Top-Nachwuchsforscher wechselt ans Oeschger-Zentrum
Der Paläoökologe Oliver Heiri erhält vom Europäischen Forschungsrat einen Förderbeitrag von zwei Millionen Franken – und zieht von der Universität Utrecht nach Bern: Am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung baut er eine neue Forschungsgruppe auf.
Wer als junger Forscher den Europäischen Forschungsrat (ERC) von einem Projekt überzeugen will, braucht vor allem eines: grundlegend neue Ideen. Genau dies hatte der Biologe und Paläoökologe Oliver Heiri zu bieten. Er wurde vom ERC mit einem prestigeträchtigen «Starting Grant» für exzellente Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet. Nun wird er über fünf Jahre mit insgesamt zwei Millionen Franken unterstützt und baut am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung eine neue Forschungsgruppe auf. Bis vor kurzem war Oliver Heiri an der Universität Utrecht in den Niederlanden tätig. Zum Transfer nach Bern bewogen hat ihn das wissenschaftlich hochstehende Umfeld am Oeschger-Zentrum. «Die Zusammenarbeit mit Spezialisten in verschiedenen Bereichen bringt mein Projekt einen grossen Schritt weiter – das hat die ERC-Verantwortlichen davon überzeugt, dem Wechsel an eine andere Uni zuzustimmen.»
Oliver Heiri befasst sich seit Jahren mit der Rekonstruktion der Klimavergangenheit anhand von Seesedimenten. Er untersucht fossile Chironomiden (Zuckmücken). Genauer: die chitinhaltigen Köpfe der Mückenlarven. Die Zuckmücken sind bekannte Umweltindikatoren, denn je nach Temperatur und Qualität des Wassers sind jeweils andere Arten besonders verbreitet. Ein Umstand, den sich die Klimaforschung zu Nutze macht. Durch die mikroskopische Untersuchung der verschiedenen Sedimentschichten lässt sich bestimmen, zu welcher Zeit welche Mücken am meisten verbreitet waren. Aus diesen Informationen können vergangene Sommertemperaturen rekonstruiert werden.

Isotope an fossilen Skeletten messen
So weit die klassische Vorgehensweise. Doch der innovative Nachwuchsforscher Heiri geht neue Wege: Er bestimmt nicht einfach die unterschiedlichen Chironomiden-Arten, sondern führt chemische Untersuchungen an den fossilen Skeletten durch. «Unser neuer Ansatz besteht darin, Isotope direkt in den Skelettteilen zu messen», erklärt Oliver Heiri. Interessant sind diese Messungen vor allem, weil sich so indirekt Informationen über den Methanhaushalt von Seen in der Vergangenheit gewinnen lassen. Seen sind wichtige Quellen des Treibhausgases Methan und die Rekonstruktion ihrer sich verändernden Aktivität für die Klimaforschung von grosser Bedeutung.

Die Isotopenmessung hat sich in der Klimarekonstruktion seit langem als wichtige Methode bewährt. Zum Einsatz kam sie zum Beispiel bei der Untersuchung von Eisbohrkernen. Aus in Eis eingeschlossenen Luftblasen können über diesen Umweg vergangene Temperaturen ermittelt werden. Weltweit führend sind dabei Forscher der Abteilung Klima- und Umweltphysik am Physikalischen Institut der Universität Bern, einem Teil des Oeschger-Zentrums. Anhand von Eiskernen aus der Antarktis haben die Klimaphysiker Temperaturen und CO2- und Methan-Konzentrationen der vergangenen 800'000 Jahre rekonstruiert.
Oeschger-Zentrum zieht Spitzenforschung an
Oliver Heiri hat sich nicht zuletzt wegen dieser Expertise dafür entschieden, sein ERC-Projekt an der Universität Bern anzusiedeln. «Die Erfahrungen in Bern mit diesen Messungen aus der Eisbohrkernanalyse werden unsere eigene Messmethode verbessern und hoffentlich auf eine ganz neue Ebene bringen.» Der vor kurzem aus Utrecht zugezogene Forscher – er hat übrigens bereits in Bern doktoriert und setzte seine wissenschaftliche Karriere danach in Norwegen und den Niederlanden fort – arbeitet am Institut für Pflanzenwissenschaften. Zurzeit baut er seine Gruppe mit zwei Doktoranden und einem PostDoc auf, und noch diesen Sommer startet die Feldarbeit mit Sedimentbohrungen in Seen in Schweden, Finnland und der Schweiz. Danach folgt das Kernstück des Projekts: Die Rekonstruktion des Methanhaushalts im Rotsee bei Luzern für die Zeit zwischen 15'000 und 11'000 Jahren vor heute. Dieser Zeitraum entspricht dem Ende der Eiszeit und ist eine für das Verständnis des Klimawandels besonders interessante Phase.
Kontaktangaben
Dr. Oliver Heiri, Institut für Pflanzenwissenschaften, Tel. +41 (0)31 631 51 95, Oliver.heiri@ips.unibe.ch