«Ich will die Dinge verstehen»
Hunderte neue Bachelorstudentinnen und -studenten strömten zum Tag des Studienbeginns in die Hallen der Universität Bern. Für manche ist das Studium der erste Schritt auf dem Weg zur Erfüllung ihres Traums.
«Wir sind bemüht, Sie gut zu betreuen und wir werden besorgt sein, dass Sie nicht verloren gehen.» Uni-Rektor Martin Täuber mahnt die Erstsemestrigen in seiner Begrüssungsrede zum Tag des Studienbeginns, ihr Studium in einem ersten Schritt gelassen anzugehen. Trotz Bologna-Druck sollten die ersten paar Wochen des Semesters auch dafür genutzt werden, sich in der Welt der Universität zurechtzufinden.
Unerlässliches Hilfsmittel hierbei ist gemäss Christoph Pappa, Generealsekretär der Universität, die Unicard: «Ohne diese Karte sind Sie ein niemand», verrät er mit einem Augenzwinkern – zumindest aus verwaltungstechnischer Sicht kann dies durchaus zutreffen.

Von der Volluniversität überzeugt
Von der Angst, verloren zu gehen, ist im Gespräch mit dem 19-jährigen David Meszes aus Bulle im Kanton Freiburg nur wenig zu spüren. Die «Starting days» anfangs September hätten ihn von der ersten Verwirrung befreien können, sagt er. Neben dem Wunsch, seine Deutschkenntnisse weiter zu perfektionieren, habe ihn vor allem die Ausrichtung Berns als Volluniversität überzeugt. Im Gegensatz zu den anderen kantonalen Universitäten beispielsweise sei das Angebot an Studienrichtungen viel grösser.
Für die Zukunft hat David Meszes bereits konkrete Vorstellungen: Sein Traum ist es, einmal als Mitglied von «Reporter ohne Grenzen» über das Leben aus fernen Ländern zu berichten. Als optimale Vorbereitung dafür sieht er seine Studienwahl Sozialanthropologie, «weil ich die Dinge auch verstehen will, über die ich berichten werde».

Von der Architektur zum Theater
«Für mich war lange Zeit klar, dass ich Architekt werden wollte», sagt Geoffrey Punter. «Schon meine Grossmutter war Architektin und ich liebte es, ihr zuzuhören, wenn sie darüber sprach.» Nächste Woche aber wird der 19-Jährige aus Locarno entgegen seinem Kindheitstraum mit dem Studium der Englischen Sprachen und Literaturen sowie Theaterwissenschaften beginnen. Eine Entscheidung, mit der sich sein Vater, ein Elektroingenieur, erst einmal habe anfreunden müssen. «Architektur wäre eher in seinem Sinne gewesen», meint Geoffrey Punter lachend. Er träumt davon, später einmal in der Welt des Theaters tätig zu sein.

Von der Ukraine nach Bern
Die 21-jährige Ukrainerin Natalia Volvach ist eine von sechs Studierenden, die sich einen Master Grant an der Universität Bern ergattern konnten. Sie wird nächste Woche den Master in deutscher Linguistik und Osteuropa-Studien beginnen. Volvach stammt aus einer Akademikerfamilie. Ihre zwei Brüder arbeiten beide als Zahnmediziner und auch sie sollte in dieses Berufsfeld einsteigen.
Natalia Volvach aber hatte andere Pläne: Schon früh entdeckte sie ihr Talent für Sprachen. Ihren Bachelor absolvierte sie als Übersetzerin von Englisch und Deutsch ins Ukrainische. «Früher hatte ich auch das Gefühl, dass dies eine Tätigkeit sein könnte, bei der sich Familie und Arbeit gut vereinbaren liessen», erzählt Volvach. «Heute sehe ich das etwas anders: Ich will mich zuerst auf meine berufliche Laufbahn konzentrieren, bevor ich mich mit dem Thema Familie beschäftige.»

«Kein Latein» kann auch ein Grund sein
Die 19-jährige Andrea Kaufmann und die 20-jährige Jacqueline Konyo haben zusammen das Gymnasium im Sursee, Luzern, besucht. Es sind eher praktische Gründe, welche die beiden Innerschweizerinnen nach Bern geführt haben: Im Gegensatz zur Universität Zürich müssen sie hier kein Latein belegen.
Während Andrea Kaufmann im Hauptfach Germanistik und im Nebenfach Volkswirtschaftslehre belegen will, hat sich Jacqueline Konyo für die Kombination von Englischen Sprachen und Literaturen sowie Medien- und Kommunikationswissenschaft entschieden. «Englisch hat mir bereits im Gymnasium Spass gemacht», sagt sie. Sie habe noch keine konkreten Berufsvorstellungen. Von ihrem Kindheitstraum, als Trapezkünstlerin im Zirkus durch die Lüfte zu fliegen, hat sie sich aber schon lange verabschiedet.

Andrea Kaufmann wiederum wollte immer Lehrerin werden. Etwas, das sie sich heute zwar immer noch vorstellen könne, sagt sie, wenn auch nicht vollberuflich. Ihr grösster Wunsch ist es, später einmal schreibend ihr Geld zu verdienen, sei es als Schriftstellerin oder als Journalistin. Doch bevor es soweit ist, freuen sich die beiden erst einmal auf ihre Zeit in Bern – es gibt noch viel zu entdecken.