Zwei neue Forschungsschwerpunkte für die Uni Bern

Die Universität Bern erhält als «Leading House» zwei neue Nationale Forschungsschwerpunkte (NFS), die sie sich mit der Universität Genf beziehungsweise der ETH Zürich teilt. Der eine befasst sich mit der Erforschung von Planeten, der andere mit Ribonukleinsäuren (RNA) und ihren Auswirkungen auf Krankheiten.

Von Sandra Flückiger 17. Dezember 2013

Wie entsteht Leben? Dieser Frage im weiteren Sinne widmet sich die Berner Forschung ab nächstem Jahr verstärkt, wenn die beiden neuen Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) starten. So erforscht der NFS «PlanetS», den die Universität Bern als «Leading House» gemeinsam mit der Universität Genf leitet, wie Planetensysteme entstehen und wie sie sich entwickeln – auch mit Blick auf die Erde und ihre Fähigkeit, Leben zu erhalten. Im Zentrum und am Ursprung des Lebens wiederum stehen Ribonukleinsäuren (RNA), mit denen sich der von der Uni Bern als «Leading House» und der ETH Zürich gemeinsam geführte NFS «RNA & Disease» beschäftigt.

«Das tolle Resultat der kompetitiven Ausschreibung belegt eindrücklich die Qualität der Grundlagenforschung an der Universität Bern», unterstrich Rektor Martin Täuber bei Bekanntgabe des Entscheids und gratulierte dem Weltraumforscher Willy Benz und dem Molekularbiologen Oliver Mühlemann, welche die Schwerpunkte in Bern leiten. Insgesamt hatten es drei Vorschläge der Universität Bern unter die letzten zehn von insgesamt rund 60 Projekten geschafft. Schweizweit entstehen insgesamt acht neue NFS. Die beiden neuen Berner Forschungsschwerpunkte werden für die erste Betriebsphase von 2014 bis 2017 mit 17,6 beziehungsweise 16,6 Millionen Franken unterstützt.


Wie entstehen Planeten und unter welchen Bedingungen ist darauf Leben möglich? Der NFS «PlanetS» sucht Antworten. (Bild: NASA / Ames / JPL-Caltech)

NFS «PlanetS» will Planetenerforschung vorantreiben

In den letzten Jahren mehrten sich die Entdeckungen von neuen extrasolaren Planeten. Nun sollen deren physikalische und chemische Eigenschaften bestimmt werden. Damit soll die Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen besser verstanden werden – auch mit Blick auf die Erde und ihre Fähigkeit, Leben zu erhalten. Als eine Antwort auf diese neue Ära in der Planetenerforschung versteht sich der gemeinsame Nationale Forschungsschwerpunkt «PlanetS» der Universitäten Bern und Genf.

Die Forschenden wollen sich auf die drei Themengebiete Ursprung, Entwicklung sowie Charakterisierung von Planeten und Planetensystemen fokussieren und einen bedeutenden Wandel in Breite und Tiefe der Planetenerforschung in der Schweiz bewirken. Darüber hinaus werden im Rahmen des neuen NFS unter anderem ein interdisziplinäres Doktoranden-Netzwerk in den Planeten-Wissenschaften aufgebaut und Plattformen für die Entwicklung und den Transfer von neuen Technologien eingerichtet.


Der Berner Weltraumforscher Willy Benz ist der Leiter des neuen Schwerpunkts «PlanetS», die Co-Leitung übernimmt die Universität Genf. (Bild: Annette Boutellier)

«Leading House» des NFS «PlanetS» ist die Universität Bern. Das Direktorium teilen sich Prof. Willy Benz vom Physikalischen Institut und Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern als Leiter des NFS und Prof. Stéphane Udry, Direktor des Departements für Astronomie der Universität Genf, als Co-Leiter. Willy Benz ist seit 2002 Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Bern. Der 58-jährige Astrophysiker leitet als «Principal Investigator» die CHEOPS-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA und ist Mitglied des schweizerischen Wissenschafts- und Technologierats SWTR und der Eidgenössischen Kommission für Weltraumfragen EKWF.


RNA (gelb) mit einem Protein (grün): Im Rahmen des NFS «RNA & Disease» werden unter anderem Krankheiten erforscht, die mit Mutationen der RNA zusammenhängen. (Bild: zvg/F. Allain)

NFS «RNA & Disease» will Mechanismen von Krankheiten untersuchen

Ribonukleinsäuren (RNA) stehen im Zentrum und am Ursprung des Lebens. Bei der Expression unserer Gene erfüllen sie gleich mehrere zentrale Funktionen als Informationsträger, Regulatoren und Enzyme. Die allerersten Urzellen auf der Erde waren wahrscheinlich RNA-basiert – Proteine und DNA kamen erst im späteren Verlauf der Evolution hinzu. Aufgrund der Schlüsselrolle von RNA in Zellen erstaunt es nicht, dass vielen Krankheiten ein Defekt im RNA-Stoffwechsel zugrunde liegt.

Der Nationale Forschungsschwerpunkt «RNA & Disease» hat zum Ziel, die bereits heute starke Schweizer RNA-Forschung zu vernetzen und der Schweiz damit international eine Führungsrolle in diesem sich rasant entwickelnden Forschungsgebiet zu sichern. Dabei wollen die Wissenschaftler eng mit Medizinern zusammenarbeiten, um neue, medizinisch relevante Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung rasch in Richtung medizinische und pharmazeutische Anwendungen hin zu entwickeln.


Molekularbiologe Oliver Mühlemann im Zellkulturlabor. Er ist einer der beiden Direktoren des neuen Schwerpunkts «RNA & Disease». (Bild: Nicole Kleinschmidt)

Die Universität Bern leitet den neuen NFS «RNA & Disease». Das Direktorium übernehmen die Molekularbiologen Prof. Oliver Mühlemann vom Departement für Chemie und Biochemie der Universität Bern sowie Prof. Frédéric Allain vom Institut für Molekularbiologie und Biophysik der ETH Zürich. Oliver Mühlemann hat in Bern Mikrobiologie studiert und ist nach mehrjährigen Forschungsaufenthalten in Schweden und den USA als Dozent an die Uni Bern zurückgekehrt. Seit 2010 ist er hier Ordinarius für Biochemie und Molekularbiologie. Der 46-Jährige erforscht die Zusammenhänge zwischen RNA-Prozessierung und neurodegenerativen Krankheiten wie Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und Spinaler Muskelatrophie (SMA), die unter anderem Muskelschwund verursachen. 2007 erhielt Mühlemann für seine Forschungen einen der prestigeträchtigen «ERC Starting Grants» des Europäischen Forschungsrats.

Nationale Forschungsschwerpunkte (NFS)

Die Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) sind ein Instrument des Bundes und werden in dessen Auftrag vom Schweizerischen Nationalfonds durchgeführt. Sie sollen die nachhaltige Etablierung von Kompetenzzentren sicherstellen – mit dem Ziel, die schweizerische Forschung in strategisch wichtigen Forschungsbereichen zu stärken. Das Förderinstrument wurde 2001 gestartet. Mit den neuen NFS sind ab 2014 insgesamt 21 Nationale Forschungsschwerpunkte am Laufen. Die Bundesbeiträge an die NFS werden vom Parlament im Rahmen der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) bestimmt. Zusätzlich werden sie durch Eigenmittel der Hochschulen und durch Drittmittel finanziert. In der BFI-Periode 2013 bis 2016 hat der Bund insgesamt 253 Millionen Franken für die Finanzierung der NFS budgetiert.

Oben