«Als Persönlichkeit geboren worden»
Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an die Kenianerin Wangari Maathai. Peter Gehr vom Berner Institut für Anatomie kennt die «Mutter der Bäume» seit 27 Jahren. Sie sei eine absolut faszinierende Frau, sagt er.
Heute wird in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen. Geehrt wird die Kenianerin Wangari Maathai für ihren Einsatz für Umweltschutz und Menschenrechte. Als vor knapp zwei Monaten ihr Name vom Nobelpreiskomitee verkündet wurde, war sie absolut überwältigt. «Ich hatte das nicht erwartet», sagte die 64-jährige Maathai im Oktober im norwegischen Fernsehen. Überrascht und gerührt war auch Peter Gehr. «Ich habe ihr bereits persönlich gratuliert», erzählt er stolz. Gehr ist Professor am Institut für Anatomie der Universität Bern. Er hat die engagierte Schwarzafrikanerin bei einem Forschungsaufenthalt in Nairobi vor 27 Jahren kennen gelernt. Maathai ist Professorin für Veterinäre Anatomie. Wie sehr Gehr von Maathai begeistert ist, merkt man ihm an. Wangari sei bescheiden, sagt er, aber «full of power». Sie sei herzlich und offen, lebe ihre Überzeugung vor und sie strahle permanent. «Wahrscheinlich ist sie als Persönlichkeit geboren worden.»

Die «Mutter der Bäume»
Die Kenianerin engagiert sich in einem Land, in dem die Frauen sozial und wirtschaftlich im Nachteil sind. Bekannt wurde Matthai vor allem durch ihr 1977 gegründetes Umweltprojekt «Grüner Gürtel» (Green Belt Movement). Es gelang ihr, andere Frauen davon zu überzeugen, in ganz Kenia Bäume zu pflanzen. Jahrelang waren die Wälder dort hemmungslos abgeholzt worden. Mittlerweile schlagen rund 20 Millionen neue Bäume ihre Wurzeln. «Indem wir andere Arten schützen, sichern wir unser eigenes Überleben», begründet «Mama Miti» (Mutter der Bäume), wie Maathai genannt wird, die grüne friedvolle Bewegung. Von der Baumpflanzaktion profitieren aber auch die Frauen selbst. Sie wurden selbstständig und spürten Verantwortung. «Das ist Friedensarbeit an den Wurzeln», sagt Gehr. Und Afrika sei der Kontinent, der so etwas braucht. Für die demokratischen und sozialen Rechte der Bevölkerung setzte sich Wangari Maathai auch abseits des Baumpflanzprojektes unbeirrt ein. Ihr Engagement brachte sie ohne Anklage immer wieder hinter Gitter. Mit dem Regierungswechsel in Kenia vor zwei Jahren wurde Maathai schliesslich zur Vize-Umweltministerin ernannt.

Zusammen Studenten geprüft
Als Peter Gehr im März 1977 als Oberassistent für sechs Monate an die Universität Nairobi kam, war Wangari Maathai die Direktorin des Fachbereichs für Veterinäre Anatomie. Gehr analysierte damals zusammen mit Kollegen, wie Tiere Sauerstoff verwerten. Untersucht wurden kleine wie grosse Tiere, etwa Mangusten oder Wasserbüffel. Maathai stellte dem Forscherteam ein ganzes Institut zur Verfügung, inklusive Personal. «Wir hatten vom ersten Tag an einen Freipass», erinnert sich Gehr, der zusammen mit Maathai ab und an Studenten prüfte. Von ihrem Engagement wusste er damals nichts. «Sie machte darum kein Aufsehen», sagt Berner Anatomieprofessor. Vor einem Jahr besuchte Gehr die Universität Nairobi ein zweites Mal. Er brachte ein Elektronenmikroskop nach Nairobi, das von der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanziert wurde. Die Übergabe war ein Staatsakt, erzählt Gehr. Auch Wangari Maathai war anwesend. Sie habe ihn direkt in den Arm genommen, erinnert sich Gehr, und eine Rede gehalten, die mitreissend war und der ganzen Bevölkerung galt.
Maathai an der Universität Bern?
Auf eine solche Rede wird Gehr auch hoffen, wenn die Friedensnobelpreisträgerin womöglich im nächsten Jahr die Universität Bern besucht. Momentan sei der Besuch aber nicht mehr als eine Idee, schränkt er ein. Er wisse aber, dass Maathai im nächsten Jahr nach Europa kommt. «Ich muss versuchen sie abzuzweigen.» Peter Gehr ist überzeugt, dass der Hörsaal überfüllt sein würde. «Wir können von dieser Frau sehr viel lernen», schwärmt er. Etwa wie man sich für etwas von Herzen einsetzt und dabei bescheiden bleibt.