Vom Wissen gebissen

Was wissen wir? Was wollen wir wissen? Das Projekt «Mondmoudi» gehört zu den Gewinnern des Spotlight-Wettbewerbs der SUB anlässlich des Uni-Jubiläums. Die Text- und Spielexperimente waren vielseitig: kritische, ironische, nachdenkliche und humoristische Blicke auf das Thema «Wissen».

Von Hannah Dotzauer 11. Mai 2009

Kurz vor Beginn der Aufführung: Im fast vollen Saal des Schlachthaus-Theaters wird es dunkler, doch das Stimmengewirr verstummt nicht. Hier und da drehen sich irritierte Köpfe nach hinten um – bis sich herausstellt: Das Publikum schweigt längst. Sein Tuscheln ist in ein Stimmengewirr übergegangen, das aus Lautsprechern kommt. Und dann geht’s los: Innerhalb einer Stunde folgt ein wahres Feuerwerk an Kurzstücken zum Thema «Wissensbisse». Die sechs Schauspieler Diego Brentano, Fabian Guggisberg, Ruth Huber, Anna Messmer, Reto Stalder und Stephan Stock erzählen von der Last, die jeder Studi wohl aus dem Seminar-Alltag kennt: Immer eine Antwort auf die Fragen finden zu müssen. Minuten später verwandeln sie sich in Pete Doherty und Paris Hilton, die von den Erfahrungen ihrer publikumswirksamen Gefängnisaufenthalte  berichten. Ziemlich scharfzüngig kommt die Frage durch: Sind diese Erfahrungen wirklich wertvolles Wissen?

Mal kritisch, mal ironisch

Stephan Stock, der an der HKB Schauspiel studiert, präsentiert unter dem Titel «Revolutio!?» einen zehnminütigen Ausschnitt aus acht Stunden Erzählung über alles, was ihm wichtig ist. Ihm geht es eher ums Glauben als ums Wissen: Er hält einen Verriss auf die Designer, die dafür sorgen, dass jede Subkultur irgendwann «hip» und «in» ist, denn er würde sich wünschen, «dass man noch kurz an etwas glauben kann, bevor Scheisse draus wird». Doch ihn «nervt es nicht nur tierisch, dass alle immer ihr Bestes geben», er zweifelt auch an sich selbst: Er gehe zwar vielleicht in die richtige Richtung, mache die richtigen Schritte, doch: «Ich bin der Falsche.»

Hüte, Herzen, Mikrophone: Das Text- und Spielexperiment kommt mit wenigen Requisiten aus.

Diesen kritischen Blicken auf das Thema «Wissen» folgt eine sehr humoristische Einlage mit dem Titel «Der Stein-Fall» zu Galileis Fallexperimenten. Erich Wenger, Student der Wissenschaftsgeschichte und Astronomie, hat für die Schauspieler einen Dialog geschrieben, in dem sie sich so heillos in Diskussionen um Masse, Anziehung und Trägheit verstricken, dass am Schluss niemand mehr weiss: Fallen schwere Steine nun schneller als leichte oder nicht? Die Aufführung schliesst schliesslich mit einer regelrechten Feuersalve an Fragen rund ums Wissen, deren Titel selbst eine Frage ist: «Who’s afraid of questions?»

Spickzettel erlaubt: eine Inszenierung zwischen Theater, Performance und szenischer Lesung.

Den Zuschauern hat das Textexperiment gefallen

«Ich hatte überhaupt keine Vorstellung, was mich da erwartet», gesteht eine Zuschauerin. «Aber es hat mir sehr gut gefallen, vor allem die vielen Fragen am Schluss.» Und ihre Sitznachbarin ergänzt: «Ich fand die Idee sehr gut, dass der Text meist aus den Lautsprechern kam, und die Schauspieler selbst sich eher wie Pantomimen auf der Bühne bewegten.» Teilweise hätten die Stücke schon Längen gehabt, meint jemand anderes beim Hinausgehen. «Aber der rote Faden war gut zu erkennen – spannende Blickwinkel, die eingenommen wurden.»

Das Projekt «Wissensbisse»

Die verschiedenen Texte zum Thema «Wissensbisse» sind von Studierenden der Uni Bern  verfasst worden – auf die Aufforderung der Organisatoren des Theaterprojekts «Mondmoudi» hin. Ausgewählt wurden die Arbeiten von Damaris Burri, Isabelle Berger & Michael Brönnimann, Michael Fehr, Wolfram Höll, Alexandra Portmann, Lena Rittmeyer, Stephan Stock und Erich Wenger. Das Ergebnis der szenischen Umsetzung der Texte war Anfang Mai während zweier Aufführungen im Schlachthaus-Theater zu sehen; eine bunt gemischte Kombination aus Theater, Performance und szenischer Lesung.

Zur Autorin

Hannah Dotzauer ist Studentin und Redaktorin des unikum, des Magazins der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB).