Wissenschaft sucht nach Wegen aus der Krise

Mit einer Konferenz gegen die Krise: Die weltweite Vereinigung der Verwaltungswissenschafter tagte an der Universität Bern. Der Höhepunkt des viertägigen Anlasses des Kompetenzzentrums für Public Management war ein Empfang mit Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss im Bundeshaus.

Von Maximiliano Wepfer 09. April 2010

Die Finanzkrise warf einige Fragen auf – die Diskussion über neue Vorschriften für die Führung und Überwachung von Unternehmen rückte in den Fokus der Öffentlichkeit. Zusammen mit dieser so genannten Corporate Governance geriet auch das Verhalten des Verwaltungsrats (VR) einiger Firmen und Banken ins Kreuzfeuer der Kritik. Welche Anforderungen die VR-Mitglieder nun erfüllen sollen, und ob und wie der Bund diesen Bereich regulieren könnte – dies waren die Themen der Podiumsdiskussion, die das Institut für Bankrecht der Uni Bern im Rahmen der diesjährigen Schweizerischen Bankrechtstagung organisierte.

«Gute Corporate Governance beginnt beim Verwaltungsrat», hielt Susan Emmenegger, Direktorin des Instituts für Bankrecht, fest. Sie stellte mögliche Massnahmen zur Regulierung vor. Diese reichten von Frauenquoten – von den rund 1'100 Sitzen in Bank-Verwaltungsräten sind bloss 86 mit Frauen besetzt – bis zu einer Begrenzung der VR-Mandate. Auch seien Assessments durch die eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) denkbar, um über die Eignung von Verwaltungsräten zu entscheiden, statt wie bis anhin allein aufgrund der eingereichten Lebensläufe und Zeugnisse. «Theoretisch müsste dann der ganze Verwaltungsrat zum Assessment antraben, denn er muss als ganzes Gremium für seine Aufgabe qualifiziert sein», gab Emmenegger jedoch zu bedenken.

Nationalratssaal
Reto Steiner eröffnete den Festakt im Nationalratssaal. Bilder: zvg

Pascale Bruderer Wyss will Weltparlament

Auch für Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss ist klar, dass die tief verwurzelten Probleme der Krise nach wie vor nicht gelöst seien. Die höchste Schweizerin betonte in ihrem Festvortrag die Wichtigkeit eines globalen Monitoring-Systems, mit welchem künftig möglicherweise eine Krise voraus zu sehen sei. Als wegweisend für den Aufbau eines solchen Systems erachtet sie die parlamentarische Diplomatie, wie Bruderer vor der versammelten Akademikergilde sagte. Ein Weltparlament könnte beispielweise eine «internationale Kollaboration erleichtern». Dieses könnte aus der «Inter-Parliamentary Union» IPU, der Organisation der Parlamente von 147 Ländern, hervor gehen.

Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss
Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer Wyss hob die Wichtigkeit der Parlamente hervor.

Die EU als «wirkliche» Krise

Der Berner Politikwissenschaftler Wolf Linder schätzt den Lerneffekt aus der Krise nicht als besonders gross ein – denn striktere Regulierungen seien nicht in Sicht: «Die Frage ist nicht, ob es eine nächste Krise gibt, sondern wann.» Dass die Schweiz vergleichsweise weniger stark von der Finanzkrise betroffen sei, sei aber nicht einem «intelligenteren politischen Krisenmanagement der Regierung» zu verdanken, sondern vielmehr etwa der Flexibilität der innovativen KMU oder des stabilen politischen Systems. Die direkte Demokratie und der Föderalismus hätten die Schweiz im Lot gehalten. «Die wirkliche Krise für die Schweiz ist nicht die Finanzkrise, sondern die ungelöste Beziehungsfrage mit der EU», so Linders Einschätzung.

Eine «Task Force» gründen

Es sei an der öffentlichen Verwaltung, Krisen wahrzunehmen und daraus zu lernen. Das sagte Kuno Schedler von der Universität St. Gallen, Gründer des International Public Management Networks, in seinem Referat. Für ihn ist klar: «Der Staat, der gewisse Garantien für systemrelevante Industrien leistet, hat im Gegenzug das legitime Recht, die Risiken zu minimieren.» Er befürwortet eine «Task Force» aus Public Managern, Experten und Politikern, die sämtliche Sektoren der Wirtschaft auf ihre Systemrelevanz überprüfe.