Professoren treiben ihr Unwesen

«Der Tod kennt keine Grenzen». Er macht nicht einmal Halt vor der Uni Bern. Im neuen Krimi der beiden Berner Autoren Daniel Himmelberger und Saro Marretta wird der «Alma mater» eine dunkle Seele eingehaucht.

Von Bettina Jakob 28. März 2006

Sie flüstern jungen Studentinnen «mein Schatz» ins Ohr. Sie bestechen ohne mit der Wimper zu zucken. Sie rezitieren mittelalterliche Heilige, haben selber aber Blut an den Händen. Die zwei Dozenten der Uni Bern im neuen Krimi von Daniel Himmelberger und Saro Marretta schrecken vor nichts zurück. Auch der Rektor höchstpersönlich ist ein seltsamer Bursche: Hans Lutz ist so knausrig, dass er nur in der Mappamondo-Kantine zu Mittag isst. Er schliesst die Schubladen doppelt ab, und er zieht immer ein wenig den Nacken ein – gewappnet für was immer kommen möge. Dann kommt Lutz selbst einem Betrüger aus der Unitobler auf die Schliche: «Wo eine Suppe am Kochen war, fand er bestimmt das Haar darin.»


Die Gänge der Unitobler birgen Geheimnisse. (Bild: Stefan Wermuth)

Witz und politische Seitenhiebe

Gefälschte Habilitation und Korruption: Die üblen Geschehnisse an der friedlichen Universitas bernensis schreien nach einem starken Helden. Die Berner Autoren lassen einen jungen neapolitanischen Polizisten die Intrigen aufdecken: Beppe Volpe, mit einer feinen Nase für Marken-Parfüms, immer für ein Witzchen gut und stets im SMS-Kontakt mit seiner Mutter in Italien – mamma mia. Autor Daniel Himmelberger erklärt: «Ko-Autor Saro Marretta kommt aus Sizilien.» Dieser habe das südländische Feuer in den Krimi gebracht, und er, Himmelberger, das länggassische Leben. Die Mischung kommt gut an: Viel Witz, Spannung und Seitenhiebe auf die Schweizer Politik sind in kurze Kapitel gepackt. Ein Krimi weniger als langer Hintergrundswälzer gedacht als vielmehr zur leichten Unterhaltung. Die beiden Schriftsteller schreiben bereits schon an der nächsten Geschichte mit Beppe Volpe und seiner Kommissarin Katharina Tanner.

Von Bern nach Santiago de Chile

Überall da, wo die beiden Spanisch-Dozenten im Buch ihr Unwesen treiben, da waren die Berner Schriftsteller auch in Wirklichkeit: Der 62-jährige Marretta studierte einst Hispanistik an der Uni Bern. Im Restaurant Casa d’Italia, wo sich der aalglatte Professor Gomez heftig an einer Pizza verschluckt, da haben die beiden Autoren den Krimi geschrieben. Und der 49-jährige Himmelberger ist als Musiker schon im Bierhübeli aufgetreten – dort trinkt Beppe Volpe mit seiner neuer Bekanntschaft Espresso, mit Ana aus Santiago de Chile. Auch Santiago haben die beiden Autoren tatsächlich besucht – auf einer Reise des Berner Schriftstellerinnen- und Schriftstellervereins. Aus den düsteren Gassen der südamerikanischen Hauptstadt erwuchs schliesslich der Krimi, über dem immer noch der Schatten des ehemaligen Diktators Pinochet liegt.

Der Italiener rettet die Berner Uni

Jedenfalls: Beppe Volpe löst den Fall mit Italianità, kauft sich eine schicke Hose und die Uni Bern bekommt ihren guten Ruf zurück. Eine Reputation, die Himmelberger um Himmels Willen nie antasten wollte: «Ich wäre ja schockiert, wenn dort wirklich Lug und Trug herrschen sollte.» Beppes Fall ist denn am Schluss ein «Glücksfall», sagt Himmelberger. Naja, sicher für Himmelberger, Marretta und Beppe Volpe. Aber ganz bestimmt nicht für alle. Denn Garcia Lorca, ein spanischer Schriftsteller, der 1936 erschossen wurde, wird im Buch passend zitiert: «Ein Knabe brachte das weisse Leintuch – am Nachmittag um fünf Uhr. Ein Korb mit Kalk stand längst bereit – am Nachmittag um fünf Uhr.»

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