Die Universität ist für die Zukunft gerüstet

Am diesjährigen Dies academicus waren sich Unileitung und Regierungsrat einig: Die Universität Bern leistet mit begrenzten Mitteln viel und ist als dynamische Volluniversität mit erfolgreichen Forschungsschwerpunkten gut aufgestellt, um mit internen und externen Partnern die grossen Probleme unserer Zeit anzugehen.

Von Salomé Zimmermann 07. Dezember 2013

Leidenschaftliche Reden, die stolze Entgegennahme von Ehrungen, begeistertes Musizieren und Singen: Dies war der Dies academicus 2013.

«Im Zentrum, vielmehr im Ursprung aller Entwicklungen und neuer Möglichkeiten stehen die Universitäten», machte Bernhard Pulver in seiner Ansprache klar. Der Regierungsrat und Erziehungsdirektor des Kantons Bern verdeutlichte: «Deshalb tut der Kanton gut daran, eine Universität zu haben und diese gut zu unterstützen.» Damit sind auch die knappen Finanzen des Kantons Bern angesprochen. Die Aufwendungen Berns für die Universität liegen 10 Prozent unter dem schweizerischen Durchschnitt. Darum verzichteten Regierungs- und Grosser Rat laut Pulver auf weitere Sparmassnahmen bei der Berner Alma mater. «Die Berner Politik steht hinter der Uni», so die erfreute Schlussfolgerung des Erziehungsdirektors.

Uni als Erfolgsfaktor für den Kanton

Zu Recht, wie Pulver sagte, wenn man sehe, was die Universität mit wenigen Mitteln erreicht habe: Beispielsweise die hohe Attraktivität für Studierende, die sich in 3000 Studentinnen und Studenten mehr als noch für fünf Jahren wiederspiegle. Oder die hervorragende Forschung, was sich unter anderem darin zeige, dass es bei der laufenden Ausschreibung der Nationalen Forschungsschwerpunkte drei von zehn Berner Projekten in die Endausscheidung geschafft haben.


«Die Berner Politik steht hinter der Uni», stellte Erziehungsdirektor Bernhard Pulver erfreut fest. (Bild: Manu Friederich)

Der Erziehungsdirektor sprach sich zudem ausdrücklich für die Volluniversität aus. Es gebe politische Stimmen, die auf vermeintlich unwichtige Fächer, sogenannte «Orchideenfächer» verzichten wollten. «Wahrscheinlich sollten die Orchideen durch die massentauglicheren Geranien ersetzt werden», so Pulver. Aber: Streichungen bedeuteten nicht unbedingt Einsparungen, und zudem würde Bern ins Abseits geraten, denn die Zukunft der Hochschulen liege in der Interdisziplinarität. Zum Schluss hob er hervor, dass «unsere erfolgreiche und dynamische Universität ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Kanton Bern, aber auch für den Forschungsplatz Schweiz ist».

Neue Strategie und wirkungsvolle Positionierung

Ein wichtiger Meilenstein im vergangenen Jahr war die Erarbeitung der neuen Strategie, wie Rektor Martin Täuber erläuterte. «Mit der Strategie 2021 soll die Entwicklung unserer Universität weiter unterstützt werden, um sie möglichst sichtbar und wirkungsvoll zu positionieren», so Täuber. Das sei nötig, denn im verschärften Wettbewerb bemühten sich die Bildungsinstitutionen um die gleichen Forschungsmittel, die gleichen Studierenden, die selben Forschenden und bemühten sich, von derselben Öffentlichkeit und Politik vorteilhaft wahrgenommen zu werden.

Die Strategie zeigt laut Täuber auf, wo die Stärken der Universität liegen und wo sie sich verstärkt engagieren will: Die Uni bleibe einerseits eine Volluniversität, andererseits solle die fächerübergreifende Forschung zu fünf Themenschwerpunkten zur Lösung von zentralen Problemen unserer Zeit beitragen. Die fünf Themenschwerpunkte sind: Nachhaltigkeit, Gesundheit und Medizin, Materie und Universum, Interkulturelles Wissen sowie Politik und Verwaltung. «Nur die verschiedenen sich ergänzenden Wissenschaftsgebiete zusammen können optimal auf die komplexen Probleme unserer Welt reagieren», so Täuber. Auch die Lehre und die Nachwuchsförderung, etwa bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, hätten für die Universität Bern strategische Priorität.


Rektor Martin Täuber will mit der Strategie 2021 die Universität wirkungsvoll positionieren. (Bild: Manu Friederich)

Fortlaufende Verbesserung

Die Universität sei dem Kanton dankbar für die Unterstützung im Rahmen seiner Möglichkeiten. «Aber wir müssen uns mehr Mühe geben als unsere besser alimentierten Konkurrenten», stellte der Rektor klar. Es brauche neben dem äusseren Antrieb auch einen inneren, und dies sei der Anspruch, sich fortlaufend zu verbessern und aus den sich verändernden Bedingungen das Beste zu machen. Dies gelinge der Universität gut, führte der Rektor aus, und verwies unter anderem auf die zwei Nationalen Forschungsschwerpunkte «Klima» und «Nord-Süd», die nun nach zwölf Jahren ausgelaufen sind und in Forschungszentren fortgeführt werden. Sowohl in der Klimaforschung wie auch in der Erforschung der Globalisierungs-Auswirkungen sei die Universität Bern führend und weltweit vernetzt.

