CHEOPS ist bereit für den Transport zum Weltraumbahnhof

Der Start des Berner Weltraumteleskops CHEOPS ist für das letzte Quartal 2019 vorgesehen. «Im Juli haben wir in Madrid bei Airbus die letzten Tests am Instrument durchgeführt», sagt Projektmanager Christopher Broeg. Jetzt ist CHEOPS bereit für den Transport von Madrid zum Weltraumbahnhof Kourou auf Französisch-Guayana. Von dort wird CHEOPS die Reise ins All antreten.

PlanetS: Eigentlich waren die Arbeiten am Weltraumteleskop CHEOPS schon vor Monaten abgeschlossen und der Satellit wurde bei Airbus in Madrid eingemottet. Kürzlich ist das CHEOPS-Team aber nochmals nach Madrid gereist. Wozu?

Dr. Christopher Broeg: Wir haben nochmals ein paar Tests gemacht, wie das nach dem Ausmotten eines Satelliten üblich ist. Unter anderem haben wir einen letzten Test durchgeführt, bei dem Licht auf den Detektor traf. Dazu gab es vorne auf dem Deckel ein kleines Loch mit einer Glasscheibe. Wir wollten sicherstellen, dass keine zusätzlichen Staubkörner und keine weiteren «Bad Pixels» hinzugekommen sind, also Pixel, die zu hell oder zu dunkel sind. Wir haben uns das aktuelle Bild angeschaut und mit der letzten Aufnahme verglichen, die vor neun Monaten gemacht wurde: Es sieht genau gleich aus. Es ist also alles bestens.

Bei Airbus in Madrid (v.l.n.r.): Thomas Beck (Universität Bern), Daniel Matter (Ruag Space/ADS Spanien), Roland Ottensamer (Universität Wien), Christopher Broeg (Universität Bern).
Bei Airbus in Madrid (v.l.n.r.): Thomas Beck (Universität Bern), Daniel Matter (Ruag Space/ADS Spanien), Roland Ottensamer (Universität Wien), Christopher Broeg (Universität Bern). © Airbus Defence and Space, Spain
Bleibt das Loch im Deckel bestehen?

Nein. Wenn wir fliegen, muss es geschlossen sein, da wir im Orbit als erstes Dunkelaufnahmen machen wollen. Deshalb haben wir das Loch inzwischen bereits zugeklebt, denn in Kourou ist es immer schwierig, noch etwas zu machen.

Gibt es weitere Aufgaben zu erledigen?

Als wir Madrid verliessen, mussten die Airbus-Leute noch einiges aufseiten des Raumschiffs montieren, und prüfen, ob die Antennen ordentlich angeschlossen sind, damit die Verbindung von Sender und Empfänger richtig funktioniert. Aufseiten des Instruments gibt es jetzt nichts mehr zu tun, es ist bereit für den Transport nach Kourou. Der Satellit wird in einen Container verpackt und mit einem Flugzeug nach Kourou geflogen. Dort bleibt allerdings eine allerletzte Sache am Instrument zu erledigen. Eine kleine Öffnung hinter den Solarpanels muss geschlossen werden, die man für das sogenannte Purging braucht: Damit sich kein Staub im Instrument absetzt, flutet man mit einer gewissen Rate hochreinem Stickstoff durch. Das muss auch in Kourou gemacht werden, wo man den Satelliten ohne schützende Plastikfolie mit dem Kran hochhebt. Erst wenn alles fixfertig ist, kann man den Schlauch für die Stickstoffzufuhr entfernen und den Deckel draufschrauben.

Wird das Berner Team bei diesem letzten Handgriff dabei sein?

Zurzeit ist dies nicht geplant. Wir haben den Airbus-Leuten gezeigt, was sie machen müssen. Von nun an ist alles in Airbus-Händen bis 5 Tage nach dem Start, wenn wir mit der Inbetriebnahme des Instruments, dem sogenannten Commissioning beginnen, das 2 Monate dauern wird.

Die Raumsonde CHEOPS hat ihren letzten Test, bei dem Licht auf den Detektor traf, bestanden. Anschliessend wurde das kleine Fenster in der Teleskopabdeckung versiegelt.
Die Raumsonde CHEOPS hat ihren letzten Test, bei dem Licht auf den Detektor traf, bestanden. Anschliessend wurde das kleine Fenster in der Teleskopabdeckung versiegelt. © Airbus Defence and Space, Spain
Werden Sie gleich merken, ob alles in Ordnung ist?

Ob etwas grundsätzlich schiefläuft, weiss man schon beim ersten Einschalten. Am Anfang machen wird während 2 bis 3 Wochen Dunkelbilder, bevor wir den Deckel öffnen. Ob etwas an der Elektronik kaputt gegangen ist, sieht man da sofort. Denn auch wenn kein Licht einfällt und der Dunkelstrom sehr gering ist, bekommt man Elektronen, die man mit der Elektronik zählen kann.

