Klimagipfel in Interlaken

Der Klimawandel beschäftigt längst nicht mehr nur Naturwissenschaftler. Auf einem hochkarätigen internationalen Symposium in Interlaken ging es vergangene Woche um die Schnittstellen zwischen Klimaforschung und Wirtschaftswissenschaften.

Von Kaspar Meuli 09. März 2005

Der amerikanische Ökonom Alan Manne, emeritierter Professor an der Stanford University, ist über 80, aber seine wissenschaftliche Neugier stände manchem Nachwuchsforscher gut an. «Absolut faszinierend», kommentierte Manne am Interlakner Symposium, die Vorträge der übrigen Referenten, «ich hätte zu jedem Gebiet Dutzende von Fragen.» Manne, der vor 25 Jahren als Erster ökonomische Analysen zur Klimaproblematik lieferte, war nur einer unter vielen renommierten Umweltökonomen und Klimatologen aus Europa, den USA und Asien, die der Einladung des Nationalen Forschungsschwerpunkts Klima (NFS Klima) ans zweitägige Symposium «Interfaces between Climate and Economic Dynamics» folgten. Doch das Referat, das der amerikanische Pionier über die Schwierigkeiten hielt, den Unsicherheiten über das Ausmass der Klimaänderung zum Trotz politische Entscheidungen zu treffen, zählte zu den Höhepunkten des Treffens.

Überschwemmung
Folge des Klimawandels? Überschwemmtes Kulturland in Belp im Frühling 1999.

Kohärentes Bild vom Klimawandel

Die Organisatoren des Symposiums, unter ihnen Gunter Stephan, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Bern und der EPFL-Professor Philippe Thalmann, hatten sich für den zweitägigen Anlass im Berner Oberland viel vorgenommen. Erklärtes Ziel der Veranstaltung, die vom Beer Brawand Fonds finanziell unterstützt wurde: Die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Forschungsrichtungen, die sich mit dem Klimawandel befassen, zu erkunden. Aus wissenschaftstheoretischer Sicht lässt sich der Klimawandel nämlich als ein Kreislauf mit vier Phasen verstehen: Wirtschaftliche Aktivitäten verursachen Treibhausgasemissionen, die ihrerseits für den Klimawandel verantwortlich sind. Die klimatischen Veränderungen wirken sich wiederum auf Wirtschaftsaktivitäten und -wachstum aus. «Für jede Phase dieses Zyklus gibt es viel spezialisiertes Wissen», erklärten die Organisatoren im Vorfeld des Symposiums, «wir wollen helfen aufzuzeigen, welche Daten und Methoden aus der Erforschung einer Phase dieses Kreislaufs bei der jeweils nächsten von Nutzen sein können.» Dieser interdisziplinäre Austausch, so die Absicht des Symposiums, solle die Entwicklung eines «kohärenten Bildes des Klimawandels» fördern und dabei Ursachen und Konsequenzen mit einbeziehen.

Umweltökonomen
Umweltökonomen und Klimatologen erkundeten in Interlaken die Schnittstellen zwischen ihren Disziplinen. Bild: Philippe Thalmann

Vom Doktorand bis zum Spitzenforscher

Die Bedingungen für einen intensiven Gedankenaustausch waren in Interlaken ideal. Das Tagungsprogramm liess viel Raum für Diskussionen, und mit nicht mehr als 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Atmosphäre in den Worten von Organisator Philippe Thalmann «beinahe familiär». So durchmischt wie die fachliche Zusammensetzung war auch der persönliche Hintergrund der Teilnehmenden: Zu den Professoren von internationalem Rang gesellten sich Doktoranden am Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere. Unter ihnen zahlreiche Nachwuchsforscher aus dem NFS Klima. Der Nationale Forschungsschwerpunkt mit Sitz an der Universität Bern ist ein wissenschaftliches Netzwerk, in dem gegen 150 Forscherinnen und Forscher aus Partnerinstitutionen in der ganzen Schweiz zusammenarbeiten. Das interdisziplinäre Programm startet zurzeit in seine zweite Phase und ist in vier Forschungsbereiche gegliedert, von denen sich einer mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen des Klimas befasst – präzis der Thematik also, die am Interlakner Symposium zur Debatte stand.

Start-up Meeting für Sozioökonomie

Der Berner Klimatologe Heinz Wanner, Direktor des NFS Klima, bezeichnete das Treffen denn auch als «äussert gelungenes Start-up Meeting» für den sozioökonomischen Ast des Programms in seine zweite, vierjährige Phase. Auch Gunter Stephan zeigte sich mit dem Verlauf des Symposiums mehr als zufrieden. «Meine Erwartungen wurden übertroffen», sagt der Vizerektor der Universität Bern. «Wir haben eine ausgezeichnete Kommunikationsbasis zwischen Ökonomen und Naturwissenschaftlern entwickelt. Das gibt mir grosse Hoffnung für die weitere Zusammenarbeit im NFS Klima. Wir werden die Qualität der ganzheitlichen Betrachtungsweise des Klimawandels und seiner Folgen, das so genannte Integrated Assesments, deutlich steigern.»

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