beziehungen in fernen Ländern. Händler, Söldner, Kunstschaffende und Forschungsreisende brachten Objekte in die Heimat und prägten Bilder des Anderen in ihren Reiseberichten. Zwar unterhielt die alte Eidgenossenschaft keine Kolonien, doch waren Schweizer sehr wohl in Kolonialprojekte eingebunden. So der Berner Franz Ludwig Michel (1675–1720), der in Virginia Explorationen zur Gründung einer Schweizer Kolonie durchführte und in seinem Reisebuch die indigene Bevölkerung zeichnete. Sein Landsmann Christoff von Graffenried (1661–1743) gründete schliesslich die Kolonie New Bern in North Carolina für die britische Krone.