Er beschleunigt die Krebsforschung

Aus dem Labor in die Medizin: Physiker Saverio Braccini will künftig Teilchenbeschleuniger einsetzen, um Krebs nachweisen und bekämpfen zu können. Zur «Nacht der Forschung» am 23. September porträtiert «uniaktuell» Forschende der Uni Bern in loser Folge.

Interview: Maximiliano Wepfer 09. September 2011

«uniaktuell»: Herr Braccini, worüber forschen Sie im Augenblick?
Saverio Braccini: Über die medizinischen Anwendungen der Teilchenphysik. Teilchenbeschleuniger, wie sie beispielsweise vom CERN in Genf bekannt sind, werden mittlerweile auch in vielen Bereichen der modernen Medizin eingesetzt. Unser Hauptziel am Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP) ist nun, mit Hilfe eines Kreisbeschleunigers (Cyclotrons) Isotope für Computertomographien in der Krebsforschung herzustellen. Weiter möchten wir Tumore bekämpfen, indem wir sie mit Protonen bestrahlen.


Er setzt Teilchenbeschleuniger ein, um Krebs zu bekämpfen: Physiker Saverio Braccini. (Bild: wem)

Wieso haben Sie dieses Forschungsfeld gewählt?
Vor der jetzigen Tätigkeit arbeitete ich im CERN für das Projekt ATLAS, dem weltgrössten Teilchendetektor. Diese Grundlagenforschung ist zwar schön und nützlich, ich kam mir aber wie ein kleiner Backstein innerhalb der Petrus-Kathedrale vor – ich wollte mich mehr der praktischen Anwendung zuwenden. Als dann die Gelegenheit für das aktuelle Projekt kam, packte ich sie beim Schopf und habe die Wahl seitdem nie bereut. Hier entwickle ich Werkzeuge, um den menschlichen Körper zu untersuchen und zu heilen.

Was gab den Ausschlag, Wissenschaftler werden zu wollen?
Die Naturwissenschaften faszinierten mich schon seit der Kindheit – ich demontierte auch schon mal ein Radiogerät, um zu sehen, wie es funktioniert. Im Gymnasium hatte ich einen sehr guten Physiklehrer, der die Klasse auch ins Labor mitnahm. Die Schule ist wichtig, um den Fokus auf die Naturwissenschaften zu lenken: Wenn sich Schülerinnen und Schüler in diesen Fächern nicht wohl fühlen, werden sie eine andere Studienrichtung einschlagen.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit an der Uni?
Am LHEP arbeiten Forschende aus elf Ländern – dieser Nationalitätenmix ist anregend für die tägliche Arbeit. Trotzdem bleibt die menschliche Dimension erhalten, das schätze ich sehr.

Wo stehen Sie in zehn Jahren?
Als Wissenschaftler will ich mich mit meiner Expertise im neuen Cyclotron-Labor, dessen Aufbau ich die vergangenen fünf Jahre geleitet habe, einbringen und dieses auf ein sehr gutes Niveau mit anheben. Als Person will ich ein guter Vater und Ehemann für meine Frau und meine Kinder sein.

Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von Ihrer Forschung?
Physik ist gleichzeitig schön und nützlich. Wir hoffen, unsere Ergebnisse innerhalb eines Jahres in der Medizin anwenden und die hergestellten Isotope zum Wohle der Patientinnen und Patienten für die Diagnose und Heilung von Krebs einsetzen zu können.

Zur Person

Saverio Braccini ist Forscher am Laboratorium für Hochenergiephysik (LHEP) des Albert Einstein Center for Fundamental Physics (AEC).

Nacht der Forschung

Bei archäologischen Ausgrabungen mit anpacken oder beim Poker Klimagott spielen – Ausprobieren heisst es am 23. September 2011 an der schweizweit einzigen «Nacht der Forschung» an der Universität Bern. Über 100 Forschende aus allen Fachrichtungen suchen an rund 50 Ständen mit spannenden Präsentationen den Dialog mit der Gesellschaft. Die Nacht der Forschung findet rund ums Hauptgebäude der Universität statt. Ein breites kulinarisches Angebot mit Essständen und Bars sowie kulturelle Intermezzi runden das Programm ab.

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