Auf Schrottsuche im All
Das Weltall vermüllt. Der Raumschrott bedroht Satelliten wie bemannte Raumstationen. Um Kollisionen zu vermeiden, suchen Physiker vom Astronomischen Institut der Universität Bern akribisch nach dem Müll im All.
Seit dem Start des ersten Satelliten vor 57 Jahren hat die Raumfahrt ihren Müll im Weltall hinterlassen. Immer mehr Überbleibsel von Wegwerf-Trägerraketen, Nutzlastverkleidungen oder Adapterringen kreisen somit auf den Erdumlaufbahnen. Allein 10'000 «grössere» Objekte sind im All bekannt. Der Müll bedroht Satelliten wie bemannte Raumstationen. Bei einer Kollision reicht ein wenige Zentimeter grosses Schrottteil aus, um einen Satelliten zu zerstören. Zum Schutz der internationalen Raumstation ISS wird etwa laufend abgeklärt, ob ihre Bahn frei von Abfall ist. Ausserdem ist die ISS mit tonnenschweren Schutzschildern versehen, an denen kleine Schrottteile abprallen sollen.

Crash-Gefahr für Telekommunikationssatelliten
Um den Müll orten und damit die Gefahr eines Zusammenpralls bannen zu können, hat die Europäische Weltraumagentur (ESA) vor zehn Jahren Berner Spezialisten auf die Suche nach dem Schrott geschickt. Den Zwischenbericht ihrer Arbeit haben die Wissenschaftler von der Gruppe für optische Astronomie vom Astronomischen Institut der Universität Bern (AIUB) der ESA nun vorgelegt. Bei ihrem Blick gen Himmel von Teneriffa aus, fanden die Forscher erstmals auch auf der so genannten geostationären Bahn eine Ansammlung von Schrottteilen, die kleiner als ein Meter waren. Eine Entdeckung von besonderer Brisanz: Die geostationäre Bahn ist dicht von Telekommunikations- und Fernsehsatelliten besiedelt. Zusammenstösse sind somit vorprogrammiert. Die geostationäre Bahn ist 36'000 Kilometer von der Erde entfernt und der Erddrehung exakt angepasst. Deshalb befinden sich auf ihr kreisende Satelliten in einer festen Position zur Erde.

Es wird eng im All
Der Müll auf der geostationären Bahn hat eine extrem lange Lebensdauer. «Während im erdnahen Raum der Raumschrott meist bei seinem Eintritt in die Atmosphäre verglüht, verbleibt er auf dem geostationären Ring ewig», erklärt Projektleiter Thomas Schildknecht. «Er fällt nicht hinunter.» Wird es für die Raumfahrt vor lauter Schrott künftig eng im All? Für Schildknecht ist die Vermüllung des geostationären Rings noch nicht verheerend, aber durchaus alarmierend. Er sieht Handlungsbedarf: Da es in absehbarer Zeit kein Verfahren geben werde, um Raumschrott einzusammeln und zurückzubringen, müsse die Müllproduktion im Weltraum massiv reduziert werden. Technisch ist dies möglich, allerdings sind die Verfahren nicht billig. Schildknecht: «Deshalb geht es jetzt darum die Betreiber der Satelliten zu überzeugen, dass Umweltschutz im All in ihrem ureigensten Interesse ist.»