Neue Daten werfen Fragen auf: Wie viel Wahrheit steckt in der Bibel?

Die Kupferminen von Chirbat-En-Nahas in Südjordanien sind älter als bislang angenommen. So alt, dass sie in die Zeit des biblischen Königs Salomo passen. Das zeigt eine Studie eines internationalen Forscherteams mit Berner Beteiligung.

Von sda 28. Oktober 2008

Mit der präzisen Radiokarbonmethode analysierten die Forscher verkohlte Holz- und Samenproben in der seit den 1930er-Jahren bekannten Kupfermine. Die Aktivitäten in der Mine datieren demnach aus dem neunten und zehnten Jahrhundert vor Christus, wie Stefan Münger vom Institut für Bibelwissenschaft der Universität Bern auf Anfrage sagte. Dazu passen zwei Fundstücke, die Münger in Chirbat-En-Nahas entdeckte: Ein Skarabäus aus dem Mineral Steatit und ein Amulett. Beide wurden in Ägypten hergestellt und stammen – wie die Datierung ergab – ebenfalls aus dem neunten oder zehnten Jahrhundert vor Christus.
 

Ägyptischer Fund in Chirbat-En-Nahas: Stefan Müngers Datierung bestätigt die physikalischen Analysen. (Bild: zvg)

Bislang ging die Forschung davon aus, dass die Eisenzeit in dem Gebiet, das zum einstigen Land Edom gehörte, erst etwa 200 bis 300 Jahre später begonnen hatte. Die in der Fachzeitschrift «Proceedings of the National Academy of Science» (PNAS) publizierte Arbeit, an der auch britische und US-Forscher beteiligt waren, füge also der Geschichte des Volks Edom ein Kapitel hinzu, sagte Münger.

Die lange Suche nach der Wahrheit

Die Studie stellt aber auch die Frage neu, wie viel Wahrheit in den biblischen Geschichten um König David und seinen Sohn Salomo steckt: Das Alte Testament schreibt den beiden nämlich ein Riesenreich zu – und 1940 behauptete der amerikanische Archäologe Nelson Glueck, er habe mit Chirbat-En-Nahas die Kupferminen Salomos entdeckt. Nach dem zweiten Weltkrieg kam diese Theorie aber immer mehr unter Beschuss. Versuchten Forscher wie Glueck noch, ihre Funde ins Gerüst einzupassen, welches das Alte Testament vorgab, schlug das Pendel nun in die andere Richtung aus: Viele Archäologen betrachteten die Bibel als Erzählung ohne historischen Kern.

Die Kupfermine bei Khirbat en-Nahas ist älter als bisher angenommen. (Bild: Thomas Levy, UC San Diego/zvg)

«Bibelhinweise ernst nehmen»

In den 1970er- und 1980er-Jahren schienen Ausgrabungen im Gebiet des ehemaligen Edom zu beweisen, dass die Metallurgie dort nicht vor dem 7. oder 8. Jahrhundert vor Christus begonnen haben konnte. «Man konnte auch keine früheren festen Siedlungen nachweisen», sagt Münger. Die nun vorgenommene Neudatierung zeigt, dass die Erzaufbereitung in Edom und die vermutete Wirkenszeit König Salomons in dieselbe Epoche fielen. Trotzdem steht Münger archäologischen Pionieren wie Glueck, die versuchten, historische Belege für die biblische Geschichte zu finden, kritisch gegenüber: «Wir wollen mit unserer Studie nicht sagen: Die Bibel hat auf der ganzen Linie recht», sagt er. Aber Texthinweise sollten ernst genommen werden. Es könne im vorliegenden Fall beispielsweise sein, dass die Geschichte Salomos einen historischen Kern habe.