Politik und Sport – Sport in der Politik, eine Auslegeordnung
Roger Federer, Lara Gut oder Fabian Cancellara – gerne erfreuen wir uns an den Leistungen von Schweizer Sportcracks. Aber wie werden unsere Spitzensportler und Nachwuchssportlerinnen von der Politik gefördert? Dies wurde am Netzwerkanlass von ipwalumni und Alumni Sportwissenschaft der Universität Bern diskutiert. «uniaktuell» war dabei.
Hat der Spitzensport auf der politischen Bühne einen festen Bestandteil? Und was unternehmen Politikerinnen und Politiker, um sowohl jungen als auch etablierten Sportlerinnen und Sportlern unter die Arme zu greifen? Der Netzwerkanlass von ipwalumni (Alumni-Organisation des Instituts für Politikwissenschaft) und der Alumni Sportwissenschaft der Universität Bern beleuchtete diese wichtigen Fragen aus verschiedenen Perspektiven.
Breiten- vs. Spitzensport in der Schweizer Sportpolitik
Der Kuppelraum im Hauptgebäude der Universität Bern war gut gefüllt, als David Zumbach von der Firma Grünenfelder Zumbach Sozialforschung und Beratung mit dem «Warm-up» begann. Er legte im Inputreferat aus politikwissenschaftlicher Sicht dar, wie gross der Stellenwert der Sportpolitik im Vergleich zu anderen Politikfeldern auf Bundesebene ist. Er zeigte anhand von Parteiprogrammen sowie der Anzahl von politischen Vorstössen und Parlamentsdebatten, dass das Thema zwar in den Köpfen von Politikerinnen und Politikern vorhanden ist, es sich dabei aber zumeist um Vorlagen zu Breiten- und nicht Spitzensport handelt.
Die üblichen Verdächtigen
Zwar werden sportpolitische Vorstösse laut Zumbach von allen Parteien und vielen unterschiedlichen politischen Vertreterinnen und Vertretern lanciert, trotzdem wiederholen sich die Namen der immer selben Vorstossautoren. Unter den üblichen Verdächtigen seien Politikerinnen und Politiker, die selbst in Sportvereinen aktiv oder gar in der Sportbranche tätig waren oder noch sind.
Ein Fazit zog der Politikwissenschaftler zum Schluss des Referats nicht: Die Entscheidung, wie ausführlich Parteiprogramme zu Sportthemen sein sollten und wie viele politische Vorstösse und Ratsdebatten um Sportthemen in der Schweizer Politik genügend sind – insbesondere im Vergleich zu denjenigen zu Kulturthemen –, überliess der Referent dem Publikum.
Woher stammt das Geld?
Nach Zumbachs Referat diskutierten in einem Podiumsgespräch Matthias Remund (Direktor Bundesamt für Sport Baspo), Dominique Gisin (Abfahrts-Olympiasiegerin, Delegierte der Stiftung Schweizer Sporthilfe), Andrea Zryd (Sportlehrerin, Diplomtrainerin, Grossrätin SP) und Michael Schmid (Ruderer, amtierender Europameister, Vizeweltmeister 2018) über die Rolle des Spitzensports in der Schweizer Politik. Es dominierte die Frage nach dem Geld. Dass in der Schweiz nur ein Drittel der Spitzensportlerinnen und -sportler von ihrer Tätigkeit leben könnten, sei im Vergleich zu den Nachbarländern ein zu tiefer Anteil. Ski-Olympiasiegerin Gisin und Ruderer Schmid zeigten auf, woher die Einnahmen von Spitzensportlerinnen und Spitzensportler stammen – sie werden auch von Steuerzahlenden unterstützt. Doch wie viel soll der Spitzensport die Steuerzahlenden kosten?
Der Spitzensport als Armutsfalle?
Michael Schmid sprach aus eigener Erfahrung, als er sagte: «Viele Förderungsmassnahmen fördern den Athleten, nicht die Person». Deshalb sei es um so wichtiger, einen Partner zu finden, der Sportlerinnen und Sportler auch nach dem Karriereende unterstützt. Dass sich dies je nach Sportart und Region schwierig gestaltet, erklärte Andrea Zryd: «Der Kanton Bern ist bei der Spitzensportförderung sehr knausrig». Auch Olympiasiegerin Dominique Gisin sieht die Verantwortung für die finanzielle Unterstützung bis zur Altersvorsorge bei den Verbänden und der Politik: diese müssten Lösungen finden. «Es kann doch nicht sein, dass Ex-Sportlerinnen und Sportler zu Sozialfällen werden», appellierte Zryd.
Stellenwert von Sport in der Politik: Eine Generationenfrage?
Die Fragen aus dem Publikum nach dem Podiumsgespräch verdeutlichten die unterschiedlichen Haltungen zur Spitzensportförderung von Jung und Alt: Letztere lobten die Fortschritte in der Spitzensportförderung in den letzten 20 Jahren, während junge Sportlerinnen wie Andrea Zryd und Dominique Gisin auf das Hinterherhinken der Schweiz im Bereich der Spitzensportförderung im Vergleich mit dem Ausland verwiesen. Dass sich in den letzten Jahrzehnten allerdings nicht nur die Spitzensportförderung entwickelt hat, sondern auch der Spitzensport, illustrierte Michael Schmid: «Ich trainiere heute 17 Mal pro Woche im Vergleich zu ehemaligen Athletinnen und Athleten aus derselben Sportart, die nur zehn Mal pro Woche trainierten».
Für die Mitglieder von ipwalumni und und Alumni Sportwissenschaft bot die Diskussion viel Denkstoff. Wie Spitzenathletinnen und -athleten besser unterstützt werden können, damit die Schweiz auch in Zukunft mit der internationalen Konkurrenz mithalten kann, wurde beim von Alumni UniBE gesponserten Apéro erörtert. Der Austausch von Vertreterinnen aus den Bereichen Sport und Politik ist geglückt, auch wenn die Zukunft der Sportpolitik ungewiss ist.
ALUMNI UNIBE
Im Auftrag der Universitätsleitung fördert Alumni UniBE die Vernetzung der Ehemaligen und deren Verbundenheit mit der Universität Bern. In diesem Kontext veranstaltet Alumni UniBE unter anderem Anlässe, und die Mitglieder profitieren auch von diversen anderen Angeboten und Vergünstigungen.
Zur Autorin
Lea Muntwyler ist Hochschulpraktikantin in der Abteilung Kommunikation & Marketing an der Universität Bern.