Forschungs-Highlights: Von Schlafzyklen bis zu kosmischen Ravioli

Ein Rückblick auf Forschungserfolge der Universität Bern der letzten drei Monate, die in den Medien breite Beachtung fanden: Aktuell sind das Ergebnisse aus der Weltraumforschung, der Medizin und der Psychologie.

Wie das Einschlafen und Aufwachen vom Gehirn gesteuert wird, wie kosmische Ravioli und Spätzle entstanden, wo sich der Malaria-Parasit im Körper des Menschen versteckt, und warum wir uns leicht von Handy-Signalen ablenken lassen – diese Berner Forschungs-Highlights der letzten drei Monate waren in den Medien besonders erfolgreich.

Schlaf-Wach-Schaltzentrale im Hirn entdeckt

Mit Hilfe einer Technik namens Optogenetik können die thalamischen Zellen im Gehirn mit Lichtimpulsen gesteuert werden. Je nach Art des Impulses führt die Aktivierung der thalamischen Zellen entweder zu Schlaf oder zu Wachsamkeit, was auf eine zentrale Schlaf-Wach-Schaltzentrale im Thalamus hinweist. © Pascal Gugler für Insel Gruppe

Bisher wurde vermutet, dass verschiedene Hirnregionen für das Einschlafen und Aufwachen zuständig sind. Nun konnten Forschende des Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital Bern zeigen, dass Nervenzellen im Thalamus, dem grössten Teil des Zwischenhirns, sowohl das Einschlafen als auch das Aufwachen steuern. Der Thalamus ist eine wichtige Schaltzentrale im Gehirn, die mit nahezu allen anderen Gehirnregionen vernetzt ist und wichtige Funktionen unterstützt wie Aufmerksamkeit, Sinneswahrnehmung, Kognition und Bewusstsein.

Die Erkenntnis ist von grosser Bedeutung für die Behandlung von Schlafstörungen und den damit verbundenen Krankheiten. «Wir sind davon überzeugt, dass ein besseres Verständnis des Schlaf-Wach-Zyklus der Schlüssel zu neuen Schlaftherapien in einer zunehmend schlaflosen Gesellschaft ist», sagt Professor Antoine Adamantidis vom Department for BioMedical Research (DBMR), Forschungsgruppe Neurologie.

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Berner Forscher erklären Ravioli-Form der Saturnmonde

Entstehung von Atlas, einem der kleinen, inneren Monde des Saturns. Seine flache, ravioliartige Form kam bei der Kollision und Verschmelzung zweier gleich grosser Körper zustande. Die Illustration zeigt einen Moment, bevor die Neuausrichtung des Mondes aufgrund der Gezeiten abgeschlossen ist. © A. Verdier
Entstehung von Atlas, einem der kleinen, inneren Monde des Saturns. Seine flache, ravioliartige Form kam bei der Kollision und Verschmelzung zweier gleich grosser Körper zustande. Die Illustration zeigt einen Moment, bevor die Neuausrichtung des Mondes aufgrund der Gezeiten abgeschlossen ist. © A. Verdier

2017 lieferte die Cassini-Raumsonde Nahaufnahmen der Saturnmonde Pan und Atlas. Der Berner Astrophysiker Martin Rubin war verblüfft von ihrer merkwürdigen Ravioli-Form. Gemeinsam mit seinen Kollegen Martin Jutzi und Adrien Leleu konnte er mittels Computersimulation den Entstehungsprozess von Pan und Atlas berechnen. Die Forscher konnten zeigen, dass diese Monde durch eine Reihe von Fusionen kleinerer Minimonde geformt wurden. Nahezu frontale Zusammenstösse ergeben abgeflachte, ravioliartige Objekte wie Atlas und Pan. Kollisionen mit etwas schrägeren Auftreffwinkeln führen zu länglichen, spätzleartigen Formen. Das ist etwa beim 90 km langen Mond Prometheus der Fall, den Cassini ebenfalls fotografiert hat.

