Uni setzt sich für das Recht auf Wasser ein
Ein Dreh am Wasserhahn und das Glas ist voll: Während in den Wohlfahrtsstaaten Wasser stets verfügbar ist, haben 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser. Für das Recht auf Wasser und Nachhaltigkeit macht sich die Uni Bern stark. Sie erhält dafür das Zertifikat als «Blue University».
Die Universität Bern ist jetzt eine «Blue University»: Sie unterstützt als erste Uni der Welt eine internationale Initiative, die sich für Wasser als Menschenrecht und öffentliches Gut für alle einsetzt. Die Uni will – wie auch die Stadt Bern – möglichst auf transportiertes Wasser in Flaschen verzichten und Leitungswasser als Trinkwasser bevorzugen sowie sich für die nachhaltige Nutzung von Wasser einsetzen. Die Kanadierin Maude Barlow, internationale Befürworterin des «Rechts auf Wasser» und Trägerin des «Alternativen Nobelpreises», übergab Uni und Stadt das Zertifikat «Blue University» und «Blue Community» – und trat an einer öffentlichen Veranstaltung der Uni auf. Unter dem Titel «Recht auf Wasser – ein Eckpfeiler für die Nachhaltigkeit» stellte die Institution ihre Forschung im Zusammenhang mit Wasser vor.
Martin Täuber, Rektor der Uni Bern, Maude Barlow, Trägerin des Alternativen Nobelpreises und Berns Stadtpräsident Alexander Tschäppät mit den Zertifikaten. Bilder: Manu Friederich
Kämpferin für das Recht auf Wasser
Wasser wird weltweit immer knapper: Während sich die Weltbevölkerung in den letzten hundert Jahren verdreifachte, stieg der Verbrauch von Wasser um das Sechsfache an. «Wir betrachten Wasser als Ressource für unser Vergnügen – wenn wir einen Fluss sehen, so springen wir zum Baden rein», so die Kanadierin und mahnte zum Blick auf den ganzen Globus: Seit 1990 sind gemäss Barlow in China die Hälfte der Flüsse aufgrund übermässigen Wasserbezugs ausgetrocknet.
Die globale Nahrungsmittelproduktion mit Einsatz von Pestiziden, der Handel von Gütern – und damit indirekt mit Wasser – rund um den Erdball, die Gewinnung von Elektrizität durch Wasserkraft sowie wirtschaftliche Interessen von Regierungen und Privaten zehrten von der Ressource Wasser, verschmutzten sie, trieben Handel mit ihr. Maude Barlow stellte klar, zu welchen Zweck Wasser primär diene: «Wasser ist für das Leben, für die Ökologie und für die lokale Nahrungsmittelproduktion.» Sie hatte 2010 bei der UNO-Vollversammlung, erwirkt, Wasser als Menschenrecht und öffentliches Gut zu deklarieren.
Das Interesse war gross: Das Publikum verfolgt aufmerksam die Referate von Maude Barlow und der Uni-Referenten.
Die Verantwortung der Wohlfahrtsstaaten
Die drei Komponenten, welche das «Recht auf Wasser» definieren, erläuterte Walter Kälin, Professor für Staats- und Völkerrecht und Leiter des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschrechte an der Uni Bern. Erstens: Wasser muss verfügbar sein, die Politik muss um eine funktionierende Wasserversorgung besorgt sein. Zweitens: Dieses Wasser muss eine genügende Qualität aufweisen, damit Leben und Gesundheit der Menschen geschützt werden. Und drittens: Wasser muss für jedermann zugänglich sein, niemand darf diskriminiert werden. «Gerade in diesem Bereich wird das Menschrecht am häufigsten verletzt», so Kälin.
Wasser aus rechtlicher Sicht: Staatsrechtsprofessor Walter Kälin spricht an der UniS.
800 Millionen Menschen hätten keinen Zugang zu Trinkwasser, was die privaten Akteure ins Spiel bringe: Grosse Unternehmen handelten im grossen Stil mit Wasser, kleine Anbieter – etwa sogenannte Wasserkiosks – verkauften Trinkwasser zu horrenden Preisen an die durstige Bevölkerung. «Kleine verkaufen das Wasser der Grossen», so Kälin. Die Behörden seien verpflichtet, das Menschenrecht auf Wasser zu schützen – und gerade in diesem Sektor die Preise zu regulieren. Wohlfahrtsstaaten wie Schweiz sollten ihre Solidarität mit Staaten bekunden, die sich bemühten, ihrer Bevölkerung genügend und sauberes Wasser anzubieten. Wohlfahrtsstaaten sollen ausserdem bei der Konzeption von Entwicklungsprojekten Verantwortung übernehmen, forderte der Staatsrechtsprofessor.
Wichtig sind sozio-ökonomische Faktoren…
Wasserknappheit bezeichnete der Hydrologe als «Wasserstress». Rolf Weingartner, Direktor des Geographischen Instituts der Uni Bern, unterscheidet zwischen physikalischem und ökonomischem Wasserstress. Teile Indiens, Nordafrika und Nepal etwa weisen aufgrund ihrer Lage in semi-ariden bis ariden Gebieten nur ein geringes Wasservorkommen auf. Wer in diesen Klimazonen über der Verfügbarkeit an Wasser lebe – wie etwa Libyen mit 780 Prozent –, greife die Grundwasservorkommen an, sagte Weingartner. Ökonomischer Wasserstress tritt vor allem in den Ländern der tropischen Klimazonen Akfrikas auf, wo zwar genügend Wasser vorhanden ist, dieses aber durch mangelhaftes Wassermanagement nicht allen zugänglich gemacht wird. Der Hydrologe entlarvt hier fehlende Governanz und Steuerungssysteme als Hauptursachen von Wasserkrisen.
Erläuterte verschiedene Faktoren, wie Wasserstress entsteht: Hydrologe Rolf Weingartner.
Weingartner strich wie Maude Barlow die Problematik des Handels mit echtem, aber auch virtuellem Wasser hervor, welches zur Herstellung von Gütern gebraucht wird und mit diesen schliesslich rund um den Globus geschickt wird. «Wasser wird exportiert, gehandelt und ebenfalls als politisches Druckmittel eingesetzt», so Weingartner. Er erachtet gerade die sozio-ökonomischen Faktoren als sehr wichtig in der Diskussion um die nachhaltige Nutzung von Wasser.
… und der Kontext eines Problems
Urs Wiesmann, Professor für Nachhaltige Regionalentwicklung, betonte die «kontextuelle Lösungssuche». So stecke das Problem stets woanders: Für Kleinbauern in Kenia in funktionstüchtigen Wassertanks, bei Slumbewohnern in sanitären Anlagen, im Agro-Business in der Technologie für die Bewässerungsanlagen.
Mit diesem «grossen Ganzen» für eine nachhaltige Wassernutzung will sich die Uni Bern gemäss Bruno Moretti, Vizerektor Lehre, verbinden und «mit Lehre, Forschung sowie im täglichen Betrieb einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten».
Peter Wyss (links) und Kilian Bühlmann stellen die Massnahmen der Uni Bern für einen nachhaltige Wassernutzung vor (siehe Kasten).