Erfolg für Berner Studierende an der Handelsrechts-«Olympiade»

Jedes Jahr messen sich über tausend Jus-Studierende aus aller Welt am renommierten «Vienna Moot Court» in einem fiktiven Schiedsgerichtsverfahren. Für das aktuelle sechsköpfige Team vom Zivilistischen Seminar der Universität Bern war die Teilnahme ein grosser Erfolg.

Der Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot (kurz: Vienna Moot Court) ist der weltweit grösste und renommierteste Wettbewerb für Jus-Studierende im Bereich des Zivil- und Wirtschaftsrechts. «Die Veranstaltung wird oft auch als the olympics of international trade law bezeichnet», sagt Thomas Koller, Professor im Zivilistischen Seminar und Organisator der Berner Delegation am fiktiven Schiedsgerichtsverfahren.

Nachdem bereits das letztjährige Team erfolgreich gewesen war, konnte das diesjährige Berner Team – bestehend aus Manu Ferro, Lea Gerber, Florian Jäger, Hannes Latzel, David Möckli und Simone Wittwer – erneut einen grossen Erfolg verbuchen, wie Koller sagt: «Sie haben es in der mündlichen Runde in die K.O.-Phase unter die besten 64 von 311 teilnehmenden Teams geschafft. Anschliessend gelang sogar erstmals der Sprung in die Sechzehntelfinals». Zudem wurden die beiden vom Team verfassten Rechtsschriften je mit einer «Honorable Mention» ausgezeichnet. Teammitglied David Möckli erhielt für sein Plädoyer darüber hinaus eine Auszeichnung als einer der besten «Individual Oralists». Diese Preise gehen laut Koller nur an 10 bis 12 Prozent aller Teilnehmerinnen und  Teilnehmer.

Das Vienna Moot Court Team 2015/16 der Uni Bern: (hinten v.l.n.r) Organisator Prof. Dr. Thomas Koller, Simone Wittwer, Michael Schifferli (Coach), Lea Gerber, Marius Stucki (Coach); (vorn v.l.n.r.) David Möckli, Florian Jäger, Manu Ferro, Hannes Latzel und Prof. Dr. Christoph Brunner (Coach). Foto: zvg, ZIV
Das Vienna Moot Court Team 2015/16 der Uni Bern: (hinten v.l.n.r) Organisator Prof. Dr. Thomas Koller, Simone Wittwer, Michael Schifferli (Coach), Lea Gerber, Marius Stucki (Coach); (vorn v.l.n.r.) David Möckli, Florian Jäger, Manu Ferro, Hannes Latzel und Prof. Dr. Christoph Brunner (Coach). Foto: zvg, ZIV

Englischsprachige im Vorteil

Der Weg bis nach Wien ist lang: Die vier- bis sechsköpfigen Teams erhalten rund ein halbes Jahr vor dem Wettbewerb die Materialien zu einem erfundenen Streitfall. Diese bestehen aus den einleitenden Eingaben und der Korrespondenz der Parteien mit dem fingierten Schiedsgericht sowie den vorgelegten Beweisstücken. Gestützt auf diese Unterlagen ist eine Klageschrift zu erstellen und einzureichen. Die eingegangenen Klageschriften («Memoranda for Claimant») werden dann an andere Teams verteilt, die darauf aufbauend bis Ende Januar eine Klageantwort («Memorandum for Respondent») verfassen müssen.

Im Anschluss an den Schriftenwechsel treffen sich die Teams – davon viele aus dem englischen Sprachraum – zum mündlichen Wettbewerb in Wien. Jedes Team trägt seine Argumente vor einem dreiköpfigen Schiedsgericht vor und tritt dabei zweimal als Klägerin und zweimal als Beklagte auf. Als Schiedsrichter beteiligen sich Richter, Professorinnen und Anwälte aus aller Welt, die zum grossen Teil beruflich in echten Schiedsgerichtsverfahren mitwirken. Die «Amtssprache» sowohl für die Schriftsätze als auch für die mündlichen Verhandlungen ist Englisch. «Das verschafft Teams aus dem englischen Sprachraum natürlich einen gewissen Vorteil», so Thomas Koller.

Vor «Gericht» zählt die Qualität der Plädoyers (hier ein Probe-Moot im lettischen Riga). Foto: zvg, ZIV
Vor «Gericht» zählt die Qualität der Plädoyers (hier ein Probe-Moot im lettischen Riga). Foto: zvg, ZIV

Qualität der Plädoyers ausschlaggebend

Das Schiedsgericht fällt kein Sachurteil, sondern bewertet neben dem Auftreten der Studierenden die Qualität der Plädoyers und ihre Überzeugungskraft. «Neben der Sach- und Rechtskenntnis wird besonders auf die Fähigkeit geachtet, präzise, flexibel und sachfundiert auf das Plädoyer des Gegners oder auf Zwischenfragen der Richterinnen zu reagieren und konkret zu antworten», erläutert Koller. Anhand einer Punktebewertung werden die 64 besten Teams ermittelt, die in den Finalrunden aufeinander treffen.

Das Berner Team schied im Sechzehntelfinal gegen die University of New South Wales (Australien) aus. Am Ende der Verhandlungen duellierten sich schliesslich die besten Teams in der Wiener Messehalle – heuer waren dies die Universidad de Buenos Aires und die Singapore Management University. Gewonnen hat Buenos Aires. Welchen Rang die Uni Bern genau erreicht hat, wird laut Koller übrigens erst in einigen Wochen bekannt gegeben.

Zur Person

Thomas Koller ist Professor für Privatrecht und Sozialversicherungsrecht, unter Berücksichtigung des Steuerrechts, am Zivilistischen Seminar im Departement für Privatrecht der Universität Bern. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem das UN-Kaufrecht (CISG, Wiener Kaufrecht) und das Akkreditivrecht.

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