Der Rektor hofft, dass eines oder mehrere der drei Berner Projekte, die in der Schlussauswahl für neue Nationale Forschungsschwerpunkte stehen, zugesprochen werden. Er zeigte sich auch erfreut über die erfolgreich eingeworbenen Drittmittel und über die Kooperationen mit anderen Hochschulen und Partnern aus dem privaten Sektor. 

Veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung der Chemie

Die Entwicklungen in der Chemie und ihr Einfluss auf andere Fachrichtungen standen im Zentrum der Rede von Christian Leumann, Chemiker und Vizerektor Forschung. Er führte aus, dass sich in den letzten Jahren der Fokus von der mikroskopischen Beschreibung von Stoffen auf die makroskopische Charakterisierung von Materialien verschoben habe. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die zunehmende Technologisierung. So könnten heute beispielweise durch den Einsatz von Laborrobotik Tausende von möglichen Wirkstoffen in parallelen Reaktionen vollautomatisiert hergestellt werden. Der Vizerektor hob auch die veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung und Bedeutung der Chemie hervor: Noch im letzten Jahrhundert erregten spektakuläre Unfälle wie bei Schweizerhalle die Gemüter. Heute befasst sich die «Green Chemistry» mit Umweltverträglichkeit, mit der Minimierung von Risiken sowie der schonenden Nutzung von Rohstoffen.


«Die Chemie stimmt», so Vizerektor Christian Leumann in seiner akademischen Rede. (Bild: Pascal Lauener)

«Die Chemie stimmt»

«Die Einsicht, dass die Chemie nicht eine teuflische menschliche Erfindung ist, sondern in erster Linie eine Wissenschaft, die natürlich stattfindende Prozesse zu erklären und zum Wohlsein der Menschheit zu nutzen versucht, scheint wieder zu wachsen», sagte Christian Leumann. Die Chemie der  Universität Bern sei intern und extern zu einem interessanten Partner geworden: So etwa die Medizinalchemie für den Berner Nationalen Forschungsschwerpunkt «TransCure», der sich mit einer neuen Generation von pharmazeutischen Wirkstoffen befasst. Oder die Biochemie für die Berner Weltraumforschung, die nach ausserirdischem Leben sucht. Die Chemie sei aber auch eine wichtige Knowhow-Lieferantin für die von der Eidgenossenschaft vorangetriebene Energieforschung. «Wenn es uns gelingt, auch in der Zukunft gute finanzielle Rahmenbedingungen zu wahren, dann wage ich für Bern zu behaupten: Die Chemie stimmt».   

Forderung nach entfristeten Stellen und weniger Hierarchie

Anna Minta, Kunsthistorikerin und Vorstandsmitglied der Mittelbauvereinigung der Universität Bern (MVUB) wies in ihrer Rede auf die schwierige Vereinbarkeit einer wissenschaftlichen Karriere mit einer Familie hin – gerade für Frauen. Hohe Mobilität sowie ständige Publikations- und Vortragstätigkeiten seien für den Aufbau eines wirkungsvollen Netzwerks unabdingbar und gerade diese Aspekte «sind mit den Ansprüchen einer Familie kaum zu vereinbaren». Dazu kämen  Planungsunsicherheiten und hohe Hürden bis zum Ordinariat, so dass vielversprechende Akademiker und vor allem auch Akademikerinnen ihre wissenschaftliche Karriere abbrechen würden. Wie vom Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat (SWTR) empfohlen, forderte Minta daher für den akademischen Nachwuchs die Einrichtung von langfristigen und ent-fristeten Stellen unterhalb der Professur. So könnten auch Personen im Wissenschaftssystem behalten werden, die für Lehre und Forschung eine besondere Begabung hätten, aber aus verschiedenen Gründen kein Ordinariat anstrebten.


Kunsthistorikerin Anna Minta forderte eine bessere Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Familie. (Bild Pascal Lauener)

Da der Mittelbau im Hochschulbetrieb – trotz gestiegener Verwaltungsaufgaben – einen gewaltigen Anteil an der Lehre und Forschung leiste, müsse er auch im Hochschulbetrieb stärker mitbestimmen können und beispielsweise bei Strategie-Entwicklungen einbezogen werden. «Die Mittelbauvereinigung legt grössten Wert auf die universitäre Kultur als Wissenschaftsgemeinschaft – ich betone: Gemeinschaft», sagte Minta und plädierte für eine Ent-Hierarchisierung der Strukturen.

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