Schlüsselübergabe am Observatorium Zimmerwald

Mit zwei neuen Kuppelbauten und einer erneuerten Kuppel stehen dem Observatorium Zimmerwald neu insgesamt sechs vollautomatisierte Teleskope zur Himmelsüberwachung zur Verfügung – insbesondere zur Detektion und Katalogisierung von Raumschrott. An der offiziellen Einweihungsfeier des Astronomischen Instituts der Universität Bern (AIUB) gab es sogar Gratulationen von NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen. Am Samstag, 2. Juni 2018, stehen die Türen und Kuppeln in Zimmerwald am «Tag der offenen Tür» für alle offen.

Rund hundert geladene Gäste aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft sowie Medienschaffende haben an der offiziellen Eröffnung und Einweihung der Erweiterungsbauten am Observatorium in Zimmerwald teilgenommen. Nach den Ansprachen, Vorträgen und Grussbotschaften am Vormittag erkundeten die Gäste am Nachmittag die neuen Kuppeln, Instrumente und zahlreichen Informationsstände gleich selbst. Begrüsst wurden die Gäste von AIUB-Direktor Adrian Jäggi. Er machte auf aktuelle Forschungsprogramme aufmerksam und fasste die zentralen Aktivitäten des AIUB an der Universität Bern sowie am Observatorium Zimmerwald zusammen.

Die beiden neuen Kuppelbauten des Observatoriums Zimmerwald mit 5,3 Metern (links) und 4,5 Metern (rechts) Durchmesser. © Universität Bern / Manu Friederich
Die beiden neuen Kuppelbauten des Observatoriums Zimmerwald mit 5,3 Metern (links) und 4,5 Metern (rechts) Durchmesser. © Universität Bern / Manu Friederich

Vorreiter in der Nachhaltigkeit im Weltall

Silvia Schroer, Vizerektorin Qualität der Universität Bern, wies in ihrer Ansprache auf die ethischen Probleme der Raumfahrt hin: Seit Beginn der Raumfahrtära sei die Menge des Raumschrotts derart rasant angestiegen, dass es künftigen Generationen nur noch sehr schwer möglich sein werde, bemannte Raumfahrt zu betreiben, wenn nicht geeignete Massnahmen zur Überwachung und Reduktion unternommen würden. Damit deutete sie auf die dringend erforderliche Nachhaltigkeit hin, die auch in der Raumfahrt mehr denn je angestrebt werden muss. «Das Observatorium Zimmerwald nimmt diesbezüglich eine Vorreiterrolle ein», sagte Schroer.

Mit dem Vortrag von Professor Claude Nicollier (EPFL) wurden die Anwesenden für einen Moment – wenigstens fiktiv – mit fantastisch schönen Bildern in den erdnahen Raum versetzt und konnten die Perspektive des ehemaligen Space Shuttle-Astronauten einnehmen. Auch er betonte den wichtigen Beitrag des Observatoriums Zimmerwald für die Katalogisierung und Überwachung des Weltraumschrotts, damit künftige Raumfahrt überhaupt noch möglich sein kann. «Herzliche Gratulation an das Astronomische Institut der Universität Bern für diese grosse Leistung.»

Vortrag von Professor Claude Nicollier, Swiss Space Center EPFL. Bild: zvg
Vortrag von Professor Claude Nicollier, Swiss Space Center EPFL. Bild: zvg

Nicolas Bobrinsky, Direktor des Space Situational Awareness Programme der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), lobte die Funktion und Bedeutung des Observatoriums Zimmerwald im Kontext der europäischen Raumschrott-Überwachung und wies darauf hin, dass die Schweiz mit der Station Zimmerwald eine der ersten und erfolgreichsten Observatorien auf diesem Gebiet sei.

Unverzichtbar für die Europäische Weltraumorganisation

Dr. Holger Krag, Direktor des ESA Space Debris Office, strich in seinem Beitrag heraus, wie wichtig optische Beobachtungen zur Erforschung von Weltraumschrott sind. Für die Satelliten-Missionen der ESA sei die Bestandes-Aufnahmen und die Charakterisierung von einzelnen Raumschrott-Objekten sowie ganzer Populationen eine unverzichtbare Grundlage. «Das Observatorium Zimmerwald hat mit seiner Expertise eine Population ‹unkorrelierter Objekte› im geostationären Raum beobachtet – mit überraschendem Ergebnis zur Dynamik dieser Objekte. Den Fachleuten am Zimmerwalder Observatorium ist es gelungen, Spektren von Weltraumschrott-Objekten aufzunehmen, aus denen ihre Beschaffenheit und Ursprung abgeleitet werden konnte. Und nicht zuletzt war dieses Observatorium in der Lage, aktive Forschungs-Satelliten, zu denen der Kontakt verloren ging, zu beobachten sowie deren Position und Orientierung zu bestimmen.»

