Neue Impulse fürs Lernen

Wie können Studierende effektiver lernen? In einem Workshop für Bachelorstudierende der Universität Bern im Frühlingssemester 2019 lernten die Teilnehmenden bewährte Lese- und Lernstrategien fürs Studium kennen.

Von Hanna Schürch 03. April 2019

Schon als Kinder eignen wir uns während der Schulzeit verschiedene Lernstrategien an. Mit diesen im Verlauf der Jahre gesammelten Techniken stossen wir im Studium jedoch oft an unsere Grenzen. Um Bachelorstudierende mit den nötigen Strategien auszustatten, bot das Vizerektorat Lehre in Zusammenarbeit mit Synapso, Fachstelle für Lernen und Gedächtnis, im Frühlingssemester 2019 einen 90-minütigen Workshop zum Thema an.

Grosse Stoffmenge, wenig Zeit

Welche neuen Herausforderungen müssen beim Lernen im Studium bewältigt werden? Dies wollte Barbara Studer, die den Workshop leitete, zu Beginn der Veranstaltung von den Anwesenden wissen. Die Studierenden waren sich einig: Die grösste Herausforderung liegt darin, die extrem grosse Menge Lernstoff in knapp verfügbarer Zeit zu bewältigen. Vom Workshop erhofften sie sich deshalb konkrete Strategien, die ihnen dabei künftig helfen, in kurzer Zeit viel Stoff zu bewältigen.

Workshopleiterin Barbara Studer erläutert, wie die Geschwindigkeit beim Lesen gesteigert werden kann. Bild: Hanna Schürch
Workshopleiterin Barbara Studer erläutert, wie die Geschwindigkeit beim Lesen gesteigert werden kann. Bild: Hanna Schürch

Schnelles Lesen erhöht den Fokus 

Umfangreiche Texte zu lesen, ist ein wichtiger Bestandteil des Studiums. Im ersten Teil des Workshops lernten die Teilnehmenden Strategien kennen, um mit der Fülle an wissenschaftlichen Artikeln und Büchern besser umgehen können.

Eine bewährte Strategie für solche Fälle ist Speed Reading. «Viele Studierende haben das Gefühl, dass schnelles Lesen zu reduziertem Verständnis führt», stellt Barbara Studer fest. Studien zeigen jedoch das Gegenteil: schnelles Lesen erhöht den Fokus und damit auch das Verständnis. Der Leserhythmus kann beispielsweise mit Einsatz eines «Tempogebers» gesteigert werden. Dabei gibt der Zeigefinger oder ein Stift die Geschwindigkeit beim Lesen vor. Die Resultate von Untersuchungen sprechen für sich: Mit dieser Technik lässt sich die Geschwindigkeit beim Lesen um bis zu 25% steigern. Dies bestätigt sich auch beim direkten Ausprobieren im Workshop: Mithilfe eines Tempogebers schafft es die Mehrheit der Teilnehmenden, mehr Wörter zu lesen als in einem Vergleich ohne Tempogeber.

Auch nach der Veranstaltung fanden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lobende Worte für Speed Reading. Die Medizinstudentinnen Emilli Pantelic und Cristina Giachino etwa denken, dass sich diese Technik in ihrem Studienfach sehr gut konkret anwenden lässt. Cristina Giachino kannte Speed Reading bereits vor dem Workshop. Sie habe bisher allerdings immer schon beim ersten Durchlesen einer Lektüre die wichtigen Stellen angestrichen. Wie im Workshop thematisiert wurde, unterbricht dies jedoch den Lesefluss. Aus der Veranstaltung nimmt Cristina Giachino deshalb mit, dass «man beim zweiten Durchlesen bereits viel besser weiss, was man im Text anstreichen muss».

Für die Medizinstudentinnen Emilli Pantelic und Cristina Giachino ist Speed Reading eine Strategie, welche sich für die Anwendung im Studium sehr gut eignet. Bild: Hanna Schürch
Für die Medizinstudentinnen Emilli Pantelic und Cristina Giachino ist Speed Reading eine Strategie, welche sich für die Anwendung im Studium sehr gut eignet. Bild: Hanna Schürch

Auch für die Jus-Studentin Livia Vollmann war der Input zu Speed Reading hilfreich. In ihrem Studienfach muss sie sehr viel lesen, unter anderem auch lange Bundesgerichtsentscheide. Sie sieht den Vorteil der Strategie für ihr Studium konkret darin, grössere Mengen schneller zu lesen, was ihr anschliessend erlaube, «das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen».

Strategien für einfacheres Merken und Auswendiglernen

Gerade in der Prüfungszeit müssen Studierende häufig spezifische Inhalte auswendiglernen. Für das Memorisieren von Listen oder bestimmten Reihenfolgen eignet sich laut Studer beispielsweise die Loci-Methode sehr gut. Bei dieser definiert man eine konkrete Route, etwa den Weg von sich zu Hause bis an die Universität, und bestimmt einprägsame Stationen. Diese werden mit verschiedenen Inhalten verknüpft, wodurch lebendige Bilder und Geschichten entstehen, die nachhaltiger erinnert werden als abstrakte Informationen.

Melina Meyer und Ianis Vilela, welche beide Biologie studieren, fanden die Loci-Methode fürs Auswendiglernen von Lernstoff sehr hilfreich. Bild: Hanna Schürch
Melina Meyer und Ianis Vilela, welche beide Biologie studieren, fanden die Loci-Methode fürs Auswendiglernen von Lernstoff sehr hilfreich. Bild: Hanna Schürch

Neben Speed Reading gehört die Loci-Methode zu den Strategien, welche die Studierenden als besonders nützlich einstuften. Melina Meyer und Ianis Vilela studieren beide Biologie an der Universität Bern und finden die Loci-Methode gerade fürs Auswendiglernen sehr hilfreich.  «Die Methode ist ziemlich unkompliziert in der Anwendung und man hat sehr schnell einen Ertrag», meint Ianis Vilela.

Im Workshop haben die Studierenden verschiedene wertvolle Impulse erhalten. Um mithilfe der kennengelernten Strategien das Lernen effektiver gestalten zu können, gilt es für die Teilnehmenden nun herauszufinden, welche dieser Techniken sich für sie persönlich und für ihr Studienfach besonders gut eignen. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu effizienterem Lernen haben sie mit dem Besuch des Workshops aber bereits getan.

Workshops zu Zeit- und Stressmanagement

Das Vizerektorat Lehre bietet für Bachelorstudierende im Frühlingssemester 2019 auch einen Workshop zum Thema Zeit- und Stressmanagement im Studium an (Durchführungstermine: 12., 15. oder 30. April).

Zur Autorin

Hanna Schürch arbeitet als Projektleiterin Lehre im Vizerektorat Lehre der Universität Bern.

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