Wie Bienen auf den Geschmack kommen

Sie tanzen und tauschen Nektarproben aus: Die Kommunikation der Bienen ist unterhaltsam und vielfältig. Aber vor allem hilft sie, möglichst schnell die nahrhaftesten Blüten zu finden. Die Bienen «lehren» einander Gerüche, wie ein Berner Verhaltensökologe festgestellt hat.

Von Bettina Jakob 24. Oktober 2006

Nur fleissig sein nützt auch den Bienen nichts: Damit sich die Geschäftigkeit der Insekten effizient auswirkt, braucht es in einer 50’000-Individuen-Kolonie – wie überall – Kommunikation. Wie Wissenschaftler längst herausgefunden haben, «sprechen» die Bienen miteinander. Etwa darüber, wo die beste Futterquelle zu finden ist, also Nektar mit hohem Zuckergehalt. Um problemlos zu überwintern, müssen die Bienen im Sommer möglichst viel Honig produzieren und folgedessen schnell neue, hochwertige Futterquellen erschliessen können. «Die Sammlerinnen einer Kolonie befliegen ein Gebiet von rund 100 Quadratkilometern», sagt Christoph Grüter, Verhaltensökologe an der Uni Bern. «Da ist es mehr als sinnvoll, wenn sich die Tausenden von Sammlerbienen gegenseitig mitteilen, wo der beste Nektar zu holen ist.» 

Bienen im Stock
Die Bienen tauschen im Stock wertvolle Informationen aus. Bild: Zvg

Und so funktionierts: Hat eine Biene eine fette Blumenwiese entdeckt, fliegt sie in den Stock zurück und beginnt zu tanzen. Mit dem sogenannten «Schwänzeltanz» zeigt sie den anderen Sammlerinnen, in welcher Richtung und in welcher Distanz das Feld liegt. Wedelt das Insekt mit dem Abdomen, seinem Hinterteil, beim Heraufklettern über die Waben, so liegt die Quelle in Richtung Sonne. Schwänzelt sie eher quer zu den Waben, hat die Richtung den entsprechenden Flugwinkel. Und die Dauer des Schwänzelns zeigt schliesslich die Entfernung zum Zielort an. 

Das Geheimnis der Mund-Zu-Mund-Sprache

Doch das Tanzen alleine genügt nicht. Um den Zielstandort präzise anzufliegen, brauchen die Insekten zusätzlich Geruchsinformationen. Der Berner Forscher Christoph Grüter und sein argentinischer Betreuer Walter Farina haben nun bewiesen, dass die Bienen einander den Geruch guter Nahrungspflanzen beibringen – durch die sogenannte Trophallaxis: Erfolgreiche Sammlerinnen übergeben im Stock nämlich nicht den ganzen Nektar den Empfänger-Bienen zur Weiterverarbeitung; sondern sie verteilen auch Mund-zu-Mund-Kostproben ihres Sammelguts.

Durch klassische Pavlovsche Konditionierung lernen die Bienen auf dem Belohnungsweg den Geruch guter Nektarquellen kennen und können diese gezielt anpeilen, wie Grüters Experiment nachweist: Einigen Sammlerinnen offeriert der Biologe Zuckerwasser mit einem zugefügtem Duft. Jeden Tag kommen beim 160 Meter vom Stock entfernten Zuckerwasser-Behälter neue Sammlerinnen an, die selber noch nie an dieser Quelle gesaugt haben. Diese Bienen werden abgefangen und der Forscher konfrontiert sie lediglich mit dem Geruch des Zuckerwassers – und schon strecken die Neuankömmlinge refelxartig den Saugrüssel aus. Bei Kontrollversuchen mit anderen Gerüchen zeigten die Bienen kaum Reaktion. Das Fazit: Die Bienen müssen den Geruch im Stock «gelernt» haben.

Im Glas gefangene Bienen im Labor, daneben ein Foto von Christoph Grüter bei der Arbeit
Die eingefangenen Bienen warten auf Christoph Grüter, der ihnen Duftproben offeriert (rechts).

Das ist Effizienz: Schon die jungen Bienen lernen mit

Die Resultate erstaunen weiter: Die Sammlerinnen lehren den Geruch nicht nur den anderen Sammlerbienen, sondern auch Arbeiterinnen, die noch gar nicht ausfliegen und den Stock erst ab einem gewissen Alter verlassen: den Ammenbienen, welche die Larven pflegen und den Empfängerbienen, die den Nektar verarbeiten. Warum bekommen nicht nur die Sammlerinnen Kostproben? Christoph Grüter hat Vermutungen – erstens: Lernt die Empfängerbiene die guten Nektargerüche kennen, nimmt sie bevorzugt den Nektar mit dieser Duftnote entgegen. «Das wirkt sich auf die Effizienz aus», so Grüter, «gute Ware wird so möglicherweise schneller zu Honig weiterverarbeitet».

Zweitens: Wenn schon die junge Biene im Stock den Duft hochwertigen Nektars kennenlernt, erinnert sie sich beim ersten Ausflug daran und sucht gezielter danach. Was meist ein Vorteil ist, kann aber auch mal zum Nachteil werden: Vielleicht hat sich bis zu diesem Zeitpunkt die Umwelt verändert, «und die Bienen hängen noch an unergiebigeren Blüten, wenn nebendran schon der Honigtau fliesst», so Grüter. 

Kommunikation im Bienenstock

Gerüche sind im Bienenstock von zentraler Bedeutung. Nicht nur die Nahrungsbeschaffung wird so optimiert. Duftstoffe, die sogennanten Pheromone, helfen auch mit, die Hierarchie im komplexen Kastensystem zu organisieren. Sie spielen mit eine Rolle sowohl bei der Arbeitsteilung als auch im Sozialverhalten. Nicht nur die Königin produziert indes Pheromone, auch die Brut und die Arbeiterinnen «mischen» mit. Wie genau dieser Hormoncocktail und die genetisch gesteuerten Abläufe zusammenspielen, ist bis heute nicht genau geklärt. In einem Bienenstock lebt eine Königin, die männlichen Drohnen und die verschiedenen Arbeiterinnen. Während die Königin bis vierjährig werden kann, sterben die Sommer-Arbeiterinnen durchschnittlich nach 40 Tagen. Arbeiterinnen, die im Stock überwintern, können mehrere Monate alt werden.

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