Referentinnen und Referenten der Einweihungsfeier. Bild: zvg
Referentinnen und Referenten der Einweihungsfeier. Bild: zvg

Der Festvortrag wurde vom Direktor des Observatoriums Zimmerwald, Professor Thomas Schildknecht, gehalten. Er schilderte kurz die historische Entwicklung des Observatoriums und stellte die neuen Kuppeln und Instrumente mit ihren Einsatzgebieten vor. Der internationale Erfolg der Station beruhe letztlich nicht nur auf technisch neuester Einrichtung, sondern auch darauf, dass an diesem Observatorium rund um die Uhr, jahrein jahraus, beobachtet werde. Er dankte allen Behörden und Institutionen, die das Observatorium unterstützen und damit einen wichtigen Beitrag zur internationalen Bedeutung dieser wissenschaftlichen Forschungseinrichtung leisten.

Festvortrag von Professor Thomas Schildknecht, Direktor des Observatoriums Zimmerwald. Bild: zvg
Festvortrag von Professor Thomas Schildknecht, Direktor des Observatoriums Zimmerwald. Bild: zvg

Grusswort des NASA-Wissenschaftsdirektors

Abschliessend wurden zahlreiche Grussworte überbracht – last but not least auch eine Videobotschaft von NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen, der selbst an der Universität Bern studiert und in experimenteller Astrophysik doktoriert hat:

Der offizielle Teil endete mit der symbolischen Übergabe des Schlüssels für die neuen Kuppeln. Mit den neu sechs vollautomatisierten Teleskopen erhält die Forschungsstation unter dem Namen «Swiss Optical Ground Station and Geodynamics Observatory» eine noch grössere internationale Bedeutung.

Symbolische Übergabe des Schlüssels für die neuen Kuppeln aus der Hand der Vizerektorin Qualität der Universität Bern, Prof. Dr. Silvia Schroer, an den Direktor des Astronomischen Instituts, Prof. Dr. Adrian Jäggi, der ihn feierlich an den Direktor des Observatoriums Zimmerwald, Prof. Dr. Thomas Schildknecht überreichte. Bild: zvg
Symbolische Übergabe des Schlüssels für die neuen Kuppeln aus der Hand der Vizerektorin Qualität der Universität Bern, Prof. Dr. Silvia Schroer, an den Direktor des Astronomischen Instituts, Prof. Dr. Adrian Jäggi, der ihn feierlich an den Direktor des Observatoriums Zimmerwald, Prof. Dr. Thomas Schildknecht überreichte. Bild: zvg

«Tag der offenen Tür» am Observatorium Zimmerwald

Anlässlich der Einweihung der neuen Bauten und Instrumente öffnet das Observatorium am Samstag, 2. Juni 2018, von 9.30 bis 18 Uhr seine Türen und Kuppeln und bietet damit der Öffentlichkeit einen einmaligen Einblick in eine moderne Forschungsstation von internationaler Bedeutung. Es können nicht nur die neuesten astronomischen Instrumente zur optischen Überwachung des Himmels, sondern auch die Empfangs- und Sendegeräte (wie zum Beispiel das Laserteleskop oder die verschiedenen Mikrowellen-Empfänger) für geodätische und geodynamische Messungen sowie zur Laseroptik bestaunt werden.

Das Observatorium Zimmerwald

Das unter dem jetzigen Namen «Swiss Optical Ground Station and Geodynamics Observatory Zimmerwald» vom Astronomischen Institut der Universität Bern (AIUB) betriebene Observatorium in Zimmerwald wurde 1955/56 erbaut und stetig erweitert. Es beherbergt sechs astronomische Teleskope und verschiedene geodätische, geodynamische und atmosphären-physikalische Instrumente, die vom AIUB, dem Bundesamt für Landestopographie swisstopo, dem Institut für angewandte Physik (IAP) der Universität Bern sowie der ETH Zürich genutzt werden. Das international eingebundene Observatorium ist der am besten vermessene Punkt der Schweiz bezüglich eines globalen Koordinatensystems. Hier werden aktive und inaktive künstliche Satelliten mit optischen Teleskopen und Detektoren routinemässig beobachtet und deren Bahnen bestimmt. Mit einem Laser-Teleskop werden rund um die Uhr Distanzen zu Satelliten hochpräzise gemessen, aus denen die globale Lage des Erdzentrums berechnet wird. Zudem sind hier Geräte installiert und dauernd in Betrieb, mit deren Daten die Rotationsbewegung und Deformation des Erdkörpers in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung gemessen wird. Auch wird mit einem Mikrowellen-Radiometer der Wasserdampfgehalt in der Hochatmosphäre gemessen.

Zu den Autoren

Dominik Bodenmann arbeitet am Astronomischen Institut der Universität Bern innerhalb des Teams des Observatoriums Zimmerwald. Er hat die offizielle Einweihungsfeier organisiert.

Andreas Verdun ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Astronomischen Institut der Universität Bern.

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