Die Uni Bern: Vom Barock bis in die Moderne
Die Uni Bern ist kein Elfenbeinturm, sie ist eng verbunden mit der Stadt. Diese Verbindung von Uni und Stadt wurde an der Vernissage des Buches «Stadt Universität Bern – 175 Jahre Bauten und Kunstwerke» thematisiert.
«Die Uni Bern setzt sich von anderen Unis ab, da sie ein offener Stadtcampus ist», sagt Bernd Nicolai vom Institut für Kunstgeschichte. Die Integration von Universität in die Stadt sei heute immer noch wichtig. Das Buch «Stadt Universität Bern – 175 Jahre Bauten und Kunstwerke», welches soeben im Rahmen des 175-Jahr-Jubiläums der Uni Bern erschienen ist, zeigt die bauliche Entwicklung der Universität: Sie ist durch ihre Vielfalt geprägt und beinhaltet unterschiedliche Bauten vom 18. Jahrhundert bis hin zur Gegenwart. «Gute Architektur schafft Identität, und dies ist wichtig für die Universität Bern», sagt Urs Würgler, Rektor der Uni Bern. Im einzigen offiziellen Buch zum Uni-Jubiläum werden 28 ausgewählte Bauten vorgestellt und der internationale Ausblick der baulichen Entwicklung der Uni wird in sechs Essays aufgezeigt. «Haben Sie einen Blick auf die Bauten der Uni verschwendet?», fragt Nicolai, «es lohnt sich.»

Das Uni-Hauptgebäude um 1908. (Bild: Hugo Siegwart/zvg)
Eine Architektur-Zeitreise
1834 wurde die Uni Bern unter dem Motto «Freiheit von Forschung und Lehre» gegründet. 1873 wies Bern den höchsten Frauenanteil von Studierenden in der ganzen Schweiz und Europa auf. 1909 erhielt der Berner Theodor Kocher den Nobelpreis für Medizin. Doch die Architektur der Unibauten hat bescheiden begonnen: Die Uni richtete sich in alten Bauten ein, da das Budget knapp war, und es noch kein festgelegtes Architekturkonzept gab. Die Studierenden besuchten im alten Kloster, dem heutigen Casino und in den Institutsgebäuden rund um den Bühlplatz, ihre Vorlesungen.
In den 1880er Jahren begann der Bau des Inselspitales, welches damals als hochmodern galt, und der klinischen Institute am Bühlplatz. «Diese herausgehobenen Nutzbauten, die so genannte Backsteinarchitektur, stehen für die Spezialisierung der medizinischen Forschung und können mit Bauten in Wien, Strassburg und Berlin verglichen werden», erläutert Nicolai. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts überschritt die Studierendenzahl in Bern erstmals die Tausendergrenze – ein neuer Bau wurde notwendig. Das Bau-Motto für das Hauptgebäude der Uni lautete: «Keine Experimente» und so wurde das Hauptgebäude in grossartiger Lage und als Gegenstück zum Bundeshaus im Stil des Neobarocks gebaut.

Der Innenhof der Kleintierklinik am Tierspital. (Bild:zvg)
Im Stil des «Neuen Bauens»
Die Berner Architekten Otto R. Salvisberg und Otto Brechbühl errichteten 1929 bis 1931 ein Institutsgebäude für die Naturwissenschaften an der Baltzerstrasse im Länggassquartier. Für die damalige Zeit waren diese Institutsbauten revolutionär und galten als moderne Bauereignisse. Dieser festungsähnliche Sichtbetonbau ist gekennzeichnet durch den Terrassentyp, die markanten Riegel, den Purismus und bildete eine neue Repräsentations-Architektur. «Die farbigen Innenräume waren als Kontrast zum äusseren Erscheinungsbild zu verstehen», erklärt Nicolai. Das Institut für Exakte Wissenschaften auf der Grossen Schanze und das Tierspital in der hinteren Länggasse wurden von Berner Architekten gestaltet, und sind typische Beispiele der Architektur aus der Nachkriegsmoderne.
Sieben Musen für die Ex-Schoggifabrik
«In den 1980er Jahren bestimmten die Umnutzung und der Umbau bestehender Bauten die Uni-Architektur», so Nicolai. Der Grosse Rat kaufte das Gelände der ehemaligen Tobler-Schokoladenfabrik und siedelte dort universitäre Institute an. Die preisgekrönte Unitobler wird heute als «Stadtcampus» wahrgenommen. Die letzten grossen Projekte bilden einerseits die UniS, das ehemalige Frauenspital an der Schanzeneckstrasse. Andererseits der anspruchsvolle Umbau auf dem VonRoll-Areal in der Fabrikstrasse, wo die alte Weichenbauhalle zurzeit in ein modernes Hörraumzentrum für Studierende umgebaut wird.
Zum Schluss hält Bernd Nicolai fest, dass die Entwicklung der Stadt- und die Universitätsarchitektur in Bern also untrennbar sind, und «Altes» wohl auch in Zukunft für Neues wieder verwendet wird.