Einen Gang hochschalten
Strassenlärm belastet viele Menschen, wäre jedoch mindestens teilweise vermeidbar, wenn Fahrzeuglenker ihre Fahrweise anpassten. Was getan werden kann, um ein solches – freiwilliges – Verhalten zu fördern, untersuchen Berner Forscherinnen.
Motoren brummen und heulen auf, Bremsen quietschen. Wer an einer Strasse wohnt oder arbeitet, kennt das breite Lärmspektrum des Strassenverkehrs. Lärm, der nicht nur ärgerlich ist, sondern mitunter auch schädlich: «Lärm kann nachweislich die Gesundheit beeinträchtigen, etwa in Form von Stress, Schlafproblemen oder einer Erhöhung des Herzinfarktrisikos», sagt Stephanie Moser am Vortrag im Kolloquium Allgemeine Ökologie.
Während bereits verschiedene Massnahmen eingesetzt werden, um den Lärm zu bekämpfen, so etwa bestimmte Grenzwerte, leise Strassenbeläge oder eine günstige Raumplanung, sucht die Psychologin in ihrem aktuellen Projekt nach neuen Wegen: Sie will bei den Verursachern selber ansetzen.
Mit Eco-Drive schalten Autolenker schnellstmöglich in einen höheren Gang und vermindern so den Motorenlärm. (Bild: Eco-Drive)
Nur noch halb so viel Lärm
Was kann denn die einzelne Motorradfahrerin, der Autofahrer tun? Die Forschenden der Interfakultären Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) setzen beim Fahrstil an: «Uns interessiert besonders Eco-Drive», erklärt Oberassistentin Stephanie Moser. Und dies funktioniert so: Der Lenker beschleunigt zügig, fährt im höchstmöglichen Gang, vorausschauend und gleichmässig. Bei einer Drehzahl des Motors von höchstens 2000U/min schaltet er einen Gang höher, in tiefere Gänge dagegen möglichst spät.
Dadurch wird nicht nur bis zu 15 Prozent Treibstoff eingespart, auch die Emission von Schadstoffen sinkt. Weniger Fahrstress, weniger Unfälle und weniger Kosten für die Wartung zählen zu den Vorteilen, und nicht zuletzt: Der wahrgenommene Motorenlärm wird bis um die Hälfte reduziert.
Das Umfeld entscheidet mit
Der Weg von einer «sorglosen Lärmproduktion», wie es Moser nennt, zur bewussten – und freiwilligen – Lärmvermeidung mit Eco-Drive ist lang und voller Hindernisse. Der Prozess umfasst gemäss den Berner Forschenden vier Phasen. In einer ersten Phase muss das Ziel gefasst werden, Lärm zu vermeiden. Anschliessend wird eine zielführende Handlung – also Eco-Drive – gewählt und in einem dritten Schritt umgesetzt. Die stetige und korrekte Anwendung dieser Fahrweise bildet die letzte Phase.
«Wichtige Faktoren in diesen Phasen sind die persönliche Motivation, zum Beispiel ein schlechtes Gewissen, aber auch die wahrgenommene soziale Norm, also die Einstellung des Umfelds», erklärt die Psychologin. Unterstützend wirken ein erhöhtes Problembewusstsein und, insbesondere für die konsequente Umsetzung, die Handlungskontrolle: «Die Lenkerinnen und Lenker sollen sich mit Eco-Drive auseinandersetzen, ihre Fahrweise immer wieder überprüfen und wenn nötig verbessern.»
Die grosse Mehrheit der Fahrzeuglenkerinnen steht Eco-Drive zwar positiv gegenüber, fährt aber nicht so. (Bild: istock)
Keine konsequente Anwendung
Probleme stellen sich vor allem bei der konstanten Anwendung von Eco-Drive, wie eine Befragung des Forscherteams zeigt. «Über 80 Prozent der Fahrzeuglenker stehen Eco-Drive positiv gegenüber und über 60 Prozent haben es auch schon einmal umgesetzt. Sie fahren aber nicht konsequent so. Da müssen wir ansetzen», sagt Moser. Vorschläge, wie das freiwillige Fahren mit Eco-Drive gefördert werden kann, haben die Forschenden in einem Workshop mit Experten, darunter Fahrlehrerinnen, Umweltpsychologen und Verkehrsplanerinnen, ausgearbeitet.
Die Lenkerinnen sollen stets daran erinnert werden, Eco-Drive zu fahren, etwa durch einen Kleber bei der Drehzahlanzeige oder Hinweise an Ampeln. Mit einer Eco-Drive-App wird die Selbstüberwachung angeregt. «Es ist auch wichtig, zu wissen, was man verbessern könnte. Denkbar wären zum Beispiel ein Feedback durch das Navi oder eine Anzeige im Armaturenbrett», erklärt Forschungsassistentin Maja Fischer. Auch das Umfeld soll einbezogen werden: Die positive Aussage eines Vorgesetzten oder die Schulung im Arbeits-Team – verbunden etwa mit einem Wettbewerb – sehen die Forscherinnen als hilfreich an.
Wie wirksam sind die Massnahmen?
Bisher sind diese Überlegungen noch weitgehend Theorie. In Vorbereitung ist aber eine weitere Studie für die zweite Jahreshälfte, die den Abschluss des Projekts, das vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) unterstützt wird, bildet: In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Ludwigshafen überprüfen die Forschenden, wie wirksam die vorgeschlagenen Massnahmen zur Aneignung und Aufrechterhaltung von Eco-Drive sind. Und inwieweit Eco-Drive tatsächlich zu einer Reduktion von Strassenlärm beiträgt.