Der Brückenbauer zwischen Ost und West
Er sucht den Zugang zu fremden Kulturen. Urs Gösken setzt sich mit dem Bild des Westens im Iran auseinander. Zur «Nacht der Forschung» am 23. September porträtiert «uniaktuell» Forschende der Uni Bern in loser Folge.
Herr Gösken, worüber forschen Sie im Augenblick?
Meine gerade abgegebene Dissertation handelt von den Tendenzen der Westwahrnehmung bei iranischen Intellektuellen. Diese Auseinandersetzungen mit dem Westen unterscheiden sich im Iran trotz ähnlicher Ausgangslage erheblich von denjenigen, wie sie in anderen islamischen Gebieten stattfinden. Der Ursache für dieses spezifische Bild des Westens gehe ich in meiner Arbeit nach. Als Grundlage dienen mir die philosophischen Werke von Gelehrten wie Motahhari, die auch im Umfeld von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini wirkten. Am Institut bin ich für die Lehre der persischen Sprache und Literatur zuständig.
Er bringt dem Westen den Iran näher: Islamwissenschaftler Urs Gösken. (Bild: wem)
Wieso haben Sie dieses Forschungsfeld gewählt?
Ich habe die Schriften von Motahhari und Sorusch gelesen und dabei ist mir die Frage, von welchem West-Bild die beiden ausgehen, förmlich ins Auge gesprungen. Zur Islamwissenschaft im Allgemeinen kam ich im Gymnasium durch die Wahl von Arabisch als Freifach. Als der Kurs aufhörte, habe ich autodidaktisch weitergemacht.
Was gab den Ausschlag, Wissenschaftler werden zu wollen?
Für mich stand stets die persönliche Neugier im Vordergrund. Die wissenschaftliche Karriere bietet eher einen guten Rahmen, um diese zu befriedigen – sie läuft sozusagen nebenher.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit an der Uni?
Den Austausch mit den Kollegen und den Studierenden. Wenn sie einen komplexen Sachverhalt verstehen oder sie den Biss haben, ein schwieriges Thema anzupacken, dann freue ich mich sehr.
Wo stehen Sie in zehn Jahren?
Dies ist eine schwierige Frage! Bisher habe ich keinen Lebensplan entworfen, daher will ich weiter auf dem momentanen Weg gehen. Im Verlauf des Weges werde ich schon erkennen, was mir gefällt und woran ich noch gar nicht gedacht hatte.
Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von Ihrer Forschung?
Dies kommt auf die Gesellschaft darauf an, die sie sein will. Mit meiner Arbeit versuche ich fremde Kulturen zu erschliessen. Dies könnte beispielsweise zur wichtigen Einsicht führen, dass das, was für uns im Westen grundlegend ist, nicht zwangsläufig auch für andere Zivilisationen dasselbe sein muss.
Zur Person
Urs Gösken ist Assistent für Iranistik am Institut für Islamwissenschaft und Neuere Orientalische Philologie.
Nacht der Forschung
Bei archäologischen Ausgrabungen mit anpacken oder beim Poker Klimagott spielen – Ausprobieren heisst es am 23. September 2011 an der schweizweit einzigen «Nacht der Forschung» an der Universität Bern. Über 100 Forschende aus allen Fachrichtungen suchen an rund 50 Ständen mit spannenden Präsentationen den Dialog mit der Gesellschaft. Die Nacht der Forschung findet rund ums Hauptgebäude der Universität statt. Ein breites kulinarisches Angebot mit Essständen und Bars sowie kulturelle Intermezzi runden das Programm ab.