Das Hauptrisiko ist: Geht der Deckel auf. Zwar wurde dieser Mechanismus vielfach getestet und auch schon beim Weltraumteleskop COROT verwendet, wir werden aber trotzdem nervös sein. So richtig spannend wird es dann, wenn man das erste Mal einen Stern sieht. Einen kaputten Spiegel würde man wahrscheinlich zuvor nicht bemerken und auch erst dann zeigt sich, ob unsere Fokuseinstellung richtig ist. Idealerweise würde sich der Stern als verwaschenes Ding abzeichnen, denn das Instrument ist leicht unscharf eingestellt, da wir nur helle Sterne beobachten wollen und die Belichtungszeit sonst zu kurz wäre. Im Labor konnten wir zwar Weltraumbedingungen wie Schwerelosigkeit (durch senkrechtes Aufhängen des Teleskops) und tiefe Temperatur simulieren, aber jeweils nur einzeln.

Was macht das CHEOPS-Team bis zum Start?

Das Bodensegment muss noch auf Vordermann gebracht werden. Es gibt ein paar Dinge im SOC, also dem CHEOPS Science Operations Center in Genf, die noch nicht wunschgemäss funktionieren. Die ganze Pipeline von der Beobachtungsplanung bis zur Datenreduktion wird durchgetestet.

In Bern beschäftigen wir uns mit dem Commissioning, das in 2 Phasen abläuft. Solange der Deckel noch geschlossen ist, werden die sogenannten Flight Operation Procedures (FOPs) von Hand eingegeben. Wir haben hier ein Modell, das die gesamte Elektronik enthält. Damit lassen wir alle Prozeduren nochmals ablaufen. Denn man kann viele Fehler machen. So kann beispielsweise die Bildrate zu hoch sein, so dass der Computer die Daten noch komprimiert, während bereits das nächste Bild eintrifft.

Im zweiten Teil des Commissionings, wenn der Deckel geöffnet ist, funktioniert alles automatisch, so wie während der normalen Missionsphase. Diese Prozeduren wurden zwar schon alle getestet, aber erst mit der Bekanntgabe des Startdatums können wir die Ziele endgültig festlegen und die Beobachtung der ausgewählten Sterne durchplanen und simulieren, um zu sehen, ob alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen.

Zur Person

Dr. Christopher Broeg ist seit 2012 CHEOPS-Projektmanager an der Universität Bern. Er studierte an der Technischen Universität München (TUM) Physik, machte seine Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in München und doktorierte 2006 an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) in Jena. Ziel seiner Dissertation war die Erarbeitung einer Vorhersage möglicher Planetenpopulationen um andere Sterne. 2007 kam er als Postdoktorand an die Universität Bern.

Kontakt:

Dr. Christopher Broeg
Center for Space and Habitability (CSH) und NCCR PlanetS
christopher.broeg@space.unibe.ch

CHEOPS – Auf der Suche nach potenziell lebensfreundlichen Planeten

Die CHEOPS-Mission ist die erste der neu geschaffenen «S-class missions» der ESA und widmet sich der Charakterisierung von Exoplaneten-Transiten. «CHEOPS» (CHaracterising ExOPlanets Satellite) wird hochpräzise Messungen von Sternen vornehmen, und kleine Veränderungen in ihrer Helligkeit beobachten, die durch den Transit eines Planeten vor dem Stern verursacht werden.

CHEOPS wurde im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der europäischen Weltraumorganisation ESA und der Schweiz entwickelt. Unter der Leitung der Universität Bern und der ESA war ein Konsortium mit mehr als hundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Ingenieurinnen und Ingenieuren aus elf europäischen Nationen während fünf Jahren am Bau des Satelliten beteiligt. Eine Sojus-Rakete wird den Forschungssatelliten zusammen mit einem grösseren italienischen Radarsatelliten auf eine Erdumlaufbahn in 700 Kilometer Höhe bringen.

CHEOPS wird zudem finanziert von der Abteilung Raumfahrt des SBFI durch das PRODEX-Programm (PROgramme de Développement d'Expériences scientifiques) der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Bei allen Instrumenten, die in der Schweiz entwickelt werden, stammen wesentliche Beiträge und/oder Teillieferungen aus der Schweizer Industrie. Das PRODEX-Programm, in dessen Rahmen wissenschaftliche Instrumente oder Teilsysteme bereitgestellt werden, verlangt eine industrielle Beteiligung und fördert so einen Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Industrie und verschafft dem Werkplatz Schweiz einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – nicht zuletzt auch dank Spill-over-Effekten auf andere Sektoren der beteiligten Unternehmen. 

Beteiligungen der Schweiz an Programmen der ESA erlauben es Schweizer Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft, sich ideal in entsprechenden Aktivitäten der ESA zu positionieren.

Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze

Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung.

Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei. In Zahlen ergibt dies eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), über 30 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und mit CHEOPS teilt die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission (Start letztes Quartal 2019).

Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.

Zur Autorin

Barbara Vonarburg ist Wissenschaftsjournalistin und arbeitet als Kommunikationsverantwortliche beim Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS, der an der Universität Bern angesiedelt ist.

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