Von der Schwierigkeit, etwas Unbekanntes zu finden

Die Universität Bern widmete sich grundlegenden Fragen der Menschheit. An der Konferenz «What is Life?» debattierten Naturwissenschaftler, Theologen und Philosophen darüber, woher wir kommen, wohin wir gehen und ob wir alleine im Universum sind. Und falls wir nicht alleine sind: was bedeutet das für Theologie und Philosophie?

Von Christoph Leuenberger 29. Januar 2015

Von Christoph Leuenberger

«Naturwissenschaftler wollen alles beweisen», sagte die Berner Physikprofessorin Kathrin Altwegg in ihrem Einführungsreferat. «Theologen oder Philosophen hingegen kennen keine Experimente, keine Formeln. Eine gemeinsame Sprache zu finden, war deshalb nicht einfach.» Auch wenn sie überzeugt sei, dass auch in Zukunft Naturwissenschaftler Geisteswissenschaftler nicht davon überzeugen können, ihr Fach zu wechseln und umgekehrt: Die Konferenz habe bereits im Vorfeld zu Lernprozessen auf beiden Seiten geführt und Brücken geschlagen.

Die braucht es auch, denn die Naturwissenschaft könne alleine keine vollständige Antwort geben, was Leben sei, so Altweg. Die dreitägige interdisziplinäre Konferenz «What is Life?» sei durchaus auch als Experiment zu verstehen, verschiedene Wissenschaftszweige einzubeziehen. Organisiert wurde die Konferenz vom Center for Space and Habitability und der Theologischen Fakultät der Universität Bern. Eingeladen wurden Biologen, Theologen, Physiker und Philosophen.

Die Suche nach Leben im All

Professor Willy Benz vom Physikalischen Institut der Universität Bern machte gleich zu Beginn seines Referats klar, «dass wir weder wissen, wie das Leben auf der Erde begann, noch ob es irgendwo anderes Leben gibt». Erschwerend komme hinzu, dass gar nicht klar sei, was Leben eigentlich ist. Man behelfe sich deshalb mit der Definition «Leben ist das, was wir kennen». Die Suche nach ausserirdischem Leben sei deshalb die Suche nach Leben, das demjenigen auf der Erde gleiche. Und diese sei mit der Suche nach erdähnlichen Planeten verknüpft, die Leben überhaupt ermöglichen.

Felsenlandschaft auf einem jungen Exoplaneten. Am Himmel sind eine riesige Sonne und herabstürzende Meteoriten zu sehen.
Künstlerische Darstellung eines jungen, erdähnlichen Exoplaneten. Auf solchen Welten könnte Leben entstehen. © NASA/JPL-Caltech/T. Pyle

CHEOPS soll Erde 2.0 finden

Es ist naheliegend, die Suche nach ausserirdischem Leben in unserem Sonnensystem zu beginnen. Unsere direkten Nachbarn, Venus und Mars, kommen für Leben jedoch nicht in Frage. Die Venus ist zu nahe an der Sonne und daher zu heiss, Mars zu weit von der Sonne entfernt und daher zu kalt. «Planeten brauchen jedoch nicht nur die richtige Distanz zu einer Sonne, auch die Beschaffenheit der Atmosphäre ist entscheidend», sagte Benz. Im Zusammenspiel ergeben diese beiden Faktoren die Temperatur auf einem Planeten. Als weitere Ingredienz fürs Leben braucht es zudem Wasser in flüssiger Form.

«Es gibt viele Planeten im Universum», sagte Benz, «solche in der Grösse der Erde sind zudem weit verbreitet.» Es müsse daher viele Planeten geben, auf denen ähnliche Bedingungen herrschen wie auf der Erde und potenziell Leben möglich sei. Diese genauer zu untersuchen, sei das Ziel von CHEOPS, der ersten ESA-Mission unter Schweizer – genauer gesagt Berner – Leitung. Dank der CHEOPS-Daten können die Atmosphäre von Exoplaneten (Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems) sowie ihre potenziellen lebensfreundlichen Eigenschaften erforscht werden.

Lachende Menchen sitzen nebeneinander.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit kann auch sehr erheiternd sein: Ted Peters, Theologe, Kathrin Altwegg, Phyisikerin, Andreas Losch, Hauptorganisator (v.l.n.r.). © Sylviane Blum, CSH/UniBE

Ist Jesus auch für Ausserirdische gestorben?

Die Suche nach ausserirdischem Leben stellt auch die Philosophen vor Probleme: Wie können wir etwas suchen, das wir gar nicht kennen? Das einzige Leben, von dem wir wissen, ist dasjenige auf der Erde. Aber das heisst noch lange nicht, dass das Leben im gesamten Universum ähnlich beschaffen sein muss. Wenn man ausserirdisches Leben entdecken würde, ergäben sich auch für die Theologen viele Fragen: Wäre Jesus dann auch für die Ausserirdischen gestorben? Die Ausserirdischen hätten auf jeden Fall nie davon erfahren. Würde sich das Christentum nicht als Teil eines Weltbilds erweisen, das sich einseitig am Menschen und an der Erde ausrichtet? Oder hat das Evangelium eine kosmische Dimension?

Das Experiment ist gelungen

Der Hauptorganisator, Andreas Losch, ist mit dem Ergebnis der Tagung sehr zufrieden: «Sie war sicher ein gelungenes Experiment, gerade durch das, was man dabei von den anderen Disziplinen lernen konnte – zumindest für mich als Theologen.» Die Tagung sei auch sehr hilfreich gewesen, um zu überlegen, wie sich das Center for Space and Habitability in Zukunft ausrichten wolle.

Mehr zur Konferenz

Das «Center for Space and Habitability» (CSH) der Universität Bern bringt Naturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen, um aus interdisziplinären Vernetzungen neue Forschungsperspektiven zu entwickeln. Zuletzt wurden auch Philosophie und Theologie in die Zusammenarbeit miteinbezogen. Die Konferenz «What is Life?», die vom 20. bis 22. Janaur 2015 stattfand, war ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Interdisziplinarität. Sie wurde gemeinsam mit der Theologischen Fakultät organisiert.

29.01.2015

Oben