Was wollte ich gleich schon wieder?

Die Vergangenheit memorieren, aber auch seine Absichten erinnern: An der «Brainweek» erklärt der Berner Psychologe Beat Meier die Funktionen des Gedächtnisses. Den Auftakt zur Woche macht das «Center for Cognition, Learning and Memory» (CCLM) mit einem Abendforum, Geräte-Parcours und einem Meet-the-Scientists-Apéro.

Von Bettina Jakob 09. März 2013

Kaum die Tür aufgeschlossen, weiss man, dass es schon wieder passiert ist: Wieder vergessen, Kaffee einzukaufen. Das klassische Exempel für das Versagen des prospektiven Gedächtnisses, wie Beat Meier vom «Center for Cognition, Learning and Memory» (CCLM) der Uni Bern erklärt. In seinem Vortrag anlässlich der «Brainweek» wird der Berner Psychologe erklären, wie der Mensch seine Absichten, wie eben einzukaufen, etwas abzuholen oder zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein, erinnert. Die «Brainweek» findet vom 11. bis am 15. März an der Uni Bern im Hauptgebäude statt.


«Brainweek»: Die Woche bietet faszinierende Einblicke in die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns. (Bild:istock)

Zwei Funktionen von Gedächtnis

Erinnern ist nicht gleich erinnern: Ruft man die schönen Ferienbilder am Meer vom letzten Jahr ab, ist die retrospektive Funktion aktiviert, erinnert man eine Absicht, etwas zu tun, kommt die prospektive Funktion, also das vorausschauende Gedächtnis zum Zug. «Interessant ist, dass beim Memorieren von Absichten zusätzlich zu involvierten Netzwerken im Temporallappen das frontale Gehirnareal stärker aktiviert ist», erläutert Meier, «wie ebenfalls beim Nachdenken über die Zukunft.»

Der Wink mit dem Zaunpfahl

Und doch rutscht immer wieder eine Absicht unters Eis. «Oftmals ist dies der Fall, wenn wir einen Hinweis nicht als Wink erkennen», so Meier. So nützt oft der Einkaufszettel in der Hosentasche nichts, wenn nicht noch ein externer Hinweis dem prospektiven Gedächtnis auf die Sprünge hilft: Geht man an einem Laden vorbei, kommt einem plötzlich wieder in den Sinn, dass man noch zum Einkaufen in die Migros wollte. Der Einkaufszettel stösst dann wiederum das retrospektive Gedächtnis an – nämlich sich zu erinnern, was man einkaufen wollte.

Laut vor sich hinsagen

Tricks, seine Absichten möglichst nicht zu vergessen, gibt es: «Je spezifischer und klarer die Absicht, desto grösser ist die Chance, sich daran zu erinnern», sagt Beat Meier. Interessanterweise hilft auch das Nachsinnen darüber, ob man sich an eine vorgenommene Handlung erinnern wird oder nicht: «Man vergisst sie rein wegen dieser gedanklichen Simulation weniger.» Aus der Motivationspsychologie stammt die «Implementations Intentions»-Technik, seine Absichten dreimal laut vor sich hin zu sagen. Oder man tut es so wie ältere Menschen, bei denen die Leistung des prospektiven Gedächtnisses langsam abnimmt: Man benutzt externe Hilfsmittel – Post-its an den Computer kleben etwa oder den Wecker stellen, um pünktlich den wichtigen Anruf zu tätigen.

Mensch lebt in Zukunft

Allem Vergessen zum Trotz – der Mensch ist stark mit seinen Absichten beschäftigt, wie Beat Meier in einem seiner Forschungsprojekte herausgefunden hat: Testpersonen sollten aufschreiben, was sie gestern getan hatten und was sie morgen tun möchten. «Die Liste über die Absichten von morgen war stets länger», so Beat Meier. Dieses Phänomen wird «Absichtsüberlegenheitseffekt» genannt und legt nahe, dass der Mensch Absichten in einer aktivierten Form im Gedächtnis verfügbar hat – bis sie erledigt sind.

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