«Mehr YB-Spieler an die WM»
Das Runde muss ins Eckige: Pünktlich zum Start der WM 2014 in Brasilien beleuchtet der Berner Sportwissenschaftler Christian Moesch das Phänomen Fussball aus sportwissenschaftlicher Sicht – und verrät, welche Mannschaften seine Geheimfavoriten sind.
«uniaktuell»: Herr Moesch, dieser Stunden wird die WM 2014 in Brasilien angepfiffen. Was bedeutet dieses Grossereignis für Sie aus sportwissenschaftlicher Sicht?
Christian Moesch: Ich betrachte das Ganze aus zwei Perspektiven: Zum einen erforsche ich die langfristigen gesellschaftlichen Auswirkungen von sportlichen Grossanlässen. Die sozialen Proteste der Brasilianer im Vorfeld der WM sind da natürlich ein sehr interessantes Thema. Zum anderen interessiert mich die WM als Sportspiel-Dozent auch aus taktischer Perspektive.
Was für Trends sehen Sie denn derzeit?
Man hat festgestellt, dass es in den letzten Jahren immer weniger Tore gab an den grossen Turnieren, dass die Teams immer defensiver auftreten – die sogenannte «Mourinho-Taktik» (Anm. der Redaktion: José Mourinho ist ein erfolgreicher aber umstrittener Fussballtrainer). Die Trainer und die Teams haben nun aber zum Glück Lösungen gefunden diesen Abwärtstrend zu stoppen. Dieses Mal dürfte es wieder attraktivere, torreichere Spiele geben.
Wieder mehr Tore an der WM 2014? (Bild: Alena Giesche, AK)
Wie Fussball-begeistert sind Sie privat?
Ich würde mich als interessiert bezeichnen, stellenweise bin ich auch durchaus begeistert. Sobald ein Spiel losgeht, setze ich jedenfalls die sportwissenschaftliche Brille ab und geniesse es bei einem gemütlichen Grillabend mit Freunden. Das Schöne am Fussball ist: Er ist wie das Wetter. Jeder hat eine Meinung dazu und man kann mit jedermann und- frau darüber philosophieren.
Das klingt nach einem «Ja, aber»...
Ja, ich bin zwar interessiert am Fussball, aber ich bin auch etwas eifersüchtig auf seine teils übertriebene Dominanz beim Sponsoring, in den Medien und überhaupt in der Gesellschaft. Ich unterrichte Unihockey, Rugby, Baseball und Frisbee Ultimate. Das sind Sportarten, die ich persönlich aus taktischer Sicht mindestens so spannend finde wie Fussball.
Welche WM-Mannschaft unterstützen Sie?
Die Schweiz, ganz klar. Grundsätzlich helfe ich Teams, die mehr wagen als die anderen. Es ist schön, wenn ihr Mut belohnt wird. Der Gastgeber Brasilien ist mir derzeit etwas zu sehr «Mainstream».
Die Schweiz als WM-Geheimtipp: Szene aus einem Freundschaftsspiel gegen Argentinien im Februar 2012. (Bild: Fanny Schertzer/Wikimedia)
Wer hat die besten Chancen auf den Titel?
Die Geschichte hat gezeigt, dass die Teams des austragenden Kontinents jeweils einen gewissen Vorteil haben – also Brasilien oder Argentinien, vielleicht auch Uruguay oder Kolumbien. Lieber nicht Ecuador, die sind in der Schweizer Gruppe. Die afrikanischen und asiatischen Mannschaften dürften eher geringe Chancen haben. Daneben gilt es sicher die «üblichen Verdächtigen» aus Europa zu beachten: Spanien, Deutschland und Frankreich.
Welches sind ihre Geheimtipps? Welche Mannschaften könnten uns noch alle überraschen?
Uruguay und Belgien werden unter Wert gehandelt – und natürlich die Schweiz. Wobei, unsere Nati hat derzeit für meinen Geschmack etwas wenige YB-Spieler an Bord. (lacht)
Wenn die Spiele losgehen, setzt Christian Moesch die sportwissenschaftliche Brille ab. (Bild: zvg)