Wie Unrecht wieder gut gemacht wird

Ein Deutscher in Bern forscht über Südafrika: Sozialanthropologe Olaf Zenker beobachtet die Landrückerstattungen an Schwarze. «uniaktuell» stellt in loser Serie Forschende der Uni Bern vor – bis zur «Nacht der Forschung» am 23. September.

Interview: Bettina Jakob 23. August 2011

«uniaktuell»: Herr Zenker, worüber forschen Sie im Augenblick?
Olaf Zenker: Über die laufenden Landrückerstattungen in Südafrika. Ich analysiere, wie der Staat versucht, das historische Unrecht des ehemaligen Apartheid-Staates wieder gut zu machen. Es sind rund 80’000 Sammelklagen von schwarzen Menschen hängig, welche im Rahmen des Kolonialismus flächendeckend enteignet wurden. Ein Grossteil der schwarzen Südafrikanerinnen und Südafrikaner hat im Zuge der rassistischen Gesetzgebung ihre Rechte an Land verloren. Ich beobachte aus sozialanthropologischer Sicht, wie das Landgericht mit diesem Problem umgeht, und zeichne auf, was die ehemaligen Landbesitzer in diesem Prozess tun und sagen.


Er blickt von Bern nach Südafrika: Sozialanthropologe Olaf Zenker. (Bild: bj)

Wieso haben Sie dieses Forschungsfeld gewählt?
Ich komme ursprünglich aus Südafrika, ein Teil meiner Familie lebt dort. Das war auch die Motivation, Sozialanthropologie zu studieren – und im Speziellen natürlich ein Forschungsthema über Südafrika zu wählen. Ich reise jedes Jahr für ein paar Monate ans Kap der guten Hoffnung.

Was gab den Ausschlag, Wissenschaftler werden zu wollen?
Ich leide wohl an der Akademikerkrankheit (lacht): Die Welt ist komplex, und die Forschung erlaubt es mir, tief in diese Prozesse hineinzublicken, nachzufragen bis man Grundlegendes erkennt. Daraus Schlüsse zu ziehen, diese in eine wissenschaftliche Diskussion einzubringen und hoffentlich ein Verständnis für die Probleme und Herausforderungen unserer Welt zu erhalten, fasziniert mich sehr. Als Sozialanthropologe hat man ausserdem vielfältige Aufgaben: In der Feldforschung etwa befindet man sich oftmals an einem entlegenen Ort der Welt und man muss angemessen auf die Menschen zu gehen, damit sie einen an ihrem Leben teilhaben lassen.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit an der Uni?
Der interessante Fokus an unserem Institut, der vielfältige Gebiete wie etwa Politik und Rechtsanthropologie einschliesst. In meiner persönlichen Arbeit gefällt mir die Verbindung von Forschung und Lehre. Ausserdem bietet die Uni Bern eine sehr gute Infrastruktur und beste Arbeitsbedingungen mit einigermassen wenig Administration.

Wo stehen Sie in zehn Jahren?
Womöglich bin ich dann nicht mehr in Bern tätig – aber hoffentlich Professor an einer Universität in einem deutschsprachigen Gebiet.

Welcher Nutzen hat die Gesellschaft von Ihrer Forschung?
Die Sozialanthropologie kann anhand von Fallstudien viele Aspekte einer Gesellschaft praktisch abbilden und diese dadurch verständlich machen. Im Fall der Landrückerstattungen in Südafrika kann dokumentiert werden, wie ein ehemals zentralistischer Staat heute versucht, westliche Werte wie Menschenrechte und Gleichheit umzusetzen.

Zur Person

Olaf Zenker ist Forscher am Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern.

Nacht der Forschung

Bei archäologischen Ausgrabungen mit anpacken oder beim Poker Klimagott spielen – Ausprobieren heisst es am 23. September 2011 an der schweizweit einzigen «Nacht der Forschung» an der Universität Bern. Über 100 Forschende aus allen Fachrichtungen suchen an rund 50 Ständen mit spannenden Präsentationen den Dialog mit der Gesellschaft. Die Nacht der Forschung findet rund ums Hauptgebäude der Universität statt. Ein breites kulinarisches Angebot mit Essständen und Bars sowie kulturelle Intermezzi runden das Programm ab.