Uni Bern beteiligt sich an europäischem Netzwerk für CO2-Forschung

Der Verbrauch von fossilen, kohlenstoffhaltigen Brennstoffen zeigt sich am Konzentrationsanstieg von Kohlendioxid (CO2). Die neu etablierte europäische Forschungs-Infrastruktur «Integrated Carbon Observation System (ICOS-ERIC)» erstellt harmonisierte, hochpräzise Daten zum besseren Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs. Die Universität Bern beteiligt sich aktiv an dieser Infrastruktur durch Messungen in der Forschungsstation Jungfraujoch.

Von Markus Leuenberger 26. November 2015

Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die treibende Kraft hinter der Klimaveränderung der Verbrauch fossiler Brennstoffe ist. Dies zeigt sich durch die Zunahme der atmosphärischen Konzentration des Treibhausgases CO2. Pro Jahr erhöht sich diese Konzentration global um zirka zwei Einheiten «ppm» (parts per million). Im Frühjahr 2015 wurde im jährlichen Mittel der Wert von 400 ppm überschritten. Jahreszeitliche Variationen, bedingt durch die Atmung der Biosphäre, überlagern diesen langfristigen Trend. Da der natürliche Austausch durch die Photosynthese/Respirationszyklen der Biosphäre in etwa zehnmal grösser ist als die heute vom Menschen verursachte Störung dieses natürlichen Kohlenstoffkreislaufs, sind äusserst präzise Messungen unabdingbar. Diese Daten sollen unter anderem zu einem besseren Verständnis der Verteilung des Treibhausgases CO2 auf die Atmosphäre, Biosphäre und den Ozean beitragen und dadurch genauere Abschätzungen für die Entwicklung des Erdklimas ermöglichen.

Grafik CO2 - Messungen
Zeitliche Veränderung von Monatsmittelwerten der nächtlichen CO<sub>2</sub>-Konzentration in Einheiten von ppm (parts per million). Die ausgezogene Linie entspricht einer harmonischen Funktion mit linearer Zunahme (gestrichelte Linie). Im Februar 2015 wurde im langfristigen Trend erstmals die 400 ppm Schwelle auf dem Jungfraujoch übertroffen. Grafik: Klima- und Umweltphysik, Universität Bern

Die Schweiz als Gründungsmitglied von ICOS-ERIC

Die Schweiz ist Gründungsmitglied des neu erstellten Europäischen Konsortiums ICOS-ERIC, an dem 9 Länder beteiligt sind. Innerhalb dieser Forschungsinfrastruktur werden hochpräzise, standardisierte Messungen an verschiedensten Standorten durchgeführt. Bereits 2011 ist die Schweiz mit dem Teilprojekt ICOS-CH in die Forschungsinfrastruktur ICOS-RI aufgenommen worden, die schliesslich in ICOS-ERIC mündete.

Die Beteiligung der Schweiz umfasst Aktivitäten an zwei Standorten: Davos als Ökosystem-Station, wo insbesondere CO2 und H2O Austauschflüsse zwischen der Biosphären und der Atmosphäre erhoben werden, und Jungfraujoch als Atmosphären-Station, wo mehrere Treibhausgas-Konzentrationsmessungen (CO2, CH4, N2O) durchgeführt werden. Die nationalen Anstrengungen werden von der ETH Zürich koordiniert mit Beteiligung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) und den Universitäten Bern und Basel.

Verbessertes Verständnis der Entwicklung des Erdklimas

Die Universität Bern trägt mehrfach zu ICOS-CH und damit zu ICOS-ERIC bei: Einerseits durch ihre Mitgliedschaft in der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat (HFSJG), welche die Forschungsinfrastruktur auf dem Jungfraujoch betreibt, andererseits durch das Engagement der Abteilung für Klima- und Umweltphysik. Die Berner Aktivitäten umfassen sowohl kombinierte, kontinuierliche CO2- und O2 (Sauerstoff)-Bestimmungen vor Ort als auch Isotopenanalysen an wöchentlichen Luftproben vom Jungfraujoch, die an der Universität Bern vorgenommen werden.  

Sphinx Observatorium, Jungfraujoch
Sphinx Observatorium, Jungfraujoch © ZVG, HFSJG / Jungfraubahnen
Bild des Lufteinlass-Systems auf dem Jungfraujoch, betrieben durch das Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologieentwicklung (EMPA).
Beheiztes Lufteinlass-System auf dem Jungfraujoch, betrieben durch das Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologieentwicklung (EMPA). Bild: HFSJG

Das Ziel dieser koordinierten, hochpräzisen Messungen ist ein verbessertes Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs, insbesondere bezüglich der Aufteilung des durch den Menschen produzierten CO2 auf die Kohlenstoffreservoire Atmosphäre, Biosphäre und Ozean. Dieses zusätzliche Wissen fliesst dann in Modelle ein, die Szenarien für die Entwicklung des Erdklimas berechnen.

Zum Autor

Prof. Dr. Markus Leuenberger ist assoziierter Professor für Experimentalphysik, insbesondere Umweltphysik, am Physikalischen Institut der Universität Bern und Direktor der Internationalen Stiftung Hochalpine Forschungsstationen Jungfraujoch und Gornergrat (HFSJG). Sein Hauptforschungsgebiet, die Paläoklimatologie, ergründet er mittels Konzentrations- und Isotopenanalysen an diversen Archiven. Die Anbindung dieser Messungen an die heutigen Verhältnisse führte ihn vor 15 Jahren dazu eine kombinierte CO2 und O2 Zeitreihe auf dem Jungfraujoch zu starten. Diese Zeitreihen sind nun Teil des Schweizer-Beitrags zu ICOS.

 

Kontakt

Prof. Dr. Markus Leuenberger
Physikalisches Institut, Klima- und Umweltphysik (KUP)
Sidlerstrasse 5
3012 Bern
Telefon Institution: +41 31 631 44 64
leuenberger@climate.unibe.ch
www.climate.unibe.ch

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