Die Neugier macht sie zur Forscherin
Prinzessin schien ihr zu langweilig und so wurde Leena Schmitter Historikerin. «uniaktuell» stellt in loser Serie Forschende der Uni Bern vor – bis zur «Nacht der Forschung» am 23. September.
«uniaktuell»: Frau Schmitter, worüber forschen Sie im Augenblick?
Leena Schmitter: Ich bereite die Geschichte der neuen Frauenbewegung am Beispiel der Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs auf. Mich interessiert, welchen Einfluss die Frauenbewegung auf die politische Gesetzgebung hatte – und zwar von 1971, als die erste Initiative lanciert worden ist, bis im Jahr 2002, als die Fristenregelung kam. Ich versuche nachzuzeichnen, wie sich nicht-institutionelle Gruppen wie etwa die Frauenbefreiungsbewegung in die Politik eingeklinkt haben, und was deren Ziel war: Es ging nämlich nicht ausschliesslich um die Kontrolle über die eigene Fortpflanzung, sondern um eine grössere Sache – um die Situation der Frauen in der Gesellschaft ganz im Allgemeinen.
Wieso haben Sie dieses Forschungsfeld gewählt?
Weil Geschlechterverhältnisse und kulturelle Ordnungen mich interessieren, besonders dort, wo die klaren Zuordnungen verwischen oder zu bröckeln beginnen.
Was gab den Ausschlag, Wissenschaftlerin werden zu wollen?
Ich habe das nicht eigentlich bewusst entschieden, aber im Nachhinein ist es die logische Konsequenz: Ich bin neugierig und habe viele Fragen. Als Kind habe ich bald erkannt, dass Traumberuf Prinzessin wohl langweilig würde, und der Wunsch, Schauspielerin zu werden, wohl wenig gehaltvoll sei. Während dem Studium von Geschichte, Soziologie und Gender Studies hat es mir voll den Ärmel reingezogen – und nun geht es vertieft weiter mit einer Dissertation.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit an der Uni?
Die Überschaubarkeit – Bern ist klein, man trifft immer und überall wieder Forschungskolleginnen und -kollegen und kann bestens Freuden und Leiden teilen.
Wo stehen Sie in zehn Jahren?
Schwierige Frage! Ich bin doch Historikerin und schaue eher zurück in die Vergangenheit.
Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von Ihrer Forschung?
Historisches Wissen kann der Gesellschaft verständlich machen, wie sich Ordnungen oder Stereotypen gebildet haben. Geschichte scheint vergangen, aber sie ist in der heutigen Welt dennoch lebendig und dadurch politisch und gesellschaftlich relevant. Wir Historikerinnen und Historiker versuchen, die nötigen Übersetzungsleistungen zu machen.
Zur Person
Leena Schmitter ist Doktorandin am Historischen Institut und Graduiertenkolleg «Gender: Prescripts and Transcripts», Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZFG).
Nacht der Forschung
Bei archäologischen Ausgrabungen mit anpacken oder beim Poker Klimagott spielen – Ausprobieren heisst es am 23. September 2011 an der schweizweit einzigen «Nacht der Forschung» an der Universität Bern. Über 100 Forschende aus allen Fachrichtungen suchen an rund 50 Ständen mit spannenden Präsentationen den Dialog mit der Gesellschaft. Die Nacht der Forschung findet rund ums Hauptgebäude der Universität statt. Ein breites kulinarisches Angebot mit Essständen und Bars sowie kulturelle Intermezzi runden das Programm ab.