Das Klima an der Uni Bern wird «versichert»

Die Mobiliar geht an die Uni: Die schweizerische Versicherungsgesellschaft finanziert eine Professur zur Klimafolgenforschung im Alpenraum. Die Erkenntnisse sollen der Umwelt dienen – und natürlich als Grundlage für Risikoabschätzungen.

Von Bettina Jakob 15. Oktober 2008

«Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.» Mit den Worten des amerikanischen Politikers und Naturwissenschaftlers Benjamin Franklin stieg Urs Berger, CEO der Mobiliar Versicherung, in die Medienkonferenz ein. Die schweizerische Versicherungsgesellschaft finanziert mit 5 Millionen Franken über die nächsten 10 Jahre eine ausserordentliche Professur in der Klimaforschung am «Oeschger Centre for Climate Change Research» der Universität Bern. Rektor Urs Würgler und Thomas Stocker, ansässiger Klimaforscher und Kopräsident einer der drei Arbeitsgruppen des Weltklimarates (IPCC), freuten sich über die gesprochenen Mittel: «Ein Meilenstein in der Berner Klimaforschung, die mit der Gründung des Nationalen Forschungsschwerpunktes ‹Klima› vor sieben Jahren begonnen hat», kommentierte Stocker. Eine sinnvolle und dringende «Verknüpfung von Klimafolgenforschung und Versicherungsfragen» in Anbetracht der sich häufenden Extremereignisse, meinte Würgler.

Ein gutes Klima an der Uni Bern: (v.l.) Klimaforscher Thomas Stocker, CEO Mobiliar Urs Berger und Rektor Urs Würgler auf dem Dach des Physikalischen Instituts. (Bild: André Albrecht/zvg)

Neue Klima-Modelle sind gefragt

Die Mobiliar siedelt ihre Professur in einem spezifischen Bereich an: in der Klimafolgenforschung im Alpenraum. «Jeder dritte Haushalt in der Schweiz ist von der Mobiliar versichert», erklärte CEO Urs Berger, «und als führende Sachversichererin ist sie sehr stark vom Klimawandel betroffen.» Das belegt die folgende Zahl: Das Hochwasser im 2005 hat die Mobiliar rund 450 Millionen Franken gekostet. Darum setzt die Versicherungsgesellschaft auf Prävention – mit schweizweiten Projekten und eben einer Professur an der Uni Bern, wo weltweit führende Wissenschaftler sitzen und den Klimawandel untersuchen.

Während die Versicherungen gemäss Stocker über Jahrzehnte für ihre Hochrechnungen von einem stabilen Klima ausgehen konnten, seien in einer Zeit der sich häufenden Extremereignisse und klimatischen Veränderungen neue Modelle gefragt. Das Oeschger-Centre wird gemäss Stocker unter verschiedenen Szenarien mathematisch-physikalische Modelle entwickeln, die entsprechenden Klimafolgen abschätzen und praxisorientierte Methoden für die Versicherungswirtschaft erarbeiten. «Wir wollen mehr über das künftige Klima wissen, damit wir unseren Kunden den richtigen Versicherungsschutz anbieten können», betonte Berger vor den Medien. Berger erhofft sich wertvolle Hinweise für die Prävention von Naturgefahren.

Resultate nicht erkaufen

Hinweise, die aber gemäss Rektor Urs Würgler der Freiheit der Wissenschaft unterliegen: «Die Forschungsergebnisse aus dieser Professur werden publiziert und allgemein zugänglich sein», betonte der Uni Rektor unisono mit CEO Urs Berger: «Wir wollen nicht Resultate erkaufen, die Unabhängigkeit der universitären Forschung ist durch unsere Unterstützung in keiner Art und Weise gefährdet.» Die Partnerschaft zwischen Uni und Versicherungsgesellschaft wird geschätzt: «Denn der Klimawandel zwingt eine wichtige Branche der Schweizer Wirtschaft Antworten zu suchen», meinte Thomas Stocker. Der vierte Zustandbericht des IPCC habe gezeigt, dass zurzeit grosse Unsicherheiten in der Abschätzung von Klimafolgen bestünden.

Die privatwirtschaftliche Finanzierung von Lehrstühlen betrachtet Stocker nicht als problematisch, «in den USA ist dies gang und gäbe», so Stocker. Auch Mobiliar-CEO Urs Berger versuchte Skepsis zu vertreiben: «Die Professur wird nicht aus dem operativen Geschäft finanziert – also nicht mit Prämiengeldern.»