Rauchfrei per SMS

Berner Forschende greifen auf moderne Technologien zurück: Per SMS wollen die Psychologen den Raucherinnen und Rauchern helfen, mit der Qualmerei aufzuhören. Sie versuchen ausserdem die Fallen, die sich den Aussteigewilligen stellen, besser zu verstehen, um Hilfsprogramme noch wirksamer zu gestalten.

Von Bettina Jakob 16. August 2010

Es ist ein unscheinbares Alkaloid eines Nachtschattengewächses, welches zur lästigen Sucht verführt – das Nikotin der Tabakpflanze. Rund ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer gaben in einer eidgenössischen Umfrage im letzten Jahr an, zu rauchen. Sich der schädlichen Wirkung eines regelmässigen Konsums bewusst, deklarierte die Hälfte der Befragten gleichzeitig, noch im gleichen Jahr mit der Qualmerei aufhören zu wollen. «Studien zeigen, dass viele Raucherinnen und Raucher versuchen, alleine von den Zigaretten loszukommen», sagt Monica Bachmann, Psychologin an der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Uni Bern. Dementsprechend erforschen die Berner Wissenschaftler die Effektivität von Rauchstopp-Massnahmen, und versuchen, diese mit neuen Daten zu verbessern. Neueste laufende Berner Studie, die vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt wird: Rauchfrei mit SMS in 30 Tagen.

Nahaufnahme einer Person, die an einer Zigarette zieht
Weg vom der Nikotinabhängigkeit – mit Hilfe des Handys. Bild: istock

Täglich drei SMS beantworten

Innert 30 Tagen – Was nach einer klassischen Werbung klingt, gründet auf dem transtheoretischen Modell. Dieses teilt eine beabsichtigte Verhaltensänderung von der Idee bis zur Realisation in verschiedene Phasen ein: «Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass Personen, die nach ihrer Selbsteinschätzung innert 30 Tagen zu rauchen aufhören wollen, auch tatsächlich die Bereitschaft haben, diese Absicht durchzuziehen», erklärt Monica Bachmann die Grundlage ihrer Studie.

Die Teilnehmenden erhalten auf der Anmelde-Internetseite den Ablauf erklärt: Zunächst erfolgt ein Test, ob ihr Handy systemtauglich ist. Dann melden sie sich gratis an, die persönlichen Angaben werden anonymisiert. Nach dem Ausfüllen eines ausführlichen Fragebogens erhalten sie in der Folge täglich drei SMS, die sie zu ihrem Wohlbefinden, ihrem Rauchverhalten und ihrer Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören, befragen. Sind die Studienteilnehmenden schliesslich bereit, die Raucherei endgültig zu stoppen, können sie diesen Schritt per SMS oder Mail auslösen.

Der Notfall-Link

Die Phase zwei beginnt – die Zeit des Nichtrauchens. Die frischgebackenen Exraucherinnen und Exraucher müssen während 30 Tagen etwa folgende SMS-Fragen beantworten: «Wie stark ist Ihr Verlangen zu rauchen? Wie fühlen Sie sich und welche Aktivität führen Sie gerade aus?» Die Psychologen haben auch einen Notfall-Link eingebaut. Für den Fall, dass jemand rückfällig wird oder unablässig nach einem Glimmstengel giert, sind speziell dafür Fragen abrufbar. Nach einem Monat, drei Monaten und einem halben Jahr erhalten die Studienteilnehmenden einen Fragebogen, der sie über ihr Befinden und ihren Erfolg befragt.

Teilnehmen können alle Personen zwischen 20 und 40 Jahren, die seit mindestens einem Jahr täglich mehr als 10 Zigaretten rauchen – und die wirklich mit dem Rauchen aufhören wollen. Die SMS-Kosten werden vergütet, eine zusätzliche Entschädigung wird nach Beenden der Studie ausbezahlt.

Prompte Antworten liefern unverfälschte Daten

Rauchfrei per SMS – steigt die Wissenschaft nun auf den Alles-übers-Handy-Trend auf? Sicherlich ist es laut Psychologin Bachmann eine Möglichkeit, über die neuen Technologien gerade auch junge Leute zu erreichen. Doch ihre Methode hat noch einen anderen Hintergrund: «Kann man Studienteilnehmende dreimal täglich zu ihrem Befinden befragen, werden die Daten weniger verfälscht.» Denn fragt man Personen zeitlich verzögert – zum Beispiel erst ein paar Tage später – nach ihren Gedanken und Handlungen, werden diese in der Erinnerung oftmals verzerrt. «Durch die Promptheit der Handy-Messages erhoffen wir uns, der Wirklichkeit eines Zustandes näher zu kommen», so die Berner Psychologin.

So soll auch das Ziel der Studie erreicht werden, nämlich «die Versuchungssituationen für Rückfälle und die Strategien, diese zu bewältigen, genauer kennenzulernen». Und daraus sollen zündende Selbsthilfe-Programme entstehen, welche die Zigaretten für immer auslöschen.

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