Buhlen um den Nachwuchs

Die Physik macht ihrem Nachwuchs den Hof: Renommierte Berner Forscher referieren laienverständlich über Lasertechnik, Universum und Klimaforschung. Mit der Vortragsreihe «Physik am Samstag» wollen sie bei Gymnasiasten das Interesse für ihr Studienfach wecken.

Von Beatrice Michel 24. November 2004

Was genau ist Physik? Physiker beobachten und untersuchen Naturphänomene, versucht Uwe-Jens Wiese, Professor am Institut für Theoretische Physik an der Uni Bern, mit einfachen Worten zu erklären. Er ergänzt: «Und zwar auf allen Ebenen - vom Elementarteilchen über die kondensierte Materie bis zum gesamten Kosmos.» Mit laienverständlichen Vorträgen versuchen derzeit die Berner Physik-Institute auf ihr Fach aufmerksam zu machen. Ihre Gäste: Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Bis zum 22. Januar treten an sechs Samstagen renommierte Physiker und Astronomen um zehn Uhr morgens in die Manege, um das breite Spektrum ihrer Disziplin vorzustellen. So wird etwa Thomas Stocker seine Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine Klimareise in die Vergangenheit mitnehmen, Martin Frenz wird über die Knopflochchirurgie referieren und Willy Benz wird erzählen, was die Wissenschaft über Leben auf fremden Planeten weiss. Die Forscher wollen damit dem Vorurteil trotzen, dass Physik eine trockene Materie ist.

Blick durch ein Teleskop
Blick durchs Weltraum-Teleskop Hubble: In 3000 Lichtjahren Entfernung zeigt sich ein Katzenaugennebel. Bild: Nasa

1000 Jahre alte Sternkarte

Der erste Vortrag stand bereits am vergangenen Samstag auf dem Programm. Thomas Schildknecht vom Astronomischen Institut zeigte knapp 30 Schülern und Schülerinnen einfach und anschaulich, wie sich der Himmel vermessen lässt. Die einfachste Variante: Man schaut und misst von der Erde aus. Der Blick gen Himmel liefert schon seit hunderten von Jahren die Vorlage für Sternkarten. Die älteste erhaltene Sternkarte stammt aus China und ist mehr als 1000 Jahre alt. Die Position der Sterne zueinander wurde mit Hilfe der Winkelmessung (Trigonometrie) bestimmt. Anhand der Winkel zeichnete man früher die Karten.

Knapp vorbei geschrammt 

Mit trigonometrischen Formeln rechnen die Astronomen noch heute. Sie bestimmen damit neben den Winkeln auch die Distanz zwischen Himmelskörper und Erde. Beim Blick in den Sternenhimmel helfen den Forschern mittlerweile High-Tech-Teleskope. Vom Lichtermeer werden mit hochempfindlichen Fotoapparaten eine Reihe von Momentaufnahmen geschossen. Im Anschluss gilt es die Himmelskörper zu vermessen und sie in einem Koordinatensystem zu positionieren. Nicht selten stossen die Astronomen bei ihrer Arbeit auf völlig neue Objekte: So entdeckten sie in der Nacht vom 15. März 2004 einen Kleinplaneten in der Grösse eines Einfamilienhauses, erzählt Schildknecht den interessierten Nachwuchs-Physikern. Zwei Tage später kreuzte der Planet die Erdbahn. Die unheimliche Begegnung fand in einer Entfernung von nur 40'000 Kilometer statt. Zum Vergleich: Fernsehsatelliten, die die Erde umkreisen, sind 2000 Kilometer weiter weg.

Physiker
Thomas Schildknecht erklärt bei «Physik am Samstag» wie man den Himmel vermessen kann. Bild: Beatrice Michel

Der Rand des Universums

Wie weit kann man von der Erde aus in den Himmel schauen? «Mit den trigonometrischen Distanzberechnungen nicht sehr weit», antwortet Schildknecht. Der weiteste Punkt kann 160 Lichtjahre (die Strecke, die ein Lichtteilchen mit Lichtgeschwindigkeit in 160 Jahren zurücklegt) entfernt liegen – mehr nicht. Mit den Schnappschüssen von Weltraumsonden aus, reicht der Blick jedoch um einiges weiter. Die maximale Entfernung, in der die Astronomen Galaxien vermessen können, liegt bei rund zehn Milliarden Lichtjahren. Und dort irgendwo endet das Universum. Mit den Mutmassungen über den Rand des Universums endete auch Schildknechts Vortrag. Schildknechts Fazit nach Referat Nummer Eins: Die Anwesenden seien sehr interessiert gewesen. Für die nächsten Samstage wünscht er seinen Kollegen jedoch ein paar mehr junge Zuhörer.  

Physik am Samstag

Hochschul-Physik für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten gibt es am 27. November, 4. und 12. Dezember sowie am 15. und 22. Januar im Gebäude für Exakte Wissenschaften an der Uni Bern zu hören. Genauere Informationen: