Christmas wie im Mittelalter

Uralt, aber alles andere als verstaubt: Das mittelalterliche Weihnachtsspiel der Studierenden vom Institut für englische Sprachen und Literaturen verspricht Humor – jedenfalls dem, der Englisch spricht.

Von Bettina Jakob 17. Dezember 2010

Die Weihnachtsgeschichte im besonderen Zeitraffer: Studentinnen und Studenten des Instituts für englische Sprachen und Literaturen inszenieren dieser Tage, was vor 2000 Jahren geschah und wie dies vor rund 600 Jahren dargestellt wurde. In einem Masterseminar haben 16 Studierende die Inszenierung von drei Szenen aus mittelenglischen geistlichen Spielen aus dem 15. Jahrhundert vorbereitet. Die Vorführungen finden im Historischen Museum in englischer Sprache statt. «Auf Neuenglisch», wie Anglistik-Professorin Annette Kern-Stähler präzisiert. Sie hat das Projekt mit Nicole Nyffenegger, Kathrin Reist und Eva Graedel aufgezogen. «Lediglich drei Schauspieler werden – um den Zuschauern einen Eindruck vom Klang dieser Sprachform zu geben – Mittelenglisch sprechen.»


Weihnächtlich und humorvoll: Das Mysterienspiel der Berner Anglistik-Studierenden. (Bilder: zvg)

Schauspiel in den Strassen

Das religiöse Drama war im mittelalterlichen England weit verbreitet: Die sogenannten Mysterienspiele, «The Cycle Plays», wurden in den Strassen der Städte auf mobilen Bühnen aufgeführt – ursprünglich zu Fronleichnam. Die ersten Mysterienspiele fanden 1376 statt. Die Zyklen, von denen vier bekannte überliefert sind, beinhalten Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, von der Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht. Sie tragen jeweils den Namen des Aufführungsortes, und so dienten den Berner Studierenden etwa «The York Plays» als eine Text-Grundlage für ihr Weihnachtsspiel.

Historisches Museum als Kulisse

«A Medieval Christmas» wird als Stationstheater präsentiert – typisch für mittelalterliche Inszenierungen: «Die Zuschauer werden von Posten zu Posten geführt», erklärt die Anglistik-Professorin. Das Historische Museum sei mit seinen mittelalterlichen Artefakten «eine wunderbare Spielstätte». Die Portalfiguren und einzelne Skulpturen können sogar ins Stück «eingebaut» werden. Vier Szenen à je zehn Minuten stehen auf dem Programm.


Für die Aufführungen im Historischen Museum wird fleissig geprobt.

Spöttisch und frech

Mittelenglische Texte, originalgetreue Kostüme («die wir freundlicherweise von den Kolleginnen und Kollegen aus der Archäologie erhalten haben», so Kern-Stähler), historische Skulpturen: Was leicht verstaubt klingt, wird’s nicht sein, wie die Projektleiterin verspricht. «Auffallend ist der Wechsel von Ernst und Humor, oft in Form von Spott und derben Witzen.» Und sie illustriert dies mit einem Beispiel aus den alten Dramen: Maria bittet Joseph auf ihrer Reise nach Bethlehem, Kirschen für sie zu pflücken. Der greise Josef bemüht sich vergebens, an die hoch hängenden Früchte zu kommen, verliert schliesslich die Geduld und sagt: «Let him pluck you cherries who got you with child.»