Obwohl die Forscher vor allem die kleinen, inneren Monde des Saturns untersuchten, fanden sie auch eine mögliche Erklärung für ein langjähriges Rätsel um den drittgrössten Saturnmond namens Iapetus. Warum hat Iapetus eine abgeplattete Form und einen schmalen, hohen Gebirgszug rund um den Äquator? «Gemäss unseren Simulationen könnten diese Merkmale das Ergebnis einer Fusion von Monden ähnlicher Grösse sein, die nahezu frontal aufeinandertrafen, ähnlich wie die kleineren Monde», fassen die Forscher zusammen.

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Dem Malaria-Parasiten auf der Spur

Die Anopheles-Mücke überträgt den Parasiten, dessen unreife Form sich im Knochenmark des Wirts versteckt, um zu reifen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu dienen, diese Reifung und somit eine weitere Übertragung der Malaria zu blockieren. Bild: istock
Die Anopheles-Mücke überträgt den Parasiten, dessen unreife Form sich im Knochenmark des Wirts versteckt, um zu reifen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu dienen, diese Reifung und somit eine weitere Übertragung der Malaria zu blockieren. Bild: istock

Malaria ist eine der schlimmsten Infektionskrankheiten, an der weltweit jedes Jahr mehrere hundert Millionen Menschen erkranken. Forschende der Universitäten Bern und Glasgow haben nun herausgefunden, wie der Parasit, der Malaria verursacht, im Menschen heranreift und so der Mensch wiederum zum Überträger der Krankheit werden kann.

Die Arbeitsgruppen konnten zeigen, dass die Parasiten, die später zu sogenannten Gametozyten (geschlechtliche Formen) heranreifen, zu einem sehr frühen Zeitpunkt ins Knochenmark des Wirtes einwandern, wo sie von einem optimalen Nährstoffangebot profitieren können. «Als nächsten Schritt müssen wir nun die molekularen Grundlagen identifizieren, die es dem Parasiten erlaubt, ins Knochenmark einzuwandern», sagt Volker Heussler, Professor am Institut für Zellbiologie der Universität Bern. «Letztendlich geht es darum, die im Nagermodell gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen zu übertragen, um dann in Malaria-infizierten Personen gezielt dagegen vorzugehen, dass sich Parasiten im Knochenmark einnisten», fügt Professor Matthias Marti von der Universität Glasgow hinzu. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Malaria dereinst auszurotten.

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Niedrige Selbstkontrolle beeinflusst Handy-Nutzung

Neben den Möglichkeiten, die das Smartphone bietet, gibt es aber auch Nebenwirkungen wie Ablenkung am Steuer oder bei der Arbeit. Die Analyse von psychologischen Prozessen hilft bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Bild: Pixabay.

Personen mit niedriger Selbstkontrolle neigen eher dazu, unmittelbar auf Signaltöne des Smartphones zu reagieren. Zu diesem Schluss kommt ein Team um die Neurowissenschaftlerin Daria Knoch und den Ökonomie- und Sozialpsychologen Sebastian Berger. Sie wollten wissen, wann und warum Menschen unmittelbar auf ein Signal reagieren und ihr Handy zücken.

Für ihre Studie luden sie 108 Testpersonen zur Teilnahme an einem «Experience-Sampling» ein. Die Testpersonen erhielten mehrfach täglich eine Nachricht auf das Smartphone, um Fragen zur aktuellen Befindlichkeit zu beantworten. Das eigentliche Ziel des Forscherteams war ein anderes: Sie wollten wissen, wie lange eine Person benötigt, um auf die Nachricht zu reagieren. Die Antwortzeiten wurden mit der Fähigkeit zur Selbstkontrolle der Testpersonen verlinkt. Das Fazit der Berner Forschenden: Personen mit geringerer Selbstkontrolle fiel es deutlich schwerer, nicht unmittelbar auf das Smartphone-Signal zu reagieren. «Auch in dieser Studie zeigt sich wieder der Nutzen interdisziplinärer Forschung», so Studienleiter Sebastian Berger. Die Studienergebnisse könnten etwa herangezogen werden, wenn man darüber diskutiere, allen Mitarbeitenden ein Smartphone abzugeben oder nach Feierabend keine Emails mehr auf die Handys der Mitarbeitenden zu pushen.

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Zu den Autorinnen und zum Autor

Nathalie Matter arbeitet als Redaktorin, Ivo Schmucki als Redaktor und Nadine Steinmann als Social Media Assistentin in der Abteilung Kommunikation & Marketing.

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