Dies academicus – der Hunderteinundsiebzigste
Glanz und Gloria an der Universität Bern: An der 171. Stiftungsfeier wurden zehn Ehrendoktortitel verliehen und vier hochwertige Preise vergeben. Zu den Würdenträgern zählen der Genetiker Stephen Elledge und der UNO-Sonderbeauftragte Adolf Ogi.
Zum ersten Mal trat an der 171. Stiftungsfeier der Universität Bern am 3. Dezember 2005 Rektor Urs Würgler ans Rednerpult. Stiftungsfeier 161 bis 170 hatte sein Vorgänger Christoph Schäublin bestritten. Würgler nutzte den «Dies academicus» um nach knapp 100 Amtstagen eine erste kurze Bilanz zu ziehen: Das Amt des Rektors sei nicht unbedingt eine geruhsame, aber mit Sicherheit eine faszinierende Tätigkeit, sagte er.
Der Dies academicus findet jedes Jahr im Berner Kultur-Casino statt. (Bild: Stefan Wermuth/170. Stiftungsfeier 2004)
Was Würgler derzeit in erster Linie tut: Er beschäftigt sich mit neuen strategischen Zielsetzungen. Mit den klar gesteckten Zielen müsse die Universität Bern in die Lage versetzt werden, «der raschen Entwicklung der Wissenschaften und dem nationalen sowie internationalen akademischen Umfeld nicht nur passiv folgen, sondern diese aktiv mitgestalten zu können». Die Realität sieht laut Würgler derzeit folgendermassen aus: Die Universität Bern sei eine gute Universität, in einigen Bereichen gehöre sie sogar zur Weltspitze, in vielen Gebieten erbringe sie überdurchschnittliche starke Leistungen, in einigen wenigen stehe sie auch vor Problemen.
Ein drittes Universitätszentrum
Und die Marschrichtung für die Zukunft? Die Universität Bern will sich auch künftig als Volluniversität verstehen und sie will eine führende Rolle für die Formierung eines dritten Universitätszentrums (neben den beiden ETH-Standorten Zürich und Arc Lémanique) in der Mitte der Schweiz übernehmen. Regional soll die Universität vermehrt Kristallisationspunkt für die Gründung innovativer Unternehmen sein. Auf nationaler Ebene will die Universität Bern eine Palette von Master- und PhD-Studiengängen anbieten, die schweizweit eine führende Stellung einnehmen. Und es sollen zudem Programme und Studiengänge geschaffen werden, die auch internationale Studierende und junge Wissenschaftler anziehen.
Um solche Ziele ansteuern zu können, werde es laut Würgler entscheidend sein, dass die kürzlich in Angriff genommene Revision des Universitätsgesetzes die Grundsätze universitärer Autonomie aufnimmt und umsetzt. Autonomie meint: Selbstbestimmungsrecht bezüglich der Zielsetzungen, der Finanzen, des Personals, der Organisation und der Sachmittel. Dem Träger käme die Funktion zu, die wissenschaftlichen Felder zu benennen, in denen er von der Universität Leistungen erwartet.

Auf der Tribüne stehen traditionsgemäss die Vertreter der Studentenverbindungen. (Bild: Stefan Wermuth)
Ehrendoktortitel für Adolf Ogi
Vollkommen autonom hat die Universität Bern beziehungsweise deren Fakultäten zehn Ehrendoktortitel verliehen: Die Christkatholische und Evangelische Fakultät würdigt die Radio-Journalistin Iren Meier; die Würde eines «Doctor iuris honoris causa» geht an den Rechtsberater Lucas David; die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät zeichnen die US-amerikanischen Ökonomen Robert G. King und Mark W. Watson aus; die Medizinische Fakultät würdigt den Bündner Hausarzt Martin Röthlisberger; die Vetsuisse-Fakultät verleiht die Würde eines «Doctor mediciniae veterinariae honoris causa» an den französischen Toxin-Forscher Michel R. Popoff; die Philosophisch-historische Fakultät ehrt die Sprachwissenschaftlerin Dorothea Weniger; die Philosophisch-naturwissenschaftliche Fakultät zeichnet den Relativitätstheorie-Experten Norbert Straumann aus und die neue Philosophisch-humanwissenschaftliche Fakultät verleiht dem deutschen Arbeitspsychologen Winfrid Hacker sowie dem UNO-Sonderberater für Sport Adolf Ogi den Ehrendoktortitel.
Hans-Sigrist-Preis an Stephen Elledge
Für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Tumorimmunologie hat die Universität Bern den Theodor-Kocher-Preis 2005 an den 38-jährigen Adrian Ochsenbein verliehen. Ochsenbein ist Leitender Arzt an der Klinik und Poliklinik für Medizinische Onkologie am Inselspital und der Universität Bern. Mit dem Theodor Kocher Preis werden die besten Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet. Die Haller-Medaille wird auf Antrag der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an die Berner Betriebs- und Volkswirtschaftlerin Vera Friedli für ihre Beiträge zum zeitgemässen Personalmanagement verliehen.
Der Hans-Sigrist-Preis, mit dem Forscher aus dem In- und Ausland für hervorragende wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet werden, geht an den US-amerikanischen Genetiker Stephen Elledge vom Howard Hughes Medical Institute in Boston. Mit dem Berner Umwelt-Forschungspreis wird die Arbeit von Silvia Ulli-Beer gewürdigt. Ulli-Beer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Interfakultären Koordinationsstelle für Allgemeine Ökologie (IKAÖ) der Universität Bern, hat ein Modell für die Entscheidunterstützung im kommunalen Abfallmanagement entwickelt. Neben diesen Hauptpreisen gehen in diesem Jahr zwei Anerkennungspreise an This Rutishauser, Doktorand am Geographischen Institut der Uni Bern, und an Simone Schmid, Redaktorin bei «Ride» und Produkte-Managerin der «Swiss Singletrail Maps» in Biel.