Ein Mann für die Menschenrechte
Verletzungen des Völkerrechts sollen bestraft werden. Christian Sager will helfen, Rechtslücken zu schliessen. «uniaktuell» stellt in loser Serie Forschende der Uni Bern vor – bis zur «Nacht der Forschung» am 23. September.
«uniaktuell»: Herr Sager, worüber forschen Sie im Augenblick?
Christian Sager: Ich arbeite im Bereich des Völkerstrafrechts. Sozusagen in der Schnittmenge von Völkerrecht und Strafrecht – es geht darum, wie Individuen für die Verletzung von Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen werden können. Persönlich forsche ich zu den Kriegsverbrechen im Bürgerkrieg. Oft können Massnahmen gegen einzelne Kriegsverbrecher im Rahmen der bestehenden Regeln nur beschränkt durchgesetzt werden, da die Rechtslage noch nicht hinreichend klar geworden ist. Früher konnten über das Völkerrecht nur Staaten für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht werden.
Kriegsverbrechen sollen klarer sanktioniert werden können: Völkerstrafrechtler Christian Sager. (Bild:bj)
Wieso haben Sie dieses Forschungsfeld gewählt?
Das ist eine lange Geschichte, die mit dem Jugoslawien-Konflikt ihren Anfang nahm: Ich war damals 15-jährig und konnte nicht verstehen, dass schwere Verletzungen der Menschenrechte einfach so geschehen konnten, ohne sanktioniert zu werden.
Was gab den Ausschlag, Wissenschaftler werden zu wollen?
Während dem Studium habe ich schnell gemerkt: Es gibt viel zu tun! Das Völkerstrafrecht ist eine relativ junge Disziplin. Herkömmliche Strafrechtsdogmatik – etwa die deutsche oder die angloamerikanische – muss zusammengeführt werden, damit eine solide Grundlage für die Praxis gebildet werden kann. An dieser Aufgabe will ich mitarbeiten, sie hat mich durch das Studium und über die Dissertation in die Forschung geführt.
Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit an der Uni Bern?
In den Rechtswissenschaften ist die Uni Bern top, sie beherbergt auch die einzige Deutschschweizer Professur im Völkerstrafrecht. Ideal erscheint mir auch die Grösse der Fakultät – nicht zu gross, um zu formalisiert zu sein und nicht zu klein, so dass eine Spezialisierung gut möglich ist.
Wo stehen Sie in zehn Jahren?
Ich kann mir Vieles vorstellen: Ich gehe bald für ein Forschungsjahr nach Cambridge, aber nach einiger Zeit in der Wissenschaft möchte ich danach auch einmal in der Praxis tätig sein. Ich kann mir gut vorstellen, dereinst die Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst des EDA zu machen.
Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von Ihrer Forschung?
Meine Hoffnung ist, dass meine Arbeit dazu beiträgt, Rechtslücken zu schliessen, damit Völkerrechtsverbrechen nicht mehr ungestraft bleiben.
Zur Person
Christian Sager ist Forscher am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern.
Nacht der Forschung
Bei archäologischen Ausgrabungen mit anpacken oder beim Poker Klimagott spielen – Ausprobieren heisst es am 23. September 2011 an der schweizweit einzigen «Nacht der Forschung» an der Universität Bern. Über 100 Forschende aus allen Fachrichtungen suchen an rund 50 Ständen mit spannenden Präsentationen den Dialog mit der Gesellschaft. Die Nacht der Forschung findet rund ums Hauptgebäude der Universität statt. Ein breites kulinarisches Angebot mit Essständen und Bars sowie kulturelle Intermezzi runden das Programm ab.