Mit diesem Fokus auf die historischen Akteure und ihre Tätigkeiten lassen sich erstaunliche Einsichten gewinnen. Zum Beispiel, dass bürgerliche Familien in Basel um 1800 die elterliche Erziehungsarbeit auslagerten, wie Elise Voerkel von der Universität Basel in ihrem Vortrag zeigte. Die Kinder wurden teilweise in Instituten im Welschland oder bei Verwandten erzogen. Die Elternschaft wurde dadurch auf mehrere Personen inner- und ausserhalb der sogenannten Kernfamilie aufgeteilt.
Oder dass zwar die Menschen die Häuser bauten, diese aber danach das soziale Leben der Menschen mitstrukturierten, wie Anne Schillig von der Universität Luzern in ihrem Beitrag zur materiellen Kultur von Bauernhäusern in der ländlichen Schweiz verdeutlichte. Die Häuser erscheinen so selbst als historische Akteure, die das Zusammenleben einer Familie bedeutend prägten und Veränderungen nicht ohne weiteres zuliessen.
Eigensinnige Heiratslustige und bankrotte Handwerker
Auch die beiden Berner Teilprojekte ermöglichen Einblicke in die Lebenswelt der Frühen Neuzeit. Anhand von Gerichtsakten konnte Arno Haldemann beispielsweise nachweisen, dass es «heiratslüstigen» Männern und Frauen in Bern vor 1800 in mehr als der Hälfte der Fälle gelang, ihre Interessen mit «halsstarrigem Eigensinn» durchzusetzen. Das galt auch für Personen aus sozial tieferen Schichten, für die eigentlich – etwa aufgrund einer Abhängigkeit von Almosen – Ehehindernisse bestanden.
Eric Häusler richtet seinen Blick auf die sogenannten «Geltstage» in Bern im 18. und 19. Jahrhundert. Bei einem Bankrott – in Bern betraf die grösste Zahl der Konkurse Handwerker – traten die Gläubiger am «Geltstag» zusammen, um ihre Forderungen in Form einer Versteigerung einzutreiben. Der «Geltstag», so Häusler, war keine anonyme administrative Angelegenheit, sondern ein soziales Ereignis, bei dem die Grenzen zwischen privat und öffentlich nicht klar zu ziehen waren.